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Beliebter Laden im Kreuzviertel in Not: „Ohne Hilfe ist bald Schluss“
Corona-Krise
Mit der Verlängerung des Lockdowns nimmt die Verzweiflung bei vielen Dortmunder Einzelhändlern gerade zu. Über seine schwierige Lage spricht ein Einzelhändler aus dem Kreuzviertel.
Es ist kein Geschäft wie jedes andere, dieser Laden im Kreuzviertel verströmt eine besondere Atmosphäre. Die Holzplanken auf dem Boden kombiniert mit Industrie-Design schaffen rund um ein stilvoll präsentiertes Querbeet-Warenangebot ein Wohlfühlambiente.
„Wir trauen uns, für jeden Lebensbereich etwas anzubieten und bauen dabei auf Produkte, die uns gefallen“, sagt Matthias Hülsebus. Vor 18 Jahren hat er mit dem Geschäft „Unterhaltung Lieblingsstücke“ an der Schillingstraße 27a im Kreuzviertel seinen Lebenstraum verwirklicht. Seit elf Jahren gibt es ein zweites Geschäft in Düsseldorf. Das Sortiment reicht von Schmuck, Taschen und Wohnaccessoires über Lebensmittel bis hin zu Fußballbüchern.
Die Geschäftsidee ging voll auf, passte gut in das Viertel und trug ihn auch über den ersten Lockdown im Frühjahr. Nun aber bangt der Geschäftsmann um seine wirtschaftliche Existenz. „Wir reden jetzt nicht mehr über ein paar Wochen Schließung, sondern über drei Monate. Wenn mir das vor einem Jahr jemand gesagt hätte, das hätte ich doch nicht für möglich gehalten“, sagt Matthias Hülsebus.
Marco Reus half mit seiner Stiftung
Obwohl ihm sein Vermieter großzügig entgegenkommt, obwohl ihm die Stiftung von BVB-Profi Marco Reus geholfen hat, wird es für ihn und die sechs festen Mitarbeiter und zehn Minijobber allmählich eng. „Der zweite Lockdown trifft uns unheimlich hart. Wenn keine Staatshilfen kommen, ist spätestens Ende Februar Schluss“, so Matthias Hülsebus.
Die staatliche Überbrückungshilfe II für die Monate September bis Dezember gibt es für ihn nicht, da er erst seit Mitte Dezember im Lockdown ist. Dabei ist ihm das Weihnachtsgeschäft entgangen. „Es hat kaum jemand eine Vorstellung davon, wie viel Umsatz Einzelhändler in den letzten acht Tagen vor Weihnachten machen. Da genau schließen zu müssen, hat extrem weh getan“, sagt Matthias Hülsebus.

Das Geschäft „Unterhaltung Lieblingsstücke“ im Kreuzviertel lädt zum Verweilen und Stöbern ein. Stilvoll präsentiert gibt es hier ein breites Sortiment von Modeartikeln über Lebensmitteln bis hin zu Fußballbüchern. © ULdo
Für den Unternehmer geht es jetzt an die Reserven: „Weit komme ich damit aber angesichts der laufenden Kosten für Versicherungen, Miete und Personal nicht mehr.“ Der letzte Ausweg ist die Überbrückungshilfe III, die vereinfacht und „corona-gerecht ausgestaltet“ werden soll.
„Aber“, sagt Matthias Hülsebus, „die kann man im Moment noch nicht mal beantragen.“ Und fraglich ist, inwieweit sie ihm überhaupt hilft. „Wenn es so kommt, dass da nachgebessert wird und die eingekaufte, aber liegen gebliebene Winterware zu den erstattungsfähigen Fixkosten zählt, dann wird die Hilfe etwas griffiger.“
So schwer es für ihn auch zu sehen ist, dass in anderen Branchen wie der Industrie und dem Handwerk trotz Lockdown alles weiterläuft, so sehr unterstützt er die Corona-Maßnahmen: „Ich will nicht, dass andere Branchen auch schließen. Es geht darum, Bewusstsein zu schaffen dafür, wie schlimm die Lage für den Einzelhandel und auch die Gastronomie wirklich ist.“
Konzept setzt auf das Einkaufserlebnis
Dass es mit der Verlängerung des Lockdowns in den Februar hinein zunehmend dramatisch ist, sagt auch der Präsident der Industrie- und Handelskammer, Heinz-Herbert Dustmann: „Die weitere Fortsetzung und Verschärfung der Maßnahmen – so notwendig sie aus Gründen des Infektionsschutzes sein mag – bedeutet für viele Unternehmen ‚akute Lebensgefahr‘.“
In der befindet sich Matthias Hülsebus mit seinem Geschäft. Fünf bis zehn Prozent des normalen Umsatzes macht er gerade noch durch ein paar Social-Media-Aktivitäten. „Wir sind aber kein Online-Shop. Wir haben uns vor acht Jahren bewusst dagegen entschieden. Unser Konzept setzt auf das Einkaufserlebnis im Laden, in dem man einfach mal verweilen und stöbern kann“, sagt er.
Das jetzt mal eben zu ändern und einen Online-Shop zu etablieren, sei nicht so einfach. „Das schafft zusätzliche Kosten. Da wir aber auch im Lockdown etwas machen wollen und ich meine Mitarbeiter nicht in 100 Prozent Kurzarbeit schicken will, arbeiten wir an einem stimmigen Online-Konzept mit sehr umfangreicher Social-Media-Präsenz.“
Nach mehreren Stationen in Redaktionen rund um Dortmund bin ich seit dem 1. Juni 2015 in der Stadtredaktion Dortmund tätig. Als gebürtigem Dortmunder liegt mir die Stadt am Herzen. Hier interessieren mich nicht nur der Fußball, sondern auch die Kultur und die Wirtschaft. Seit dem 1. April 2020 arbeite ich in der Stadtredaktion als Wirtschaftsredakteur. In meiner Freizeit treibe ich gern Sport: Laufen, Mountainbike-Fahren, Tischtennis, Badminton. Außerdem bin ich Jazz-Fan, höre aber gerne auch Rockmusik (Springsteen, Clapton, Santana etc.).
