Viel Lkw-Verkehr zu Dortmunder Neubauviertel Anwohner haben Angst vor kaputten Straßen

Bergmannsgrün-Baustelle: Anwohner haben Angst vor kaputten Straßen
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Friedbert Wiemers hat eine klare Mission: Irgendwann, so der 74-Jährige, werde sein Sohn sein Haus am Brunshollweg in Huckarde übernehmen. „Und ich möchte nicht, dass er mit Schulden da steht“, sagt Wiemers. Er habe aber Angst, dass das im schlimmsten Fall passieren könnte. Deswegen legt sich der Vorsitzende der Siedlergemeinschaft Huckarde an. Mit dem Wohnungsunternehmen Vivawest.

Das baut seine Mietshäuser in der Siedlung, in der Wiemers wohnt, in den kommenden Jahren umfassend um. Entstehen soll das moderne und energieeffiziente Zukunftsviertel „Bergmannsgrün“. Hierzu werden ganze Häuserreihen abgerissen und neu gebaut, andere Gebäude werden aufgestockt, Wohnungen modernisiert.

Es ist ein ambitioniertes Projekt. Millionenschwer. Und wie es meist ist mit Vorhaben dieser Dimension: Die Meinungen gehen auseinander. Während Politiker von einer „Riesen-Strahlkraft“ sprechen und sich über neue Wohnungen freuen, haben Mieter Ängste, weil sie ihr Zuhause zeitweise verlassen müssen. Oder weil sie befürchten, dass die Mieten stark steigen könnten.

Seitdem die Bergmannsgrün-Pläne bekannt sind, versucht Vivawest aufzuklären, um Kritik und Sorgen zu begegnen. Es gab Infoveranstaltungen, im September ein Mieterfest. Und es gibt regelmäßig das „Forum Bergmannsgrün“, geleitet von „IKU - die Dialoggestalter“. Eine Firma die sich auf Kommunikationsstrategien mit Bürgerbeteiligung spezialisiert hat.

Kritik per offenem Brief

Das nächste Forum ist am Donnerstag (8.12.). Friedbert Wiemers ist dabei. Und wird dort seine Sorgen vortragen. Vorab hat er schon einen offenen Brief verfasst. Die Kernkritik des Schreibens: Es führen „schwere Lkw“ durch die nur maximal 3,20 bis 3,50 Meter breiten Anliegerstraßen Pothmorgenweg, Bobelohweg und Brunshollweg, um Materialien für die Vivawest-Baustellen zu bringen oder abzuholen.

Das Problem: „Die Straßen sind eng, die Lkw müssen über die Bürgersteige rollen“, sagt Wiemers. Zudem erreichten sie gar nicht ihre Lagerflächen. Daher parkten die Fahrzeuge auf Bürgersteigen und würden mit Staplern entladen. „Selbst Auflieger-Container werden auf den Bürgersteigen unserer Siedlung rangiert und beladen“, heißt es in dem Brief. Wiemers macht das sauer: „Schauen Sie sich die Striemen auf dem Asphalt an, die die Container hinterlassen.“

Baustellencontainer in der kleinen Anliegerstraße Brunshollweg
Im Brunshollweg stehen Container, die für die Bauarbeiten am Bergmannsgrün-Viertel gedacht sind, beklagen Anwohner. © privat

Er befürchtet, dass Straßen und Versorgungsleitungen stark beschädigt würden. Man sei ohnehin gebranntes Kind, weil bei Bauarbeiten an den Vivawest-Häusern im Walkmühlenweg vor Jahren ebenfalls Lkw durch die Anliegerstraßen gefahren seien. Wiemers: „Damals ist bereits einiges kaputt gegangen.“

Eigentlich habe Vivawest zugesagt, dass man dieses Mal versuchen wolle, so wenig wie möglich die kleinen Straßen zu nutzen, sagt Wiemers. Die Laster sollten alternativ über die Insterburger Straße rollen. Ein Versprechen, das er als gebrochen ansieht.

Lkw in der Straße Brunshollweg
Die großen Lkw passten kaum durch die Straßen, so Friedbert Wiemers, Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Huckarde. © privat

Vivawest indes bekräftigt auf Anfrage, dass diese Zusage weiterhin Bestand habe. Da die Sorgen der Anwohner schon beim letzten Dialogforum zur Sprache gekommen seien, habe man gleich zu Beginn der Bauarbeiten die Unternehmen „sensibilisiert“, das Quartier über die Insterburger Straße anzufahren.

In Einzelfällen könne es aber dazu kommen, „dass die Fahrer (...) aufgrund mangelnder Ortskenntnis eine andere Zufahrt wählen“, so Gregor Boldt, Vivawest-Sprecher. Man habe den Generalunternehmer nochmals gebeten, „die beauftragten Speditionen auf die Straßensituation hinzuweisen“. Generell aber gelte: „Belastungen durch Baufahrzeuge für die Be- und Anwohner sind bei Quartiersentwicklungen dieser Größenordnung leider nie ganz zu vermeiden.“

Friedbert Wiemers fürchtet aber nicht nur die unmittelbaren, sondern vor allem die langfristigen Folgen: Sollten Straßen und Kanäle stark beschädigt werden, sieht er bei einer Erneuerung hohe Kosten auf die Anwohner zukommen. Schließlich sei noch unklar, wie es mit Straßenausbaubeiträgen in NRW auf lange Sicht weitergeht. Er habe schon mal schätzen lassen, auf was man sich bei seiner Grundstücksfläche gefasst machen müsste: Es könnten mehr als 40.000 Euro werden, sagt Wiemers.

Besucher des Mieterfests der Vivawest zum Start der Bauarbeiten am Bergmannsgrün-Viertel im September 2022 in Huckarde
Zum Start der Bauarbeiten am Zukunftsquartier „Bergmannsgrün“ in Huckarde gab es im September ein Mieterfest der Vivawest. © Holger Bergmann

Straßen sollen erneuert werden

Vielleicht kommt es nicht soweit. Alle Straßen im Gebiet der Quartiersentwicklung sind laut Vivawest oberirdisch eigenverantwortlich dokumentiert worden. So könne im Nachhinein festgestellt werden, ob sie Schaden genommen haben. Was die Kanäle angeht, gebe es bisher „keinen Anhaltspunkt“, dass sie schon gelitten hätten. Vivawest plane aber „aus eigener Initiative heraus in Abstimmung mit der Stadt ausgewählte Kanalabschnitte im Quartier zu untersuchen“.

Zudem sollen für das neue Modell-Quartier ohnehin der Walkmühlenweg, die Thielenstraße, der Pothmorgenweg und Brunshollweg erneuert werden. Bundesfördermittel habe die Stadt bereits beantragt. Die Maßnahme umfasse auch den Teil des Brunshollwegs, der nicht direkt zum Vivawest-Quartier gehört. Das ist dort, wo Friedbert Wiemers lebt. Und später vielleicht mal sein Sohn.

  • Die Arbeiten am künftigen Bergmannsgrün-Viertel haben im September mit der Modernisierung der Wohnungen in der Thielenstraße begonnen. In den ersten Häusern ist man bereits fertig. Nun werden dort Gebäude noch um eine Etage aufgestockt.
  • Im Walkmühlenweg sollen Mitte Dezember die Häuser 38 bis 48 abgerissen werden. Im Mai folgen weitere. Insgesamt werden für das Modellquartier Häuser mit 144 Wohnungen abgerissen. Unterm Strich soll es im Bergmannsgrün-Viertel 384 neue moderne Wohnungen geben.

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