Dunkle Decken, verruchte Stimmung, in Rotlicht getauchte Räume - das ehemalige Sexkino „Studio X“ am Burgtor in direkter Nähe zum Dortmunder Hauptbahnhof war jahrelang schlüpfriger Treffpunkt für Menschen mit Lust auf erotische Abenteuer. „Kultiges Pornokino“, schrieb ein Nutzer 2012 in einem einschlägigen Forum, „Filme so lálá“, kritisiert er allerdings.
Eigentlich ist das Kino seit Jahren dicht. Ein bisschen „Publikumsverkehr“ herrscht aber offenbar dennoch. Die schlüpfrige Vergangenheit des Etablissements lockt Lost-Place-Jäger an, also Menschen, die sich für verlassene Orte begeistern. „Das Sexkino ist schnell durch unsere Szene gegangen“, verrät ein Insider gegenüber der Redaktion. Die Fotos, die er selbst Mitte Februar schoss und der Redaktion zur Verfügung stellte, zeichnen ein überraschendes Bild vom Innenleben des Kinos.

Rotlicht im Blitzlicht
Nach sieben Jahren Stillstand würde man mehr Verfall erwarten; abblätternde Tapeten, fleckige Polster und angegammelte Möbel. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Das Kino sieht fast so aus, als wäre es eben noch in Betrieb gewesen, als wäre der Besitzer nur im Urlaub gewesen. Sogar die Böden sehen einigermaßen sauber aus.
Die Bilder zeigen die erleuchtete Eingangshalle mit Mannequin in Unterwäsche. Eine große Pflanze dekoriert den Bereich vor der Theke. Der Gang mit Türen zu intimen Kabinen sieht aus, als müsste man höchstens mal feucht durchwischen. Die wandhohen Automaten mit pornografischen Zeitschriften sind beleuchtet. Man könnte meinen, man müsste nur eine Münze einwerfen, um ein Schmuddelheftchen zu bekommen.

Offenbar lief zur Zeit der Entstehung der Fotos im Februar also noch der Strom - obwohl das Kino seit 2017 stillgelegt ist. Das bestätigen aktuelle Bilder und Videos von weiteren Lost-Place-Jägern, die ihre Schnappschüsse auf Social Media posten.
Inzwischen habe jemand den Stromzähler gestohlen und alle Lichter seien aus, sagt der Szene-Insider. „Vor zwei Jahren war es noch fast komplett eingerichtet, aber viel vom Inventar wurde geklaut.“ Das Kino sowie die leeren Wohnungen darüber seien zudem von Obdachlosen als Schlafplatz genutzt worden.
Tür stand einfach offen
Wie er in das verlassene Sexkino gekommen ist, um all das herauszufinden? „Die Tür ist offen, da kommt jeder einfach so rein“, sagt er. Bemerkt hätten das nicht nur Lost-Place-Fotografen, „sondern auch Leute, die sinnlos zerstören und klauen wollen.“
Zumindest Ersteres bestätigte die Polizei Dortmund auf Anfrage der Redaktion. Beamte vor Ort hätten ebenfalls eine nur angelehnte Tür vorgefunden, hätten das verlassene Kino allerdings nicht betreten. Bisher hätten dort auch keine Polizeieinsätze stattgefunden. „Uns liegen keine Beschwerden wegen Lärm oder Vandalismus vor“, sagte ein Polizei-Pressesprecher.

Und nun? Im ersten Quartal 2025 sollen die Abrissarbeiten für das Kino beginnen. Man habe bereits mit der Entrümpelung des Gebäudes begonnen, sagt Henning Wietzorke, Manager der Linim Gruppe. Deren Gesellschaft ist Bauherr des neuen Projekts, das dort entstehen soll: ein geschlossenes Gebäudeensemble mit Innenhof und einem 18-geschossigen Hochhaus. Das Studio X ist dann Geschichte.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 15. März 2024. Wir haben ihn um die neuen Entwicklungen ergänzt und erneut veröffentlicht.