Ärzte in Dortmund sind sauer auf Patienten „Wenig Verständnis, Egoismus, schlechtes Benehmen“

Ärzte sauer über Patienten: „Mangelndes Verständnis und Egoismus“
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Lars Rettstadt musste die Reißleine ziehen, auch als Schutz für seine Mitarbeiter. Am Donnerstag (15.12.) blieb seine Hausarztpraxis in Scharnhorst zu. „Aufgrund von Krankheitsfällen“, stand auf der Homepage. Die noch gesunden Mitarbeiter „konnten einfach nicht mehr und brauchten eine Pause“, erklärt Rettstadt auf Nachfrage.

„Wir waren schon zwei Jahre im Corona-Modus, jetzt kommt diese Welle. Es sind einige Arztheferinnen auf der Strecke geblieben“, sagt der Allgemeinmediziner. Rettstadt ist auch Bezirksvorsitzender des Hausärzteverbandes, hört deshalb auch viel von Kollegen aus Dortmund und Umgebung. Er weiß, wie rau und unfreundlich der Ton geworden ist in den vergangenen Wochen.

„Es gibt mangelndes Verständnis für die Teams in den Arztpraxen, es gibt viel Egoismus und manchmal auch einfach nur schlechtes Benehmen“, ärgert sich Rettstadt. Natürlich betreffe das nur einen Teil der Patienten, dennoch: Das Meckern über volle Wartezimmer, über lange Wartezeiten – dafür habe er kein Verständnis.

„Arbeiten uns den Buckel wund“

„Ich mache hier 13, 14 Stunden ohne Pause, aber ich will nicht rumweinen“, erklärt Rettstadt. Auch sein Team sei permanentem Stress ausgesetzt – zumal aktuell, wenn immer auch jemand krank fehle, das lasse sich ja nicht vermeiden: „Bei uns rufen ständig zehn Leute an, ich habe schon meine Telefonanlage aufgerüstet, aber selbst das reicht nicht.“

„Wir arbeiten uns hier den Buckel wund und manche Patienten möchten am liebsten gestern schon drangekommen sein“, pflichtet Prosper Rodewyk bei, Hausarzt mit Praxis in Hörde und Bezirkssprecher der Kassenärztlichen Vereinigung: „Die Anspruchshaltung mancher Patienten geht gar nicht.“

Dr. Prosper Rodewyk ist Bezirkssprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe.
Dr. Prosper Rodewyk ist Bezirkssprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. © Stephan Schuetze

Symptome? Draußen warten

„Ja, wenn früher Patienten mit Erkältungssymptomen kamen, wurden die immer noch ins Wartezimmer gequetscht“, sagt Rodewyk. Aber noch würden halt die Regeln der Corona-Pandemie gelten – und wer Symptome habe, müsse in die Infektionssprechstunde.

Die bedeute leider: Draußen warten, so ärgerlich das sei bei den Minustemperaturen zuletzt. „Aber ich kann ja nicht extra noch einen Anbau errichten.“ So sehr er das bedauere. Und dann sei da noch die Sache mit den Masken.

FFP2-Maske ist Pflicht

„Es kommen immer noch viele ohne FFP2-Maske, 20 Prozent vielleicht.“ Dabei reiche die OP-Maske nicht, die FFP2 sei nun einmal in Arztpraxen gesetzlich vorgeschrieben. „Eigentlich müsste ich die alle rausschmeißen“, sagt Rodewyk. Was er aber natürlich nicht mache. Lars Rettstadt kennt das Problem auch.

Er verkaufe deshalb FFP2-Masken zum Selbstkostenpreis von 50 Cent, so Rettstadt. Für die Wartenden der Infektionssprechstunde habe er zwar eine Wärmelampe gekauft. Aber erstens müsse er die Zeit dafür haben, die überhaupt anzuschließen. Zweitens: Dieser Energieverbrauch, der koste natürlich...

Richtig dreist finde er aber, was sich eine Kollegin habe anhören müssen. Aus Krankheitsgründen, so Rettstadt, habe die Ärztin die Praxis an einem Tag erst eine Stunde später geöffnet. Als sich jemand darüber beschwerte, erklärte sie, es gehe leider nicht anders, aus personellen Gründen. Die Antwort des Patienten: „Tja, dann darf man halt keinen Urlaub geben.“

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