Bei der EDG gibt es keine Hinweise auf Einflussmöglichkeiten auf Personaleinstellungen durch nicht berechtigte Personen. Zu diesem Schluss kommt das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte.

© Frauke Schumann

Angeblicher Schmiergeld-Skandal bei der EDG: Hauptzeuge ist jetzt Beschuldigter

rnÜberraschende Wendung

Die Affäre um angebliche Schmiergeldzahlungen an den Ex-Konzernbetriebsratschef beim Dortmunder Entsorger EDG könnte eine neue Wendung nehmen: Der Hauptzeuge ist jetzt auch im Fokus der Ermittlungen.

Dortmund

, 11.04.2022, 17:31 Uhr / Lesedauer: 2 min

An die rund 1400 Mitarbeiter des Dortmunder Entsorgers EDG und seiner Tochterunternehmen ist am Montag (11.4.) ein Schreiben gegangen. Darin wird den Beschäftigten das Ergebnis der Untersuchung mitgeteilt, die das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte zu den Korruptionsvorwürfen gegen den ehemaligen Betriebsratschef der EDG-Holding, Marzouk Chargui, und über mögliche Intransparenz beim Einstellungsprozess des Unternehmens durchgeführt hat.

Die Kurzfassung der Prüfung, die von den EDG-Gesellschaftern Stadt Dortmund und DSW21 am 28. Februar in Auftrag gegeben worden war: „Die Untersuchungen haben keinerlei Hinweise ergeben, dass Geldzahlungen im Zusammenhang mit Personaleinstellungen geleistet worden sind.“ Das hatten auch die Gesellschafter bereits am Freitag (8.4.) per Presseerklärung mitgeteilt.

Jetzt lesen

Die Wirtschaftsprüfer kommen zwar zu dem Schluss, dass der Ex-Verbundbetriebsratschef keinen Einfluss auf Einstellungen bei der EDG genommen hat oder auch nur nehmen konnte - aber damit ist keineswegs klar, ob er nicht doch Geld angenommen hat und wofür. Das zu klären, sei jetzt Aufgabe der Staatsanwaltschaft, heißt es in dem Schreiben der EDG-Spitze an die Mitarbeiter.

Im Aufsichtsrat saß Kripo mit am Tisch

Als Deloitte seine Untersuchungsergebnisse am Freitag (8.4.) im EDG-Aufsichtsrat vorgestellt hat, saß auch die Kripo mit am Tisch, berichtet Staatsanwalt Henner Kruse. Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen hat sich mit der Kripo und der Staatsanwaltschaft abgestimmt.

Jetzt lesen

Denn die Frage bleibt: Wofür hat Chargui die 3000 Euro erhalten, die er am 17. Februar in einer Nordstadt-Pizzeria unter Beobachtung der Kripo entgegengenommen hat? Dem Vernehmen nach schweigt der Beschuldigte dazu gegenüber den Ermittlern.

Allerdings ist er nicht mehr der einzige Beschuldigte in der Sache, bei der laut Kruse in zwei Fällen Geld geflossen sein soll: Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Vorteilsannahme gegen Chargui und jetzt auch gegen den Hauptzeugen wegen Beihilfe. Der Mann arbeitet ebenfalls bei der EDG.

Hat Chargui Jobbewerber getäuscht?

Der Hauptzeuge hatte Chargui in Begleitung einer weiteren Person bei der Polizei angezeigt, angeblich, weil er mit dem „System“ nicht mehr einverstanden gewesen sein soll. Er selbst habe dem Ex-Betriebsratschef zwar Bewerber zugeführt, will sich aber nicht daran bereichert haben.

Jetzt lesen

Der Hauptzeuge spreche von einem „System“ - das es nach den Untersuchungen von Deloitte aber gar nicht gibt. Denkbar ist, dass Chargui Geld für Jobversprechen bei der EDG genommen haben könnte, die Betroffenen dabei aber über seine tatsächlichen Einflussmöglichkeiten getäuscht haben könnte. Dies ist aber nur eine Möglichkeit. Möglicherweise steckt auch etwas ganz anderes hinter den Geldzahlungen.

Aufhebungsvertrag unterschrieben

Nach Informationen dieser Redaktion hat Chargui inzwischen einen Aufhebungsvertrag mit der EDG unterschrieben. Auch der Hauptzeuge soll freigestellt sein. Er soll sich, so ein Insider, erst krankgemeldet und dann abgesetzt haben.

Jetzt lesen

Auf Anfrage will EDG-Sprecher Matthias Kienitz die Untersuchungen von Deloitte und die staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen Chargui und den Hauptzeugen nicht kommentieren: „Wir müssen abwarten, was die polizeilichen Ermittlungen ergeben. Wir haben immer bezweifelt, dass es ein System der Einflussnahme bei Einstellungen gibt.“