
© Susanne Riese
Alte Obstsorten wachsen auf neuem Grabfeld im Süden Dortmunds
Friedhöfe
Möglichst natürlich, pflegefrei und tröstend wünschen sich die Menschen Grabstätten für sich und ihre Angehörigen. Der Friedhof Holzen folgt diesem Trend mit zwei Angeboten.
Friedhöfe sind nicht nur letzte Ruhestätten, sie sind auch kleine Parks. Dieser Funktion kommen die neuen Bestattungstrends entgegen. Denn statt der früher üblichen abgegrenzten Reihen- oder Wahlgräber mit ihrer aufwendigen Bepflanzung wünschen sich die Menschen mehr und mehr pflegeleichte Grabstätten abseits von Granit-Grabeinfassung und Stiefmütterchen.
Mehr als 80 Prozent Urnenbestattungen
Die Friedhöfe Dortmund haben diese Trends frühzeitig wahrgenommen und das Angebot auf den 32 kommunalen Friedhöfen ständig angepasst. Erdbestattungen werden seltener, der Anteil der Urnenbestattungen beträgt in Dortmund bereits mehr als 80 Prozent.
„Während vor 20 Jahren die klassischen Reihen- und Wahlgrabstätten das Angebot prägten, sind bis heute acht zusätzliche individuelle Bestattungsangebote entwickelt worden. Diese reichen von Nischen im Urnenturm (Kolumbarium) über Haingräber in Flächen mit altem Baumbestand bis zu Obstbaumgräbern“, so die Stadt Dortmund.
Neben der ansprechenden gärtnerischen Gestaltung von möglichst pflegefreien Grabfeldern rücke dabei auch immer mehr die Orientierung am individuellen landschaftlichen Erscheinungsbild der einzelnen Friedhöfe in den Blick.

Neuerdings können auch Bestattungen am Weinberg stattfinden. © Susanne Riese
Streuobstwiesen sind eine besonders beliebte Alternative. Die Dortmunder Friedhöfe richten sie immer häufiger ein. Neuerdings wächst eine solche Obstbaumwiese auf dem Friedhof in Holzen heran, der bereits durch seine einzigartigen Weinberggräber von sich Reden machte. Der Friedhof im südlichen Dortmund ist der neunte im Stadtgebiet, auf dem jetzt Obstbaumgräber nach neuestem Gestaltungskonzept angeboten werden.
Im oberen Teil der Anlage an der Kreisstraße wurde bereis ein sternförmig von Wegen durchzogener Bereich angelegt mit jungen Birnen-, Pflaumen- und Apfelbäumen.
„Von zehn bis zwölf Jahren entstanden in Anlehnung an Herrn von Ribbeck auf Ribeck die ersten Obstgrabstätten mit alten Obstsorten“, sagt Uli Heinen, der technische Leiter der Friedhöfe Dortmund.
Die Gräber in der Streuobstwiese seien seitdem der Renner. „In diesem Grabfeld sind die Vegetationsphasen im Laufe der Jahreszeiten besonders intensiv erfahrbar. Insbesondere die Obstblüte im Frühjahr entfaltet ihren ganz besonderen Reiz“, erklärt die Stadt zu dem Angebot.

Baudezernent Arnulf Rybicki (r.) informierte sich bei Vertretern der Friedhöfe Dortmund über die neuen Grabfelder. © Susanne Riese
Zwischen den Obstbäumen wird Kräuterrrasen ausgesät und extensiv gepflegt. Die zweistelligen Urnengräber liegen umgeben von Zierrasen am Wegrand, damit sie auch mit Rollator oder Kinderwagen erreichbar sind. Auf Sitzbänken können Besucher verweilen oder sich ausruhen. Auf dem hoch gelegenen Friedhof Holzen haben sie einen besonders schönen und weiten Blick.
Um die Pflege müssen sich die Angehörigen nicht kümmern. Sie dürfen aber auf Steinen am Rand etwas ablegen - anders, als es das Konzept ursprünglich einmal vorsah.
„Den Kampf haben wir aufgegeben“, sagt Heinen. Zumindest in der ersten Zeit gebe es ganz offensichtlich Bedarf nach solchen Handlungen; „die meisten unterschätzen das“.
Das Nutzungsrecht an einem pflegefreien Obstbaumgrab wird für 25 Jahre erworben. Es kann mit bis zu vier Urnen belegt werden. Die Gebühr für die gesamte Nutzungszeit beträgt 2600 Euro, also jährlich 104 Euro.
75 bis 100 Grabstellen entstehen am Höchsten unter den jungen Bäumen alter und robuster Apfel- und Birnen-Sorten. Damit können also bis zu 400 Verstorbene in der Obstwiese am Höchsten ihre letzte Ruhe finden.
Seit 2001 in der Redaktion Dortmund, mit Interesse für Menschen und ihre Geschichten und einem Faible für Kultur und Wissenschaft. Hat einen Magister in Kunstgeschichte und Germanistik und lebt in Dortmund.
