Der Montag (28.4.) war kein ganz gewöhnlicher Tag für die Beschäftigten des Hüttenhospitals im Dortmunder Stadtteil Benninghofen, kurz hinter Hörde. Ihr Arbeitgeber hat eine neue Strategie in einer Betriebsversammlung vorgestellt.
Der Inhalt: Eines der kleinsten Dortmunder Krankenhaus mit 174 Betten geht aktiv auf die Suche nach einem neuen Gesellschafter. Die historisch begründete und ungewöhnliche Partnerschaft mit der Krankenkasse Viactiv kommt damit absehbar zu ihrem Ende.
„Position der Stärke“
„Wir können diesen Schritt bewusst jetzt und aus einer Position der Stärke gehen“, sagt René Thiemann, Geschäftsführer der Hüttenhospital gGmbH im Gespräch mit dieser Redaktion.
Seit Montag ist ein Interessenbekundungsverfahren für eine „Share Deal“ öffentlich europaweit ausgeschrieben. Interessierte Unternehmen aus der Privatwirtschaft oder auch kommunale Betriebe können dort ihr Angebot für die Gesellschafteranteile der Viactiv BKK abgeben.
Und damit dann bei einem Zuschlag künftig bei einem Krankenhaus mitreden, dass seit einigen Jahren laut eigener Jahresberichte profitabel arbeitet (2023: plus 2,1 Millionen Euro) und eine spezielle Position in der Dortmunder Krankenhauslandschaft hat.

Hier muss also kein Krankenhaus gerettet werden. Sondern dass Hüttenhospital möchte „mehr Flexibilität und mehr Entscheidungsfreiheit“ gewinnen, wie Thiemann sagt. „Bisher lief es gut. Aber wir müssen dafür sorgen, dass es auch weiter so bleibt“, sagt der Dortmunder.
Verbunden war die Verkündung der neuen Strategie am Montag mit der wohl wichtigsten Botschaft für die rund 300 Mitarbeitenden: Ihre Arbeitsverträge bleiben unberührt.
Das sagt der Betriebsrat
Der Betriebsratsvorsitzende Karl-Heinz Tluczynski spricht gegenüber dieser Redaktion von einer eher gelassenen Stimmung bei der Verkündung am Montag. „Wir waren schon vorher mit in Planungen eingebunden und arbeiten natürlich gemeinsam mit an der Zukunft des Hauses.“
Den meisten sei deutlich geworden, dass dieser Schritt dazu dienen soll, dass diese „kleine, aber sehr gute Haus“ auch Entwicklungen der Zukunft mitgehen könne. Tluczynski sieht die „Transparenz“ bei solchen strategischen Entscheidungen als Stärke des Unternehmens an.
Dass dennoch bei einer neuen Ausrichtung immer Unsicherheiten und Unwägbarkeiten bleiben können, ist dabei sowohl Geschäftsleitung als auch Mitarbeitenden nach erstem Eindruck bewusst.
Das Hüttenhospital hat eine spezielle Tradition und eine eigene Ausrichtung. Bereits 1858 aus dem Umfeld des Dortmunder Stahlriesen Hoesch zur Versorgung von Arbeitern der Hermannshütte entstanden, ist es zu einem modernen medizinischen Zentrum mit Schwerpunkt auf Geriatrie und Innere Medizin gewachsen.
Klinik im Sauerland
Nach aktueller Einschätzung von Geschäftsführer René Thiemann stellt es sich als „wirtschaftlich gesundes, etabliertes und gut geführtes Krankenhaus“ dar. Neben vielen Kooperationen mit Dortmunder Kliniken und medizinischen Dienstleistern gibt es seit drei Jahren eine Zusammenarbeit mit dem Städtischen Krankenhaus Maria-Hilf in aus Brilon. Dieses leitet René Thiemann ebenfalls als Geschäftsführer.
Einschränkungen bei Krediten
Die Krankenkasse Viactiv ist seit 2012 Gesellschafterin des Hüttenhospitals. Das hat ebenfalls indirekt mit der Stahlarbeiter-Historie zu tun: Die Krankenkasse mit Sitz in Bochum ist Rechtsnachfolgerin der Betriebskrankenkasse (BKK) Hoesch, die 2010 aufgelöst wurde.
Seit 2013 ist das Krankenhaus eine eigene gGmbH – dennoch blieben durch die Struktur enorme Einschränkungen. So sei es etwa dem Gesellschafter und auch dem Hüttenhospital grundsätzlich untersagt, Kredite zu gewähren oder gar in Anspruch zu nehmen.
Denn Krankenkassen unterliegen bestimmten gesetzlichen Vorgaben, die schwierig mit den Anforderungen an Krankenhäuser zu verbinden seien, so die Einschätzung. Dazu gehören Regelungen aus dem Sozialgesetzbuch, an die Krankenkassen gebunden sind. „Das ist ein starker Wettbewerbsnachteil“, sagt René Thiemann.
Für Patienten ändert sich nichts
Also geht das Krankenhaus in Abstimmung mit der Viactiv BKK an den Markt. Wer künftig die aus der Dortmunder Hoesch-Historie gewachsenen Anteile am Krankenhausbetrieb übernehmen könnte, ist derzeit noch Spekulation.
Für Patientinnen und Patienten ändert sich durch die neue Ausrichtung bis auf Weiteres nichts.
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