Westfalenhütte in Dortmund
Amazon castet Tausende für neues Logistikzentrum
Mitte Oktober startet auf der Westfalenhütte das neue Amazon-Logistikzentrum. Bis Jahresende arbeiten dort wohl 1500 Mitarbeiter, auch viele Arbeitslose werden eingestellt. Jedoch zunächst nur befristet. Seit Wochen castet Amazon Tausende Mitarbeiter - und hat dafür in Dortmund zentral gelegene Räumlichkeiten gefunden.
Mitte Oktober startet das Amazon-Logistikzentrum auf der Westfalenhütte. Die letzten Bauarbeiten laufen, parallel castet das Unternehmen Tausende Mitarbeiter.
"Ich hab‘ Gänsehaut“, sagt Marion Bock und lächelt. Grund für ihre gute Laune ist ein Stück Papier, das sie am Freitag vergangener Woche in den Händen hält: einen Arbeitsvertrag vom Internet-Versandhändler Amazon für dessen neues Logistikzentrum auf der Westfalenhütte. Der Betrieb dort startet – rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft – am 16. Oktober, bis Jahresende will Amazon 1500 Beschäftigte haben, vielleicht auch mehr. Ursprünglich war von 1000 bis Ende des Jahres die Rede.
Statt in einem Hotel castet Amazon Mitarbeiter bei der Arbeitsagentur
So viele Jobs bei ein und demselben Unternehmen, in so kurzer Zeit: Das hat es in Dortmund seit Jahrzehnten nicht gegeben. Weil die Amazon-Hallen auf der Westfalenhütte noch nicht fertig sind – die letzten Arbeiten laufen – führen Mitarbeiter des Unternehmens Informationen, Bewerbungsgespräche und Vertragsunterzeichnungen in Räumen der Dortmunder Arbeitsagentur durch.
Sonst hätte Amazon beispielsweise Räume in einem Hotel anmieten müssen. „Da wären zu viele Kunden verloren gegangen“, sagt Martina Würker, Chefin der Arbeitsagentur.
Mit „Kunden“ sind von Arbeitsagentur und Jobcenter betreute Arbeitslose gemeint. Seit Amazon im Oktober 2016 verkündete, in Dortmund ein neues Logistikzentrum in Betrieb zu nehmen, verknüpft man das bei Stadt, Arbeitsagentur und Jobcenter mit der Hoffnung, dass viele Arbeitslose bei Amazon unterkommen.
Diese Hoffnung scheint nun Realität zu werden: Von den rund 400 bislang eingestellten Mitarbeitern kommen 90 Prozent aus der Arbeitslosigkeit, und davon wiederum zwei Drittel aus Dortmund. „Das ist eine riesige Chance für viele Menschen, möglichst auf lange Zeit einen Arbeitsplatz zu bekommen“, sagt Würker.
7000 Online-Bewerbungen
Bei Amazon haben sich 7000 Menschen online auf Jobs in Dortmund beworben: „Der Bewerbungseingang ist gigantisch“, sagt der für die Einstellungen verantwortliche Amazon-Manager Sebastian Grund. Rund 3000 Leute kamen seit Mitte September zum Casting in die Räume der Arbeitsagentur an der Steinstraße. Weitere folgen.
Am Freitag war dort ein „Day Zero“: Als Tag null bezeichnet Amazon den Tag, an dem Mitarbeiter ihren Vertrag unterschreiben. So wie Marion Bock. Die Dortmunderin freut sich auf den Job, „das ist ein sicherer Arbeitsplatz und Amazon ist ein großer Arbeitgeber“. Mit dem Vertrag in der Tasche und einem Grinsen im Gesicht verlässt auch Milad Isber die Arbeitsagentur. Der junge Syrer war Friseur, ehe er vor drei Jahren nach Deutschland kam. Aus Herne pendelt er nun nach Dortmund und ist „sehr froh“.
Verträge der Lagermitarbeiter gelten zunächst nur bis Ende des Jahres
Von Amazon in Dortmund werden nicht die Kunden, sondern andere Lager des US-Unternehmens etwa in Werne und Rheinberg beliefert. Die meisten Mitarbeiter in Dortmund arbeiten im Wareneingang und der Weiterverarbeitung, wo Ware für den Versand verpackt wird. Das Einstiegsgehalt liegt bei 10,79 Euro im ersten Jahr, also deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro. Das seien gute Löhne, sagt Arbeitsagentur-Chefin Würker. Für Ungelernte und Geringqualifizierte zumal.
Allerdings gelten alle Verträge der Lagermitarbeiter zunächst nur bis Ende des Jahres. Bei Amazon betont man, dass das Dortmunder Lager auch ab Januar weiterbetrieben wird und viele Mitarbeiter braucht; offenbar geht es darum, bis Ende Dezember zu testen, wer für die künftige Stammbelegschaft taugt. „Wer seinen Job gut macht, wird bleiben können“, ist sich Würker sicher.
Kritik an Amazon ist bei Bewerbern kein Thema
In den vergangenen Jahren gab es öfter Kritik an den Arbeitsbedingungen und dem hohen Druck in den Amazon-Logistikzentren. Diese Kritik ist bei vielen Teilnehmern der laufenden Mitarbeiter-Castings eher kein Thema. Er kenne die Kritik, sagt ein junger Dortmunder, der bei Amazon anfängt: "Aber ich probiere das jetzt aus."
Kritik an Amazon kommt regelmäßig auch von der Gewerkschaft Verdi. Diese rief unter anderem die Mitarbeiter des Amazon-Lagers in Werne Ende letzter Woche zu Streiks auf. Verdi will vor allem erreichen, dass Amazon einen Tarifvertrag einführt.