Als OB-Kandidatin der Grünen schaffte es Daniela Schneckenburger zwar nicht in die Stichwahl, über das Stimmenplus von 9,4 Prozent für ihre Partei freute sie sich aber.

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Wahlanalyse: Der Niedergang der SPD und der Aufstieg der Grünen

rnKommunalwahl 2020

Verluste für SPD und CDU, große Zuwächse für die Grünen und eine Vielzahl an Parteien im Dortmunder Rat. In der Analyse gibt es Erklärungen für die Ergebnisse der Kommunalwahl vom 13. September.

Dortmund

, 15.09.2020, 07:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die städtischen Statistiker legen in der Regel eine Nachtschicht ein, wenn ein Wahltag gelaufen ist. Und liefern am folgenden Tag Daten und Fakten, die helfen, die Ergebnisse einzuordnen. Dabei zeigen sich für die einzelnen Parteien interessante Details:

Die OB-Wahl

Thomas Westphal (SPD) liegt mit 35,87 Prozent genau 10 Prozent vor Dr. Andreas Hollstein (CDU). Beiden holten damit mehr Stimmen als ihre Parteien bei der Ratswahl.

„Thomas Westphal erzielt rund 12.500 Stimmen mehr als die SPD bei der Ratswahl und Dr. Andreas Hollstein 7.100 mehr als die CDU. Alle übrigen OB-Kandidaten erhalten weniger Zuspruch als ihre Parteien bei der Ratswahl“, bilanzieren die städtischen Statistiker. Das gilt auch für Grünen-Kandidatin Daniela Schneckenburger, die bei der OB-Wahl mit 21,84 Prozent auf Rang 3 kam.

Ihr Trost: Auch bei der OB-Wahl hatte die Grünen-Politikerin den deutlichsten Stimmenzuwachs. „Daniela Schneckenburger erhält 23.661 Stimmen mehr als 2014, eine Steigerung um über 100 Prozent“, ermittelten die Statistiker. Die Kandidaten von SPD und CDU büßten dagegen im Vergleich zu ihren Vorgängern Stimmen ein.

Die SPD

Auch wenn die SPD weiterhin die stärkste Fraktion im Rat stellt, ist sie die große Verliererin der Wahl. Mit einem Minus von 8,2 Prozent ist sie am Ende sogar knapp unter die 30-Prozent-Marke – das historisch schlechteste Ergebnis in der Stadtgeschichte für die SPD.

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Auffallend ist: Besonders groß sind die Verluste in den Hochburgen der Sozialdemokraten. Selbst in Eving, wo sie früher Ergebnisse von mehr als 60 Prozent einfuhren, kommen sie nur noch auf 37,2 Prozent. In den stärksten Wahlkreisen in Eving sind es 42,5 Prozent und 41,8 Prozent – 2014 hatte die SPD hier noch mehr als 55 Prozent.

Bemerkenswert ist: In keinem einzigen Wahlkreis holt die Partei, die bis 1999 über Jahrzehnte mit absoluter Mehrheit in Dortmund regiert, noch mehr als 50 Prozent. Und in 13 Wahlkreisen stellt sie nicht mehr das Direktmandat.

Insgesamt stellen die Statistiker allein im Vergleich zu 2014 fest: „Die SPD hat jede sechste und die CDU jede achte Wählerstimme verloren.“

Die CDU

Einen Verlust von 4,7 Prozent gegenüber 2014 muss auch die CDU hinnehmen. Besonders schmerzlich für sie: Die zweitstärkste Fraktion im Rat stellen jetzt die Grünen.

Immerhin: Christdemokraten konnten bei der Ratswahl sechs Direktmandate erobern. Die Hochburgen liegen dabei wie gewohnt im Dortmunder Süden. Hier ist der Wahlkreis 30 im Bereich Kirchhörde/Bittermark mit Kandidat Thorsten Hoffmann mit 43,1 Prozent Spitze. Umgekehrt liegt die CDU in einem Nordstadt-Wahlkreis mit 9,6 Prozent sogar unter der Zehn-Prozent-Marke.

Die Grünen

Gegenüber der Ratswahl 2014 legten die Grünen 9,4 Prozent zu und liegen nun mit 24,8 Prozent 2,3 Prozentpunkte vor der CDU. Ihre Hochburg ist weiterhin die westlichen Innenstadt mit Klinik- und Kreuzviertel, wo sie bis zu 44,6 Prozent holten. Damit liegt ihr höchster Stimmenanteil über dem, den die SPD in ihrem stärksten Wahlkreis verbucht.

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Insgesamt holten die Grünen sieben Direktmandate – außer in der westlichen Innenstadt auch in der östlichen Innenstadt und im Stadtbezirk Hombruch. Am schwächsten sind die Grünen im Nordosten der Stadt. In Alt-Scharnhorst kommen sie nur auf 12,3 Prozent.

Die Linke

Die Linke liegt mit 5,6 Prozent um 1,2 Prozentpunkte hinter ihrem Ergebnis von 2014. Aber sie verteidigt Rang 4 unter den Fraktionen im Rat – ganz knapp vor der AfD. Ihre besten Ergebnisse erzielt die Linke mit 17 Prozent in einem Nordstadt-Wahlkreis. Zwischen Wichlinghofen und Syburg im Dortmunder Süden reicht es dagegen nur für 2,8 Prozent.

Die AfD

Mit 5,48 Prozent liegt die AfD zwar um 2,1 Prozentpunkten über dem Ergebnis von 2014, aber wohl deutlich unter den eigenen Erwartungen. Die höchsten Stimmenanteile erreicht die AfD mit jeweils 10,1 Prozent in Wahlkreisen in Eving, Scharnhorst und Mengede. Im Kreuz- und Klinikviertel – den Grünen-Hochburgen – kommt sie dagegen nicht über 2,1 beziehungsweise 2,5 Prozent hinaus.

Die Rechte

Die Rechtsaußen-Partei, die immens viel plakatiert hat, erreicht mit 1,12 Prozent 0,12 Prozentpunkte mehr als 2014. Die Zahl der Stimmen stieg von 2101 leicht auf 2369. Das reicht erneut für einen Sitz im Rat. Den höchsten Anteil erreicht Die Rechte in Dorstfeld – wobei sie auch dort mit einem Anteil von 3,66 Prozent eine absolute Minderheit ist.

Die Überraschungen

Die Überraschung des Wahltages ist der Einzug von drei neuen Parteien in den Rat. Die Tierschutzpartei kommt mit 0,94 Prozent ebenso wie die von türkischstämmigen Migranten geprägte BVT mit 0,82 Prozent auf einen Sitz.

Drei Mandate erobert sogar die Satire-Partei „Die Partei“ mit stadtweit 2,78 Prozent. Sie hat in der Nordstadt ihre Hochburg, wo sie in einem Wahlkreis 6,85 Prozent erreicht.

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Die Wahlbeteiligung

Die Wahlbeteiligung liegt mit 47 Prozent ganz knapp über dem Ergebnis von 2014 (45 Prozent). Auffallend ist, dass der Briefwahl-Anteil wohl auch corona-bedingt deutlich gestiegen ist. Gut jeder vierte Wahlberechtigte gab seine Stimmen per Brief ab.

Auffallend sind erneut die extremen Unterschiede bei der Wahlbeteiligung im Stadtgebiet mit einem klaren Süd-Nord-Gefälle. Während in der Innenstadt-Nord nur jeder vierte Wahlberechtigte (24,5 Prozent) seine Stimmen abgab, waren es in der südlichen Innenstadt und im Dortmunder Süden um die 58 Prozent.

Die Stadt-Statistiker drücken das sehr fachspezifisch aus: „Wie aus früheren Wahlen bekannt, besteht nach wie vor ein deutlicher gegenläufiger Zusammenhang zwischen der ökonomischen Belastung eines Gebiets und der Wahlbeteiligung“, heißt es in ihrer Analyse. Einfacher ausgedrückt: Je schwieriger die soziale Lage, desto niedriger die Wahlbeteiligung.

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