Nach Auto-Attacken im Dortmunder Westen Angestellte eines Pflegedienstes sind in Angst

Nach Auto-Attacken in Westerfilde: Pflegedienstmitarbeiter haben Angst
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Für Mareike Richert hätte es eine richtig schöne Woche werden sollen, eine Woche, in der viel gefeiert werden darf: Am Mittwoch (1.3.) hat ihr Unternehmen, das „Pflegenetzwerk Lebenswert“, Geburtstag. Es kümmert sich seit genau fünf Jahren in Westerfilde um pflege- und hilfsbedürftige Menschen. Und auch privat steht ein Geburtstag an, am Wochenende. Ihr 38er.

Doch die Woche ist mit einem Schock gestartet, der die Feierlaune mehr als trübt: Am Montagabend, gegen 21.30 Uhr, ist Richert von zwei Angestellten angerufen worden, sagt sie. Sie hatten gerade ihre Spätschicht beendet und wollten die Autos in der Straße Rohdesdiek parken, einmal ums Eck des Pflegedienstbüros in der Westerfilder Straße. Dort sahen sie: Vier Firmenwagen waren demoliert. An zwei Autos waren die Seitenscheiben eingeschlagen, an zwei weiteren auch die Heckscheibe. Zudem hat es den Privatwagen einer Mitarbeiterin getroffen.

Reste von Fensterglas liegen noch in der Straße "Rohdesdiek" in Westerfilde
Beim genauen Hinschauen sieht man noch Reste von Fensterglas. Es stammt von den Firmenwagen des „Pflegenetzwerks Lebenswert“, die am Montagabend in der Straße „Rohdesdiek“ geparkt waren. © Natascha Jaschinski

Mareike Richert und ihr Mann, mit dem sie den Pflegedienst führt, wohnen nicht weit weg und kommen sofort. Sie rufen die Polizei, die auch gleich zur Stelle ist. Richerts erster Gedanke: „Wie blöd ist das denn?“ Und: „Warum macht das jemand?“

Als ihre Mitarbeiterinnen sich sorgen, dass es nur Autos des Pflegedienstes getroffen hat, habe sich dann auch in ihrem Kopf Angst ausgebreitet, Angst vor einer gezielten Tat gegen das Unternehmen, sagt die 37-Jährige rückblickend: „Ich habe überlegt, ob wir Stress mit irgendeinem Patienten haben.“ Oder ob sich Anwohner von den Pflegedienstautos belästigt fühlen, die nach Feierabend rund um das Büro geparkt werden. Beschwerden habe es schon häufiger gegeben. Deswegen stelle man die Wagen eigens schon etwas weiter weg als früher.

Fahrtenpläne umgestrickt

Viel Zeit, weiter über mögliche Motive zu grübeln, hat Richert aber nicht an diesem Montagabend. Sie ist Unternehmerin und der Laden muss weiterlaufen. Daher habe sie sich bis tief in die Nacht noch um die Frage kümmern müssen: „Wie mache ich das jetzt alles am Dienstagmorgen?“ 35 Angestellte arbeiten insgesamt bei Richert in der Pflege und hauswirtschaftlichen Hilfe. 15 davon sind gleich am Dienstag in der Frühe wieder eingeteilt. Von den 15 Firmenfahrzeugen fehlen nun aber vier.

Das heißt: Fahrtenpläne umstricken, neu organisieren, die Angestellten bitten, mit dem eigenen Auto zu fahren. Ganz ausnahmsweise. Oder trotz der Kälte auf die E-Bikes der Firma umzusteigen. Richerts Logistik-Nachschicht dauert bis gut 2 Uhr, späte Anrufe bei den Angestellten inklusive. Aber das Team habe mitgezogen, so die Geschäftsführerin am Mittwoch: Alle, die konnten, haben ihr eigenes Auto genutzt, manche auch das E-Bike. Richert: „Wir haben alle Termine einhalten können, waren höchstens mal ein paar Minuten zu spät.“

Mareike Richert möchte unbedingt, dass der oder die Täter gefunden werden, daher ging sie am Dienstag in die Offensive. Meldete sich bei uns, veröffentlichte einen langen Post auf Facebook, von dem sie sich mögliche Zeugen erhofft, wie sie sagt. Und mit dem sie auch noch mal wachrütteln mochte: Die Täter sollten daran denken, wem sie mit ihren Attacken schaden. Nicht nur der Firma. „Ihr schadet in erster Linie unseren hilfsbedürftigen Kunden. Für alles andere gibt es eine Versicherung“, schrieb Richert in dem sozialen Netzwerk.

Am Mittwochmorgen ist sich Mareike Richert nicht mehr so sicher, ob der Post eine gute Idee war. „Ich habe mich schon ein bisschen geärgert“, gesteht die Dortmunderin. Denn: Am Dienstagabend sind erneut Autoscheiben in Westerfilde eingeschlagen worden. Laut Ermittlungen der Polizei sind dieses Mal mindestens zwölf Autos betroffen. Darunter auch wieder der Privatwagen einer Mitarbeiterin, aber auch noch andere Fahrzeuge. Autos, die nichts mit dem Pflegedienst zu tun haben. Richert sorgt sich nun: „Nicht, dass das Trittbrettfahrer waren, die erst durch den Post auf die Idee gekommen sind.“

Auto mit eingeschlagener Heckscheibe in Westerfilde
Am Dienstag traf es noch weitere Autos: Die Polizei spricht von weiteren zwölf Wagen, bei denen in Westerfilde Scheiben eingeschlagen worden sind. © Natascha Jaschinski

Büro am Abend besetzt

Die Polizei hat noch keine Hinweise auf mögliche Täter und damit erst recht nicht darauf, ob es sich an beiden Abenden um den- oder dieselben handelt. Auch zur Frage, ob die Täter es speziell auf den Pflegedienst abgesehen haben könnten, können die Ermittler bisher keine Aussagen machen, heißt es.

Obwohl die Attacken auf andere Autos eher dagegen sprechen, dass speziell der Pflegedienst gemeint war – „diese Sorge ist nicht ganz weg“, sagt Richert. Vor allem nicht unter den Mitarbeiterinnen. Um ihnen ein möglichst „großes Sicherheitsgefühl“ zu geben, sorgt Richert nun vor: Ihr Mann Anton wird vorerst abends im Büro sein, wenn die Spätschicht ihren Dienst beendet.

Mareike Richert vor der Schaufensterscheibe des Büros ihres Pflegenetzwerks in Westerfilde
Mareike Richert nimmt die Sorgen ihrer Mitarbeiter nach den Attacken auf die Firmenwagen ernst: Vorerst wird abends ihr Mann im Büro sein, um die Spätschicht in Empfang zu nehmen © Natascha Jaschinski

Außerdem hat sie mit den umliegenden Geschäften an der Westerfilder Straße gesprochen: In den nächsten Tagen können die Firmenfahrzeuge des Pflegenetzwerks am Abend direkt davor parken. Die Hoffnung der Richerts: Dort sind ihre Autos sicher, denn auf der Hauptstraße ist bisher noch nichts passiert.

Das Ehepaar weiß: Sollten noch mehr Wagen ausfallen, ließe sich das nicht mehr auffangen. „Dann wird es brenzlig“, sagt Mareike Richert.

Die Polizei sucht nach Zeugen der Autoscheiben-Attacken. Wer in den betroffenen Straßen am Montag und Dienstag (27./28.2.) verdächtige Beobachtungen gemacht hat, möge sich melden unter Tel. 0231/132-7441.

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