Es war Dortmunds aktuell größtes Städtebau-Projekt: „Smart Rhino“ auf dem ehemaligen Gelände von Hoesch Spundwand und Profile (HSP) in der westlichen Innenstadt. Ein innovatives und klimafreundliches Stadtquartier mit dem Fachhochschul-Campus als Herzstück sollte auf der 52 Hektar großen Industriebrache entstehen.
Am Montag (3.7.) nun hat die Stadt das Aus für das Smart-Rhino-Konzept mit der Bündelung der fünf im Stadtgebiet verteilten Fachhochschul-Standorte verkündet. Die Entwicklung des ehemaligen HSP-Geländes zum FH-Standort habe sich als unwirtschaftlich erwiesen, teilt die Stadt mit. Das Projekt war von der Größenordnung vergleichbar mit dem Phoenixsee.
Neuer Standort für die FH
Mit einem aktualisierten Konzept verfolgt die Fachhochschule Dortmund weiter das Ziel, ihre Studien- und Forschungsangebote an einem zentralen Standort zu bündeln. Deshalb wird nun von der Fachhochschule, dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft sowie der Stadt ausgelotet, ob das Gelände im Hafenquartier an der nördlichen Speicherstraße für die FH mit 20.000 Studenten und 1000 Mitarbeitern genutzt werden kann.
Investor und Eigentümer des ehemaligen HSP-Geländes ist die Essener Thelen-Gruppe. Sie hatte das Areal 2016 von Thyssenkrupp gekauft - und nun schon, wie die Stadt Dortmund auch, Jahre auf eine Entscheidung des Landes gewartet, ob das Gelände auch als FH-Standort in Frage kommt.
Rückendeckung gab es für die ursprünglichen Pläne von einer Machbarkeitsstudie. Die kam 2020 zu dem Ergebnis, dass das Projekt Smart Rhino grundsätzlich umsetzbar sei. Neben dem zentralen FH-Standort als prägendes Element waren auf dem HSP-Gelände unter anderem ein Berufskolleg, 1400 Wohnungen sowie großflächige und private Grünflächen vorgesehen.
Auf der Website der Thelen-Gruppe ist Smart Rhino nicht mehr als eigener Themenschwerpunkt zu finden. Auch nicht in der Portfolio-Liste.
Dem Vernehmen nach soll die Thelen-Gruppe als Bestandshalter ihrer Immobilien es abgelehnt haben, den für die FH vorgesehenen Teil des Geländes an die öffentliche Hand zu verkaufen. Bei einem Gespräch der Stadtspitze mit der Geschäftsführung vor wenigen Wochen soll es deshalb zu einem Eklat gekommen sein.
Eine Stellungnahme der Stadt zu diesem Thema ist angefragt, konnte aber am Montagabend bis Redaktionsschluss nicht mehr realisiert werden, wie die städtische Pressestelle mitteilte. Das Land bestätigte indirekt den Konflikt mit dem Eigentümer.
„Untersucht wurde ein vom Investor zur Miete angebotenes Gebäude auf dem Hoesch-Spundwand-Gelände im Vergleich zu einer Eigenbaulösung mit Sanierung der Bestandsgebäude. Im Ergebnis war die Eigenbaulösung die wirtschaftlichere, weil damit Landesvermögen geschaffen wird“, hieß es am späten Montagnachmittag auf Anfrage unserer Redaktion aus dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft. Die von Thelen gewünschte Mietlösung wurde deshalb aus Sicht des Landes als unwirtschaftlich bewertet.
„Wir bedauern diese Entscheidung“
Sven Hoffstadt, Geschäftsführer von Thelen Engineering, erklärte auf Anfrage, in den vergangenen Wochen habe sich in den Gesprächen mit den Projektbeteiligten abgezeichnet, dass das NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft sowie die Stadt Dortmund kein Investorenmodell für den neuen Standort der Fachhochschule weiterverfolgen wollten, sondern stattdessen eine Lösung auf einem eigenen Grundstück anstrebten.
„Wir bedauern diese Entscheidung – vor allem vor dem Hintergrund der vielen Monate und Jahre, die wir gemeinsam mit den Projektbeteiligten, insbesondere den Vertretern der Fachhochschule und der Stadt Dortmund an dem Konzept Smart Rhino zur Bündelung der Standorte der Fachhochschule und der Entwicklung eines neuen Stadtquartiers gearbeitet haben“, so Hoffstadt.
In den kommenden Wochen werde man sich weiter mit der Stadt Dortmund zur Zukunft des HSP-Geländes abstimmen. Wie es mit der Brache nun weitergeht, war aktuell nicht zu erfahren. Die Kernkompetenz der Thelen-Gruppe sind Logistikzentren.
„Hohe städtebauliche Bedeutung“
Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal indes sieht laut offizieller Mitteilung die Idee positiv, die FH zum Hafen zu verlegen. Zurzeit im Urlaub, lässt er über die städtische Pressestelle ausrichten: „Die Fachhochschule passt hervorragend zum neuen Hafenquartier. Wir prüfen die bauliche Machbarkeit jetzt gerne weiter im Detail. Dazu bilden wir eine gemeinsame Projektgruppe mit der Fachhochschule und der DSW21“, kündigt er an.
Und weiter: „Die Entwicklung der Speicherstraße und die weitere Zukunft des HSP-Geländes haben natürlich eine hohe städtebauliche Bedeutung für Dortmund, deshalb werden wir zur Begleitung der Maßnahme eine Steuerungsgruppe mit den Fraktionen des Rates einrichten.“

Auch der demographische Wandel sowie die gestiegene Nachfrage und die einfache Verfügbarkeit von digitalen Lehrangeboten sollen bei dem angepassten Konzept der FH für die Planung eines Ein-Standort-Campus eine entscheidende Rolle spielen. Die FH könne sehr gut in das städtebauliche Konzept des „Hafenquartiers nördliche Speicherstraße“ integriert werden, so die Einschätzung der Stadt.
Erst mal muss geprüft werden
„Das neue Quartier steht für Kreativität, Technologie und Nachhaltigkeit und wäre somit ein passgenauer Standort, um als innovativer Lernort unsere gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen“, sagt FH-Rektorin Prof. Dr. Tamara Appel laut einer Hochschul-Mitteilung. „Hier können wir die wechselseitige Verschränkung von Lehre, Forschung und Transfer mit Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik vorantreiben – mit Impulsen auch in die Dortmunder Nordstadt hinein.“


Die Stadt Dortmund und die FH wollen zunächst in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft konkret ausloten, wie die Speicherstraße Nord genutzt werden könnte, um dort einen Ein-Campus-Standort der FH zu entwickeln. Grundlage dafür ist der städtebauliche Entwurf des Kopenhagener Architekturbüros Cobe.
Gleichzeitig wird die FH laut Stadt einen angepassten Raumplan und ein aktualisiertes Hochschulstandortentwicklungskonzept erstellen. Auf dieser Grundlage kann dann die Wirtschaftlichkeitsprüfung des Vorhabens erfolgen.
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