Was sollte nicht schon alles aus dem monumentalen Gebäude an der Rheinischen Straße 173 im Dortmunder Unionviertel werden: Studentenapartments, Wohnungen und Gewerbeeinheiten, das größte Hotel Dortmunds, ein Vier-Sterne-Haus mit 210 Zimmern. Immer wieder neue Pläne, neue Eigentümer und neue interessierte Investoren. Ein Kommen und Gehen.
Trotzdem steht die alte, von 1916 bis 1921 erbaute Hoesch-Zentrale, in der anschließend das Versorgungsamt residierte, seit elf Jahren leer – und gilt neben dem Kronenturm als interessantester Lost Place in Dortmund.
Und das könnte auch noch eine Weile so bleiben, während der Vandalismus und Verfall in dem ehemaligen Prachtbau der Industriebarone voranschreitet.
Denn im Dezember hat sich eine weitere Hoffnung zerstreut, dass die verblasste Riesen-Immobilie endlich aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst wird. Der letzte interessierte Investor sei kurz vor Weihnachten wieder abgesprungen, berichtet Michele Colina von der Frankfurter MCM Immobilien-Gesellschaft auf Anfrage dieser Redaktion.
Kostengründe
MCM vermittelt nur den Kauf der Immobilie, ist nicht selbst Eigentümer oder Investor. Grund für die Absage seien unter anderem die Kosten gewesen. Der aktuelle Eigentümer, der das Objekt nicht selbst entwickeln, sondern wieder verkaufen wolle, habe mit dem Preis zu hoch gepokert.
Colina nennt den Preis nicht. Zuletzt war nur bekannt, dass das dreiteilige Gebäude mit drei Lichthöfen für 14 Millionen Euro auf dem Markt war.
Nachbar von „Smart Rhino“
Es gab allerdings noch einen weiteren Grund für den Investor, von dem Objekt wieder Abstand zu nehmen. „Das Gebiet entwickle sich gerade nicht so gut“, habe der Investor auch erklärt, sagt Colina.
Gemeint ist das geplante neue Stadtquartier Smart Rhino auf dem ehemaligen Hoesch-Spundwand-Gelände. Die alte Hoesch-Zentrale gehört zwar nicht direkt dazu, doch grenzt sie unmittelbar an das brachliegende Plangebiet, in dem Wissenschaftsfabriken und 9300 Arbeitsplätze, 2000 Wohnungen, eine Berufsfachschule und die Fachhochschule für 20.000 Studierende entstehen sollen.
„Die Liegenschaft ist Teil des Stadtumbaugebietes Rheinische Straße. Ziel ist es, das in den letzten Jahren verstärkt heruntergekommene Quartier, welches auch unter Bevölkerungsschwund und hohem Leerstand leidet, wieder neu zu positionieren“, heißt es denn auch im Exposée von MCM für die alte Hoesch-Zentrale.
FH als Dreh- und Angelpunkt
Doch auch bei Smart Rhino ruht still der See. 2016 hatte die Essener Thelen-Gruppe das Areal 2016 von Thyssenkrupp gekauft und 2019 die Pläne für Smart Rhino gemeinsam mit Vertretern von Stadt und IHK ihre Idee vorgestellt, die Fachhochschule (FH) aus dem Kreuzviertel auf das frühere Gelände von Hoesch Spundwand und Profile (HSP) zu verlegen.
Der Neubau der über insgesamt vier Standorte verteilten FH sollte der Dreh- und Angelpunkt für das Mammutprojekt auf der 52 Hektar großen Industriebrache werden. Doch noch immer ist unklar, ob Dortmunds Fachhochschule einen Neubau an der Rheinischen Straße bekommt oder nicht. Das Land NRW, das den FH-Neubau finanzieren muss, trifft keine Entscheidung. Letztlich droht ohne den Bau auch „Smart Rhino“ zu kippen.
Die Stadt weiß offensichtlich noch nichts davon, dass der letzte Investor für die alte Hoesch-Zentrale schon wieder abgesprungen ist und man wieder bei null anfängt. Auf Nachfrage berichtet Stadtsprecher Christian Schön, die jetzige Eigentümerin habe vor, das denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude zu einem Wohn- und Bürogebäude umzunutzen und unter Einbindung der Denkmalbehörde entsprechend umzubauen.
Bauvoranfrage
Schön: „Die denkmalpflegerischen Erfordernissen stehen bei diesem Projekt stark im Fokus, um eine besondere Adresse zu schaffen.“ Die Stadt hoffe für diesen Ort auf „eine neue städtebauliche akzentuierende Wirkung.“
Am 31. Oktober sei im Stadtplanungs- und Bauordnungsamt ein Antrag auf einen Bauvorbescheid eingegangen, so der Stadtsprecher weiter: „Weil hier noch Unterlagen gefehlt haben, wurde darüber noch nicht entschieden. Das Verfahren ruht auf Bitten des Bauherrn eine Weile, um Zeit zu gewinnen für die Erstellung der Unterlagen.“
Das ist nun auch schon wieder Geschichte.
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