Andrii war in der 9, Klasse, als ein nächtlicher Luftangriff seine Schule traf und sie in Trümmer legte. Das war am 4. März 2022, kurz nach Kriegsbeginn. Das Lyceum Nr. 25 liegt in der Nähe von Militäreinrichtungen, von denen es mehrere in Dortmunds künftiger Partnerstadt Schytomyr gibt. Und die waren die ersten Ziele in dem russischen Angriffskrieg.
„Anfangs war ich in totaler Schockstarre“, erzählt der Jugendliche in bestem Englisch. „Ich konnte es nicht verstehen. Ich saß ruhig in meinem Zimmer und realisierte, dass meine Schule hinüber ist.“ Eines von mittlerweile 470 vollends zerstörten Gebäuden in Schytomyr.
Gut ein Jahr nach diesem Angriff hat Andrii mit seinen Mitschülern Abschied von seiner alten Schule genommen. Wo jetzt noch die Ruine in den Himmel ragt, soll ein neues Lernzentrum entstehen. Und das nicht nur in Stein, sondern gleich auch mit einem neuen Lernkonzept. Alles nach dem Motto „Build back better“ – bau es besser wieder auf. Dieses Motto sei in Schytomyr angekommen, hatte kurz zuvor Dr. Bertram von Moltke, Gesandter bei der Deutschen Botschaft in Kiew, festgestellt.
1275 Schüler ohne Schule
Wie Andrii sind im Lyceum weitere 1274 Jungen und Mädchen zur Schule gegangen. Sie mussten zunächst im Fernunterricht lernen. „Ab der zehnten Klasse sind wir dann in ein anderes Schulgebäude umgezogen“, berichtet er. Ein Schuljahr muss er noch absolvieren bis zur Abschlussprüfung.
So schnell wird ein neues Schulgebäude nicht fertig sein; denn die Stadt hat nicht das Geld, alles sofort wieder aufzubauen, sagt die erste stellvertretende Bürgermeisterin Svitlana Olshanska. Man brauche das Geld, um Wohnungen für Waisenkinder und Flüchtlingsfamilien zu bauen, die in Schytomyr Schutz suchen.
Nach seinem Examen möchte Andrii am Militär- und nationalen Luftfahrtinstitut, eine von neun Hochschulen in Schytomyr, Elektrotechnik studieren.
„Es ist wie es ist“
Sein Leben könnte bald so richtig losgehen, aber der Krieg und das Damoklesschwert der Einberufung hängen über ihm. „Es ist, wie es ist“, sagt er achselzuckend. In der Familie hätten sie zum Glück noch keinen Toten zu beklagen gehabt, aber in der ferneren Verwandtschaft seiner Mutter.
Andrii guckt trotz allem positiv in die Zukunft. Schon 1920 sei die Rote Armee in die Ukrainisches Volksrepublik einmarschiert, die erst drei Jahre zuvor die ersehnte Unabhängigkeit erlangt hatte. „Das ist heute dasselbe, was vor 100 Jahren passiert ist“, sagt Andrii, „wir kommen damit klar.“
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