Joan Sofron fährt in einem silberfarbenen Mini mit Paderborner-Kennzeichen vor. Er kommt am Dienstagvormittag pünktlich zu einem Termin an der Mozartstraße in Dortmunds Nordstadt. Vertreter der städtischen Wohnungsaufsicht und mehrere Kräfte des Ordnungsamts erwarten ihn schon. Und die Presse ist auch da.
Gespräche mit Journalisten sind für Joan Safran für gewöhnlich Situationen, in denen er sich so präsentieren kann, wie er sich selbst sieht - als erfolgreicher und extrem vielseitiger „Kunstprofessor“.
Als eine Kamera auf ihn gerichtet ist, lächelt Sofron und fragt freudig: „Komm‘ ich jetzt ins Fernsehen?“ Etwa eineinhalb Stunden später wird sich seine Laune merklich verschlechtert haben. Immer noch betont bemüht um Höflichkeit reagiert er jetzt auf Nachfragen leicht gereizt, wird schnell polemisch und sarkastisch.
Joan Sofron, geboren 1965, besitzt in Dortmund mehrere Mietshäuser. Wie viele es genau sind, bleibt unklar. „Viele“, sagt er nur. „Alle in der Innenstadt.“
Eine der Immobilien ist ein Mehrfamilienhaus an der Mozartstraße mit 17 Wohneinheiten. Sofron sagt, er habe es vor drei Jahren gekauft. Es steht im Zentrum des Termins am Dienstagvormittag, für den Sofron aus seinem Wohnort Paderborn angereist ist.
Bekannte Fassaden-Designs
1984 war der Rumäne aus seiner Heimat Satu Mare nach Deutschland übergesiedelt. Seither arbeitet er als freischaffender Künstler. Sofron machte seinen Abschluss als Diplom-Grafik-Designer, Diplom-Produkt- und Industrie-Designer. Ab 1999 war er über mehrere Jahre als Gastprofessor für Design und Kunst an der Universität Oradea in Rumänien tätig. Im darauffolgenden Jahr verlieh ihm die Uni sogar die Ehrendoktorwürde.
Auf seiner Visitenkarte nennt er sich „Prof. Dr. Joan Sofron“. Darunter steht in kleinen Lettern „Künstler“. Besonders bekannt sind seine Designs von Hausfassaden in Zusammenarbeit mit großen Unternehmen. Eine Fassade entwarf er etwa für Thyssen Krupp Steel Europe. Zuletzt stellte der Maler zahlreiche Werke in Form von Guerilla-Kunst an den Paderquellen in Paderborn aus.

Zurück zum Termin an der Mozartstraße in der Nordstadt. Sofron, vielleicht gerade 1,60 Meter groß und sehr schlank, trägt schwarzes Hemd zu schwarzer Stoffhose, darüber ein helles Sakko mit einem schwarzen Einstecktuch. Immer wieder schiebt er seine Designer-Sonnenbrille hoch, wenn er auf sein Handy-Display schaut.
Mittlerweile sind auch Mitarbeiter des Dortmunder Energieversorgers Donetz vor Ort. Donetz gehört zu DEW21. Zusammen mit den Vertretern der Wohnungsaufsicht und einigen Ordnungsamtsmitarbeitern gehen sie in das Mehrfamilienhaus. Sofron ist auch dabei. Die Presse bleibt draußen.
Vorwürfe an die Mieter
Als der Künstler wieder herauskommt, möchte er Fragen beantworten und seine Sicht der Dinge schildern. Sofron macht den Mietern schwere Vorwürfe. Er habe „Sinti und Roma“ ins Haus geholt, um den Leuten eine Wohnung zu geben. „Die zahlen kein Gas und klauen Strom“, schimpft er.
Anlagen in dem Haus seien manipuliert worden. Er bekomme nun Strafen von der Stadt. Einmal spricht er von 60.000 Euro Strafe, später dann von 10.000 Euro. Es geht wild durcheinander.
Inzwischen habe er sämtlichen Mietern gekündigt, sagt Sofron. „Wenn ein Mieter sich nicht vernünftig verhält, ist es mein Recht, ihn zu kündigen.“ Einige seien schon ausgezogen. Wie viele Leute wohnen noch dort? Das wisse er nicht genau, entgegnet der Künstler.
Mit Mietrecht kenne er sich nicht aus, räumt er auf Nachfrage ein. „Ich bin Künstler.“ Sofron verweist auf einen Wikipedia-Artikel über seine Person.
Es gibt schon länger Ärger um das Haus an der Mozartstraße. Dieser rief den Mieterverein Dortmund und Umgebung erstmals im März dieses Jahres auf den Plan. Damals habe DEW21 überlegt, Strom, Gas und Wasser abzustellen, sagt Markus Roeser, Sprecher des Mietervereins, der ebenfalls beim Termin dabei ist. Damit wäre das Gebäude - ein „Problemhaus“, wie Roeser sagt - sofort unbewohnbar geworden.
Hintergrund des Ärgers seien ausbleibende Zahlungen Sofrons gewesen. Er habe Geld für die Wohnnebenkosten kassiert, jedoch nichts an DEW21 weitergeleitet. DEW21 wollte sich auf Anfrage ohne schriftliche Einverständniserklärung Sofrons nicht zu dem Haus äußern. Unsere Redaktion hat Sofron um eine solche Erklärung gebeten. Bis Redaktionsschluss dieses Artikels (26.9., 18 Uhr) lag diese jedoch nicht vor.
Kündigungen nicht wirksam
Der Mieterverein, der einige Mieter aus dem Haus vertritt, verhinderte, dass die Versorgung lahmgelegt wird. Seither überwiesen die Bewohner ihre Mietzahlungen direkt an DEW21, sagt Markus Roeser. Heißt auch: Joan Sofron geht leer aus. Und nicht nur das. Er müsse die Nebenkosten-Einnahmen zahlen, die er nicht weitergeleitet habe. Die Rechnungen an die Mieter habe er viel zu spät versendet, sodass diese aus dem Schneider seien, sagt Roeser.
Sofron spricht immer wieder von mehr als 80.000 Euro, auf denen er sitzenbleibe. Über eine Hausverwaltung reagierte er vor einigen Wochen mit fristlosen Kündigungen der Mietverträge. Markus Roeser vom Mieterverein sagt jedoch, dass die Kündigungen aufgrund formeller Fehler nicht wirksam seien. Man habe den Mietern mitgeteilt, dass diese nicht ausziehen müssen.

Dem Mieterverein sei von Bewohnern des Hauses zugetragen worden, dass diesen mit Gewalt gedroht worden sei, falls sie ihre Wohnungen nicht bis zum 30.9. verlassen. „Die Leute haben Angst“, sagt Markus Roeser. Sofron soll einen Hausmeister beschäftigen, der nicht gerade zimperlich vorgehen soll, sei berichtet worden. Er selbst bestätigt, dass der Mann vor nicht allzu langer Zeit im Gefängnis gewesen sei.
Mit den Vorwürfen der Gewaltandrohung konfrontiert lacht der Künstler und sagt: „Ich wiege 45 Kilo. Ich kann mich doch nicht mit den Herrschaften anlegen.“
Laune auf dem Tiefpunkt
Sofron hat zu dem Termin einen Elektrotechniker aus Paderborn mitgebracht. Er ist bei der Besichtigung der Wohnungen dabei. Als diese abgeschlossen ist, steht fest: Der Strom in dem Haus wird umgehend abgeschaltet. Dem Elektrotechniker zufolge wurden Anlagen manipuliert, etwa Stromzähler entfernt. Leitungen seien offen zugänglich. Alles müsse überarbeitet werden, die Zähler in den Keller wandern.
Die aktuelle Situation sei viel zu gefährlich - insbesondere in Wohnungen, in denen Familien mit mehreren kleinen Kindern leben. Und da auch die Warmwasserversorgung nur mit Strom funktioniert, seien die Wohnungen für Familien mit Kindern quasi unbewohnbar, stellt ein Vertreter der städtischen Wohnungsaufsicht im Gespräch mit Sofron fest. Er nimmt den Eigentümer in Verantwortung. Dieser müsse nun dafür sorgen, dass die Mieter anderswo unterkommen. Im Zweifel solle er Hotelkosten tragen.
Das ist der Moment, an dem Sofrons Laune auf dem Tiefpunkt angelangt ist. „Das ist ja lustig“, antwortet er sarkastisch auf die Hotel-Äußerung. „Nein, das ist gar nicht lustig“, erwidert der Vertreter der Wohnungsaufsicht.
Gebäude unbewohnbar?
Auch Markus Roeser wird nun nervös. Er klemmt sich sofort ans Telefon, um den Mitgliedern des Mietervereins eine alternative Bleibe zu besorgen. Auf den Eigentümer möchte er sich nicht verlassen. Der düst mit seinem silberfarbenen Mini davon.

Am Dienstagnachmittag ist die Situation folgendermaßen: Laut dem Mieterverein prüft die Stadt Dortmund, ob das Haus als unbewohnbar deklariert wird. Das heißt, die Mieter dürfen zunächst drin bleiben, wenn sie so schnell nichts anderes finden. Es gebe auch die Möglichkeit, sich ans Sozialamt der Stadt zu wenden, sagt Roeser. Oder eben doch der Hotelbesuch - allerdings müssten sich die Mieter das Geld für die Unterbringung bei Sofron wiederholen. Roeser geht davon aus, dass aktuell noch sieben der 17 Wohnungen genutzt werden.
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