Diese Radarsäule in Dortmund ist nach Angaben der Stadt seit Anfang Juli nicht voll funktionsfähig.

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Anwalt zum Wall-Blitzer: „Ich würde gegen jede Messung Einspruch erheben“

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Der Blitzer vor dem Fußballmuseum am Dortmunder Königswall ist noch immer defekt. Doch die Stadt schreibt Knöllchen für bestimmte Temposünder. Das ist problematisch, sagt ein Verkehrsanwalt.

Dortmund

, 23.07.2021, 04:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Autofahrer, die tagsüber in Dortmund über den Königswall in Richtung Burgwall am Fußballmuseum vorbeifahren und nicht schneller als mit den erlaubten 50 km/h unterwegs sind, könnten trotzdem von der Radarsäule gegenüber dem Hauptbahnhof geblitzt werden.

Denn noch immer ist der stationäre Blitzer nicht voll funktionsfähig. Das hat die Stadt am Dienstag (20.7.) auf Anfrage wörtlich erklärt. „Das Ordnungsamt kann die volle Funktionsfähigkeit der Geschwindigkeitsmessanlage noch nicht bestätigen“, teilte Stadtsprecher Christian Schön mit und fügt hinzu: „Allerdings steht die Verkehrsüberwachung des Ordnungsamtes in engem Kontakt mit dem Hersteller der Anlage, um die Situation gemeinsam zu bereinigen.“

Im Laufe des Freitags, nach Erscheinen dieses Berichts, präzisierte die Stadt ihre Aussage nachträglich und teilte mit, der Blitzer funktioniere inzwischen wieder störungsfrei. Alle Details lesen Sie hier.

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Diese Situation sieht folgendermaßen aus: Im Kampf gegen die Wallraser gilt in der Zeit von 21 Uhr abends bis 5 Uhr morgens Tempo 30 auf dem Wall, ansonsten Tempo 50. Die Radarsäulen sind darauf programmiert und werden je nach Tageszeit umgestellt. Doch bei dem Blitzer vor dem Fußballmuseum funktioniert das nicht. Er blitzt auch tagsüber schon bei mehr als Tempo 30.

Stadt weiß seit Anfang Juli von dem Fehler

Seit Anfang Juli (27. Kalenderwoche) weiß die Stadt von dem Fehler. Die Anlage sei zwischendurch immer wieder ordnungsgemäß gelaufen, lässt das Ordnungsamt über Stadtsprecher Schön wissen: „Das Ordnungsamt hat in der 27. und 28. Kalenderwoche mehrere Versuche unternommen, eine technische Lösung herbeizuführen.“

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Zu den Fallzahlen bei nicht korrekten Messungen kann die Verkehrsüberwachung keine Angaben machen, da diese Fälle nicht registriert würden, sondern im Nachgang aus datenschutzrechtlichen Gründen aus dem System gelöscht worden seien, so Schön: „Demzufolge wurden auch keine Verwarnungs- beziehungsweise Bußgeldverfahren eingeleitet. Dies gilt generell bei jedem Fahrzeugführenden, der nicht rechtmäßig erfasst wurde.“

Die Autofahrer aber, die in der Zeit von 21 bis 5 Uhr mit einer Geschwindigkeit von mehr als 30 km/h erfasst wurden, „sind selbstverständlich sanktioniert worden“, berichtet der Stadtsprecher, das heißt, sie haben ein Buß- oder Verwarnungsgeld-Bescheid bekommen.

Teure Verfahren

Der renommierte und in Verkehrsrecht versierte Dortmunder Anwalt Alfons Becker sagt dazu auf Anfrage, er halte es für problematisch, ein solches nicht voll funktionsfähiges Gerät im Einsatz zu lassen: „Ich würde gegen jede Messung dieses Blitzers Einspruch erheben. Man kann jede einzelne Messung angreifen und das Messgerät in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen.“

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Mit diesem Blitzer werde die Stadt auf Dauer rechtlichen Ärger bekommen, so Becker: „Das sind teure Verfahren, zwischen 700 und 800 Euro.“ Geld, das die Stadt voll tragen müsste, wenn sie den Einspruch zurücknimmt. Er würde der Stadt empfehlen, den Blitzer aus dem Verkehr zu ziehen, sprich abzuschalten, so lange dieser nicht voll funktionsfähig sei.

Polizei zieht nicht voll funktionsfähige Radargeräte aus dem Verkehr

Die Polizei jedenfalls würde so handeln. „Für beweissichere Verfahren muss die Polizei technisch einwandfreie Geräte einsetzen“, sagt Behördensprecher Peter Bandermann. Für den einwandfreien Betrieb lasse die Polizei die Geräte regelmäßig eichen. Bei technischen Störungen werden diese Geräte nicht weiter genutzt und zur Instandsetzung an das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste beziehungsweise an den Hersteller übergeben.

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Wie viele Autofahrer seit Anfang Juli nachts mit mehr als Tempo 30 geblitzt wurden, kann die Stadt zurzeit auch nicht benennen.

Aktualisierung am 23.7., 15.30 Uhr

Die Stadt hat am Freitag (23.7.) ihre Stellungnahme ergänzt. Darin heißt es, die Messanlage sei am 21. Juli wieder vollständig in Betrieb genommen worden und laufe seitdem störungsfrei.

Zudem präzisiert die Stadt ihre frühere Aussage, dass die Temposünder, die zwischen 21 Uhr und fünf 5 morgens geblitzt wurden, nur an den Tagen einen Bußgeld- beziehungsweise Verwarnungsgeldbescheid erhalten haben, „an denen die Anlage einwandfrei funktioniert hat“, so Christian Schön.

In der Zeit vom 12.07. bis 21.07. sei die Anlage außer Betrieb gesetzt worden und man habe verschiedene Einstellungen in Absprache mit dem Hersteller an der Anlage vorgenommen, erläutert der Stadtsprecher.

Um den ordnungsgemäßen Zustand der Anlage zu prüfen, sei eine kurzzeitige Inbetriebnahme zu Testzwecken erforderlich gewesen. Schön: „Diese Tests wurden an verschiedenen Tagen durchgeführt, im Schwerpunkt am 8.7. und vom 9.7. bis 12.7.2021.“

In diesen Zeiten sei es möglich gewesen, dass die Anlage Fahrzeuge erfasst, was zu Irritationen habe führen können. „Die in diesem Zusammenhang festgestellten „Verstöße“ sind allesamt aus datenschutzrechtlichen Gründen gelöscht worden. Demzufolge wurden auch keine Verfahren eingeleitet“, erklärte der Stadtsprecher.