„Acht Lkw sind fest geplant“ Dortmunder schicken Spenden in die Erdbebenregion

Dortmunder schicken Spenden in die Erdbebenregion
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An der Güntherstraße 75 in der östlichen Dortmunder Innenstadt geht es am Mittwochmittag (8.2.) ziemlich hektisch zu. Vor dem Haus stapeln Menschen Kartons, versehen diese mit Klebeband und beschriften sie. Eine Frau hat Zettel und Stift in der Hand.

Sie hält schriftlich fest, was sich in den Kartons befindet. Denn es handelt sich um Spenden für die Menschen in der Region Hatay an der türkisch-syrischen Grenze. Diese ist besonders stark von den Erdbeben betroffen, die sich am Montag (6.2.) ereignet haben. Inzwischen ist die Zahl der Todesopfer auf mehr als 11.000 Menschen gestiegen.

Das Handy steht nicht still

Der Dortmunder Verein Çukurova hat an der Güntherstraße 75 seinen Sitz. Alle Mitglieder sowie deren Familien hätten Angehörige in der Region Hatay, erläutert Yasar Bagdat vom Vorstand des Vereins. Keine Überraschung also, dass die Hilfsbereitschaft hier besonders groß ist.

Vor dem Haus parkt ein 40-Tonner-Lkw, dessen Fahrer vor wenigen Tagen aus der Region aufgebrochen war - noch vor den verheerenden Erdbeben. Er brachte Waren nach Europa. Voraussichtlich am Donnerstag (9.2.) wird er sich auf den Rückweg machen. Dann allerdings wird der Lkw mit Spenden beladen sein, die der Verein Çukurova in seinen Räumen gelagert hat.

Transporte muss man anmelden

Um die Organisation kümmert sich Gökhan Aksoy vom Dortmunder Großmarkt-Unternehmen Marlene Meya. Der Obst- und Gemüse-Großhändler arbeitet mit mehreren Logistikfirmen in der Region Hatay zusammen, die Ware nach Europa liefern. Aksoys Handy steht am Mittwochmittag nicht still. Und es gibt nur ein Thema: Wie kommen die Spenden zu den Menschen in Hatay?

Gökhan Aksoy von der Großmarkt-Firma Marlene Meya organisiert die Hilfstransporte in die Erdbeben-Region.
Gökhan Aksoy von der Großmarkt-Firma Marlene Meya organisiert die Hilfstransporte in die Erdbeben-Region. © Tim Schulze

Denn so einfach geht das nicht. „Die Lkw haben Probleme an den Grenzen“, sagt Aksoy über die Hilfstransporte. Man müsse diese im Vorfeld bei den türkischen Generalkonsulaten anmelden. Daran würden sich aber nicht alle halten, die in Eigenregie Transporte organisieren. Türkische Generalkonsulate würden kontrollieren, was die Lkw geladen haben.

Große Spendenbereitschaft

Darum sei auch die Liste so wichtig, die die Frau mit Zettel und Stift vor dem Haus an der Güntherstraße anfertigt. Darauf hält sie fest, welche Kartons mit welchem Inhalt auf die Ladefläche des 40-Tonners kommen.

Die Spenden stammen laut Aksoy von Familien aus Dortmund und umliegenden Ruhrgebietsstädten. Diese seien bei dem Verein Çukurova abgegeben worden. Darunter seien Hygieneartikel, Babynahrung und Winterbekleidung.

Vor den Vereinsräumen werden Kartons mit Spenden gestapelt und beschriftet. Sie werden in dem 40-Tonner landen, der die Sachen in die Region Hatay an der türkisch-syrischen Grenze bringt.
Vor den Vereinsräumen werden Kartons mit Spenden gestapelt und beschriftet. Sie werden in dem 40-Tonner landen, der die Sachen in die Region Hatay an der türkisch-syrischen Grenze bringt. © Tim Schulze

Die Spendenbereitschaft sei groß. Allerdings gebe es auch Menschen, die die Aufrufe zum Anlass nehmen würden, ihren Kleiderschrank auszumisten. Das sei in der Regel nicht hilfreich. Benötigt werde intakte Winterbekleidung, da es in der Region aktuell kalt ist.

Die Vereinsräume an der Güntherstraße 75 sind teils bis an die Decke mit Kartons gefüllt.
Die Vereinsräume an der Güntherstraße 75 sind teils bis an die Decke mit Kartons gefüllt. © Tim Schulze

Der 40-Tonner wird nicht der letzte Lkw sein, der vom Dortmunder Großmarkt aus nach Hatay aufbricht. „Acht Lastwagen sind fest geplant“, sagt Aksoy, der den Überblick über die Fahrzeuge der Firmen hat, mit denen Marlene Meya zusammenarbeitet. Für die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag erwartet Aksoy die Ankunft von zwei weiteren Lastwagen in Dortmund. In der nächsten Woche soll es mit anderen Lkw weitergehen.

Tägliche Spendenannahme

Während die Helfer auf der Güntherstraße Kartons stapeln und beschriften, sind drinnen mehr als 15 Menschen damit beschäftigt, die Spenden zu sortieren. Mehrere Räume sind fast komplett mit Kartons gefüllt. Yasar Bagdat vom Çukurova-Vorstand wartet nur darauf, dass sich das Lager mit der Beladung des 40-Tonners leert. Denn der Verein möchte weitere Spenden entgegennehmen.

Am Mittwochnachmittag (8.2.) haben die Helfer den 40-Tonner beladen.
Am Mittwochnachmittag (8.2.) haben die Helfer den 40-Tonner beladen. © privat

Täglich sind Helfer jeweils von 12 bis 21 Uhr vor Ort, um die Sachen anzunehmen. Für Großspender gibt es laut Aksoy zudem die Möglichkeit, ihre Lieferungen direkt am Großmarkt zu verladen. Für Freitag sei beispielsweise eine große Fuhre an Heizstrahlern angekündigt, sagt der 38-Jährige Dortmunder.

Winterkleidung für Kinder und Erwachsene (Regenmäntel, Stiefel, Jacken, Handschuhe, Schals, Mützen, wärmende Socken, Thermounterwäsche) sowie Zelte, Betten, Matratzen, Decken, Schlafsäcke, Kompressoren, Heizlüfter, Thermoskannen, Taschenlampen, Powerbanks, Generatoren, Hygieneartikel, Lebensmittel mit langer Haltbarkeit und Kindernahrung.

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