Wie konnten Bauarbeiter im Auftrag der Firma Hagedorn Bomben-Blindgänger finden, wenn es eigentlich gar keine Freigabe gab? Wie lief die Kommunikation zwischen Stadt Dortmund, dem Bauherrn und der Bezirksregierung in Sachen Kampfmittel-Sondierung und -Räumung? Und was kam beim Ortstermin am Dienstag (17.12.2024) heraus? Viele Fragen, die sich aus den jüngsten zwei Bomben-Funden auf der Ex-Kraftwerk-Knepper-Fläche ergeben. Wir haben versucht, Antworten zusammenzutragen.
Wird aktuell auf der Fläche gebaut?
Jein. „Aktuell finden keine Bauarbeiten mehr statt“, antwortet Deniz Sekman, Mitarbeiterin der Kommunikationsabteilung der Hagedorn Unternehmensgruppe, am Mittwochmorgen auf Anfrage unserer Redaktion. „Die Sicherheit auf der Baustelle sowie die Sicherheit der Anwohner haben für uns höchste Priorität. Alle weiteren Maßnahmen werden in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden durchgeführt.“
Christian Stein, Sprecher der Stadt Dortmund, ergänzt aber: „Bis zur Vorlage der Fachexpertise sind alle erdeingreifenden Arbeiten auf den in der Luftbildauswertung identifizierten Kampfmittelverdachtsflächen untersagt. Ausdrücklich davon ausgenommen sind Arbeiten, bei denen nicht ins Erdreich eingegriffen wird. Hierzu zählt beispielsweise das Verteilen des bereits auf dem Gelände angeschütteten Erdreiches.“

Welche Regelungen gelten generell?
Bei anstehenden Erdbewegungsarbeiten im Rahmen von Baumaßnahmen außerhalb des Sanierungsplan-Bereiches sind die Bauherren verpflichtet, vor Baubeginn Anträge auf Luftbildauswertung beim Ordnungsamt der Stadt Dortmund zu stellen. Sie erfolgt durch die Bezirksregierung. Ist bei der Durchführung der Bauvorhaben der Erdaushub außergewöhnlich verfärbt oder werden verdächtige Gegenstände beobachtet, sind die Arbeiten sofort einzustellen und es ist unverzüglich Kampfmittelbeseitigungsdienst Westfalen-Lippe durch die örtliche Ordnungsbehörde oder Polizei zu verständigen.
Wer ist überhaupt wofür zuständig?
Für Baustellen ist in der Regel das Bauordnungsamt als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde zuständig. Da sich das Areal zum Teil auf Dortmunder, zum Teil auf Castrop-Rauxeler Stadtgebiet befindet, sind beide involviert. Bei Bombenfunden ist der Bereich Ordnung zuständig. Ebenfalls hier beide Kommunen. Sie ziehen dann die Bezirksregierung Arnsberg hinzu, zuständig für Bombenentschärfungen.
Die Stadt Dortmund sagt, dass die angesprochene „Fachexpertise“ vom Kampfmittelbeseitigungsdienst Westfalen Lippe erstellt werde. „In der ist beschrieben, welche Maßnahmen auf dem Gelände mit dem derzeitigen Stand der Technik erfolgsversprechend durchgeführt werden können“, so Stadtsprecher Christian Stein.
Welche Hausaufgaben sind jetzt zu erfüllen?
Es gilt der Baustopp, so lange diese Expertise nicht da ist, nach der dann weiter gebuddelt werden dürfte. Als Grundlage müsse die Firma Hagedorn dafür unter anderem eine Plankarte des gesamten Areals erstellen, aus der ersichtlich sei, in welchen Bereichen noch erdeingreifende Arbeiten auf dem Gelände durch die Firma Hagedorn geplant sind. Zu dieser Auflage gehöre auch eine genaue Beschreibung der beabsichtigten Arbeiten, erklärt Christian Stein.
Warum wusste die Stadt Dortmund angeblich nicht, dass hier überhaupt gebaut wird?
Das ist nicht ganz klar, denn schon im Sommer berichtete unsere Zeitung ausführlich über den Baustart. Die Politiker in der Bezirksvertretung debattierten unter anderem lange über die Widmung, sprich über den Namen der Straße. Es kann also eigentlich nicht sein, dass im Rathaus nicht bekannt war, dass hier gebuddelt wird.
Ein relevantes Detail an dieser Stelle ist aber: Der Bau der Erschließungsstraße braucht nur einen B-Plan, keine gesonderte Baugenehmigung. Darum ist die Bauordnung nicht involviert. Möglicherweise hatte aus diesem Grund die Stadt Dortmund auf dem Behördenweg von Seiten des Unternehmens keine Kenntnis davon.
Die Stadt Dortmund jedenfalls sagte am Montag auf eine Anfrage unserer Redaktion: „Derzeit wird die Einleitung eines Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahrens geprüft.“

Was wurde am Dienstag beim Ortstermin besprochen?
Laut der Stadt Dortmund sei vereinbart worden, dass ab sofort alle erforderlichen Maßnahmen der Kampfmittelbeseitigung eng mit dem Ordnungsamt der Stadt Dortmund und dem Kampfmittelbeseitigungsdienst rechtzeitig vor Beginn der jeweiligen Arbeiten abgestimmt würden. Die Firma Hagedorn habe dafür Sorge zu tragen, dass die Maßnahmen umgesetzt werden, damit erdeingreifende Arbeiten auf dem Gelände des Segro Parks zeitnah wieder aufgenommen werden können.
Das akzeptiert das Unternehmen offenbar klaglos, weist aber darauf, dass man seit Beginn der Arbeiten im Jahr 2018 alle Bauaktivitäten mit den zuständigen Behörden abgestimmt habe. „Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wurden bereits umfangreiche Maßnahmen zur Aufarbeitung und Prüfung von Kampfmittelverdachtspunkten auf dem Gelände durchgeführt“, so Deniz Sekman. Die beiden Fundstellen jetzt seien in unterschiedlichen Bereichen gewesen: einer bei Kanalbauarbeiten an der Nierhausstraße, einer bei der Ausschachtung eines Rückhaltebeckens. „Und beide Fundstellen lagen außerhalb von zuvor erkundeten, konkreten Blindgängerverdachtspunkten.“
Die Sicherheit auf der Baustelle sowie die Sicherheit der Anwohner hätten für Hagedorn „höchste Priorität“. Auch die Berufsgenossenschaft sei nun involviert, „damit zukünftig alle Arbeiten nach den arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben unter die größtmögliche Sicherheit gestellt werden“, so Christian Stein von der Stadt Dortmund.
