„Bekloppter geht’s nicht mehr!“ City-Händler laufen Sturm gegen Radspur auf Dortmunds Wall

City-Händler laufen Sturm gegen Radspur auf Dortmunds Wall
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Geht es um die Verkehrspolitik an Dortmunds Wall, kann sich Simone Erpelding nach allen Regeln der Kunst in Rage reden. Das bekam im Sommer Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal zu spüren, als er gerade das vier Millionen Euro teure Verkehrswende-Prestigeprojekt „Radwall“ am Ostwall feierlich eröffnen wollte.

Erpelding, die am Eingang des Ostenhellwegs das Feinkostgeschäft „Zapfhahn“ betreibt, sprengte die Zeremonie, um dem OB mal richtig die Meinung zu sagen: 200 Parkplätze seien dem vierspurigen Radweg zum Opfer gefallen, beschwerte sich die Einzelhändlerin - das sei extrem geschäftsschädigend.

Ähnlich offene Worte findet Erpelding ein knappes halbes Jahr später zu den nächsten Plänen für den Radverkehr auf dem Wall: Auf dem Weg zur beschlossenen Klimaneutralität Dortmunds bis 2035 soll nach dem Willen der Stadtverwaltung eine komplette Spur auf dem Wall für den Autoverkehr wegfallen und ausschließlich von Radfahrern genutzt werden dürfen. Eine entsprechende Vorlage geht am Donnerstag (15.12.) in den Rat, für sie gibt es eine Mehrheit im Stadt-Parlament.

Der Radwall an Dortmunds Ostwall
Für den Radwall fielen am Ostwall viele Parkplätze weg - ist er überhaupt noch notwendig, wenn die Radspur auf dem Wall kommt? © Thomas Thiel

„Warum hat man dann überhaupt den Radwall gebaut?“, regt sie sich auf. „Das ist Steuerverschwendung, bekloppter geht‘s nicht mehr!“

Erpelding steht mit ihrer Kritik an den Radspur-Plänen auf dem Wall nicht alleine. Die CDU ist gegen die Pläne, aber auch andere Händler. Für Cityhändler-Sprecher Tobias Heitmann beispielsweise sind sie ein rotes Tuch: „Einerseits sagt die Stadt: ‚Der arme Einzelhandel, wir müssen die City attraktiver machen!‘, andererseits wird es immer schwerer gemacht, mit dem Auto in die City zu kommen.“

„Sargnagel für die City“

Das sei verheerend: „Jedes weitere Hindernis, in die City zu kommen, ist ein Sargnagel für die City“, findet Heitmann, der eine Kunstgalerie am Hansaplatz hat. „Jedes Auto, das weniger kommt, bedeutet weniger Umsatz.“

„Das ist ein Schlag ins Gesicht“, sagt etwa Weinhändler Matthias Hilgering, dessen Weinhaus am Oberen Westenhellweg liegt, zu den Plänen. Der Einzelhandel der Dortmunder City sei darauf angewiesen, dass Kunden von weiter weg, etwa aus dem Sauerland, möglichst leicht mit dem Auto zu den Geschäften kommen können. „Wir brauchen das Auto. Wenn wir die Autos aus der Stadt vertreiben, fahren die Leute an uns vorbei nach Bochum in den Ruhrpark.“

Der Dortmunder Weinhändler Matthias Hilgering
„Ein Schlag ins Gesicht“: So empfindet Weinhändler Matthias Hilgering die Radspur-Pläne für den Wall. © Thomas Thiel

Besonders kritisch sieht Hilgering die Situation am Königswall rund um den Hauptbahnhof, wo die Ringstraße schon jetzt nur zweispurig ist. „Ich weiß nicht, wie das mit nur einer Spur ohne Stau funktionieren soll.“ Auch für den Hohen Wall, wo sich die Autos an Samstagen jetzt schon vor der Kreuzung mit der Hansastraße stauen, sagt er Verkehrschaos voraus.

Heitmann und Hilgering kritisieren, dass der Handel in der City im Vorfeld nicht ausreichend bei den Planungen mit einbezogen worden sei. Er habe zwar einmal an einer großen Video-Konferenz mit hunderten Bürgern teilgenommen, aber da sei der Anteil für Fragen eher gering gewesen, erinnert sich Hilgering. Er hätte sich gesonderte Veranstaltung für die City-Händler gewünscht.

Er sei nicht komplett gegen die Fahrrad-Spur auf dem Wall, sagt Heitmann. Doch ihn störe, dass es vorher keinen Modellversuch gebe, um zu sehen, wie stark der Wall tatsächlich von Radfahrern genutzt werde. „Stattdessen werden Fakten geschaffen“, sagt er und meint den anvisierten Rats-Beschluss, der den Umbau des Walls ab 2030 vorsieht, mit vorbereitenden Maßnahmen ab 2024. „Warum beschließt man nicht erstmal Pop-Up-Radwege?“

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