
© Bastian Pietsch
Nach Molotow-Cocktails auf Evinger Moschee: Gemeinde hat Angst vor neuem Anschlag
Ulu Moschee
In der Nacht zu Montag treffen zwei Molotow-Cocktails eine Moschee in Eving. Verletzt wird niemand. Doch der Anschlag hinterlässt bei der Gemeinde Spuren. Über die Täter gibt es Spekulationen.
Wären nicht der schwarze Brandfleck an der Wand neben dem Eingang zur Teestube und die gesprungene Scheibe eines Büroraums, ein Außenstehender könnte meinen, in der Nacht zu Montag wäre in der Ulu Moschee in Eving nichts passiert. Ist es aber. Und die Folgen davon zeigen sich eher unter der Oberfläche.
Gegen 1.30 Uhr in der Nacht zu Montag fliegen zwei Molotow-Cocktails an die Moschee, ein dritter landet auf der Straße. Nur Minuten vorher saßen noch einige Jugendliche der Gemeinde zusammen in der Teestube. Geworfen wurden die Brandsätze von zwei Unbekannten, die auch auf dem Überwachungsvideo nicht zu erkennen sind. Sie hinterlassen zum Glück nur einen Sachschaden.
Sorge fürs Freitagsgebet
„Die Leute sind beunruhigt und haben schon Angst, dass das wieder passiert“, sagt Yakup Kaya. Er und etwa zwei, drei Dutzend andere sind am Montag zum Nachmittagsgebet in die Moschee gekommen. Angesichts der Umstände herrscht Normalität. Man will sich nicht einschüchtern lassen. Es klingt aber auch eine gewisse Erschrockenheit durch: „Ich habe nie damit gerechnet, dass es uns trifft“, sagt Yakup Kaya immer wieder.

Yakup Kaya im Gebetsraum der Ulu Moschee. © Bastian Pietsch
Auch Tuncer Öztürk, Vorsitzender des Islamischen Kulturvereins der Moschee, zeigt sich besorgt. „Beim Freitagsgebet sind schon mal 200 Leute da. Wenn da was passiert...“
Mögliche Hintergründe
Der Anschlag fällt in eine politisch aufgeheizte Stimmung. Seit Tagen demonstrieren Kurden auch in Dortmund gegen die Offensive des türkischen Militärs gegen die YPG-Miliz im Norden Syriens. Die türkische Regierung sieht diese als Terrororganisation mit engem Kontakt zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK – und die Militäraktion als Grenzsicherung. Andere sehen die Militäraktion als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg.
Die Ulu Moschee gehört zum Ditib-Verband. Und der wiederum wird von der türkischen Regierung beaufsichtigt. Imame des Verbandes hatten bereits für einen Sieg der türkischen Armee gebetet. Schon in der ersten Mitteilung der Polizei zu dem Vorfall hieß es, es sei Gegenstand der Ermittlungen, ob der Konflikt an der türkischen Grenze zum Hintergrund der Tat in Eving wurde.

Tuncer Öztürk zeigt die Schäden an dem Gemeindezentrum. © Bastian Pietsch
Die Besucher der Moschee halten sich am Montag mit Äußerungen zum Militärkonflikt zurück. „Wir sprechen hier nicht über Politik“, sagt Yakup Kaya. Er betont aber, dass es in der Gemeinde unterschiedliche Meinungen zu dem Thema gebe. Und: Auch syrische Kurden seien unter den Gemeindemitgliedern. Zu sprechen ist am Montagnachmittag keiner von ihnen.
Polizeischutz gefordert
Während des Nachmittagsgebets trifft hoher Besuch an der Moschee in Eving ein. Sener Cebeci, der türkische Generalkonsul aus Essen, besucht die Gemeinde. Er spricht mit den Gläubigen und der Presse.
Es habe in der Vergangenheit bereits Anschläge auf Moscheen gegeben – vor allem aus Fremdenfeindlichkeit. Was hinter dem Anschlag in Eving steckt, müssten die Ermittlungen zeigen. Molotow-Cocktails seien aber eine bekannte Methode der PKK.
Auch Sener Cebeci betont, dass Moscheen keine Orte für Politik seien und dass das eine feste Regel von Ditib sei. Und er formuliert eine Forderung, die von vielen Seiten an diesem Tag zu hören ist: Moscheen in Deutschland sollten von der Polizei beschützt werden. So wie es auch Synagogen meist werden.
Politik in der Teestube
Kurz nach dem türkischen Generalkonsul kommen Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange, Rechts- und Ordnungsdezernent Norbert Dahmen, der Landtagsabgeordnete Volkan Baran und einige Evinger Politiker in die Moschee.

Vertreter der Polizei und lokale Politiker im Gespräch mit Gläubigen in der Teestube der Ulu Moschee. © Oliver Schaper
An einem langen Tisch in der Teestube sitzen sie dann mit der Gemeinde und sprechen Mut und Anteilnahme aus. Gregor Lange sagt, er sei schockiert von der Tat und habe eine personenstarke Ermittlungskommission eingesetzt. Auch die versammelten Politiker sprechen ihre Anteilnahme aus und bieten Unterstützung an. Visitenkarten werden getauscht. Am Ende ist es vor allem ein symbolischer Akt, der aber dennoch auf die Gemeinde wirkt. Man zeigt sich geehrt von dem zahlreichen Besuch.
Am Abend wird es noch ein Gespräch abseits der Öffentlichkeit geben, zu dem Polizeipräsident Gregor Lange muslimische Gemeindevertreter eingeladen hat. Dabei soll es konkret und inhaltlich um Sicherheitsfragen gehen.
Haus des Glaubens
Die Ulu Moschee ist auch mit Brandnarbe an der Wand ein schöner Ort. Mit ihrer blau gefliesten Fassade und dem verzierten Gebetsraum, dessen Teppich angenehm weich unter den Socken ist. Finanziert wurde der Umbau des Gebäudes durch Spenden der Gemeindemitglieder. Ein Brandanschlag auf diesen Ort ihres Glaubens trifft sie also doppelt.
Der Anschlag und dessen mögliche politischen Hintergründe sind am Montagnachmittag immer wieder Thema. Drumherum bemühen sich die Gläubigen um Normalität. Tuncer Öztürk, der Vereinsvorsitzende, sagt es so: „Wir wollen hier nur in Frieden sein.“ Während des Nachmittagsgebets steht die Tür der Moschee an diesem Tag weit offen.
Geboren in Dortmund. Als Journalist gearbeitet in Köln, Hamburg und Brüssel - und jetzt wieder in Dortmund. Immer mit dem Ziel, Zusammenhänge verständlich zu machen, aus der Überzeugung heraus, dass die Welt nicht einfacher wird, wenn man sie einfacher darstellt.
