
© Julian Preuß
2G-Kontrollen kosten „kleinen“ Einzelhandel mehrere Tausend Euro
Coronavirus
Im Einzelhandel muss seit Mittwoch (8.12.) die 2G-Regel streng kontrolliert werden. Das stellt die kleinen inhabergeführten Läden vor Herausforderungen. Doch die es gibt auch Vorteile.
In ihrer Mittagspause betritt eine Kundin die kleine Mode-Boutique „Spitzenkleid“ an der Saarlandstraße. Inhaberin Susanne Hahn eilt von der Kasse zur Eingangstür, lässt sich Impf- und Personalausweis zeigen. Seit Mittwoch (8.12.) ist die strenge Kontrolle der 2G-Regelung im Einzelhandel Pflicht. Bereits seit Samstag (4.12.) gilt diese Maßnahme.

Mit der Smartphone-App "CovPass-Check" prüft Susanne Hahn, ob die vorgelegten Impfzertifikate gültig sind. © Julian Preuß
Das bedeutet, dass nur noch Geimpfte oder Genesene in Geschäfte kommen - ausgenommen sind Läden des täglichen Bedarfs. Das gilt für die großen Ketten wie Saturn, Galeria oder Primark in der Thier-Galerie. Davon betroffen sind aber ebenfalls die kleinen inhabergeführten Boutiquen abseits der Innenstadt. Für deren Mitarbeitende bedeutet das eine teils großen Mehraufwand im Arbeitsalltag.
Boutique-Inhaberin: „Sind auf die Geduld der Kunden angewiesen“
„Wenn gut zu tun ist, ist es schwierig, die Kontrollen durchzuführen“, sagt Hahn und blickt von der Kasse zur Tür. Diesen Weg müssen die Inhaberin und ihre beiden Aushilfskräfte nun wesentlich öfter zurücklegen als früher. Am Eingang, an der Kasse oder für Beratungen könne es daher zu Wartezeiten kommen. „Wir sind auf die Geduld der Kunden angewiesen“, sagt Hahn.
Während des ersten Lockdowns sei es mehrmals vorgekommen, dass ein paar Kundinnen und Kunden ungehalten auf die Wartezeiten reagiert hätten. Damals durften nur drei Personen gleichzeitig ihren Laden betreten. „Aktuell haben alle aber freiwillig ihre Nachweise gezeigt“, berichtet Hahn. Mit der Smartphone-App „CovPassCheck“ scannt sie die digitalen Nachweise ein und überprüft sie so. Etwa eine Minute dauert die Kontrolle.
Die Stadt Dortmund hat sich eine Alternative überlegt, mit der sich auf einen Blick erkennen ließe, ob die 2G-Bedingungen erfüllt sind: ein Bändchensystem. Eingeführt wurde dies auf dem Weihnachtsmarkt nach einer tagesaktuellen Prüfung des 2G-Nachweises. Künftig sollen die Bändchen länger als einen Tag gültig sein. Die Corona-Schutzverordnung soll noch in dieser Woche angepasst werden, berichtet die „Bild“.
Bändchen sollen Kontrollen vereinfachen
Zum Einsatz kommen werden die Bändchen nun auch in den Geschäften der City. Wer einkaufen möchte, zeigt einfach das Armbändchen vor. Das Kramen nach Impfzertifikaten und Ausweis ist dann passé.
Bis zum inhabergeführten „kleinen“ Einzelhandel an der Saarlandstraße ist dieses Vorhaben noch nicht durchgedrungen. Susanne Hahn würde es allerdings begrüßen, wenn die Kundinnen und Kunden mit dem Weihnachtsmarktbändchen auch in ihrem Laden Zutritt hätten.
Michaela Ufer hat noch keine Meinung dazu. Sie betreibt den „Elektrohandel Kuhlmann“ auf der anderen Straßenseite. Ihr Personal und sie kontrollieren die 2G-Zertifikate und Ausweise ohne die Hilfe einer App. Deshalb würden nun drei anstatt normalerweise zwei Personen im Laden arbeiten. Ufer gibt an, dass sich ihre Kundschaft „zu 90 Prozent kooperativ“ verhalte.
2G-Regelung schreckt Kunden ab
Zudem stellt die Inhaberin des Traditionsgeschäftes fest: „Viele Menschen werden von der 2G-Regelung abgehalten. Wir merken das auch.“ Wie viel weniger sie einnehmen wird, könne sie noch nicht abschätzen. Ufer meint: „Amazon ist der große Gewinner der Pandemie.“
„Schischi“-Chef Christian Volmerich wird konkreter, wie viel es ihn koste, für die 2G-Kontrollen eine zusätzliche Kraft zu beschäftigen. Mehrere Tausend Euro müsse er dafür aufwenden. Zusätzlich geht Volmerich ebenfalls von Umsatzeinbußen aus. Beziffern könne er die jedoch erst am Monatsende.
Doch die strengen Überprüfungen hätten trotz des hohen finanziellen Aufwandes auch positive Seiten. „Einige Personen haben mir gesagt, dass sie froh über die Kontrollen sind“, sagt Volmerich. Es entstehe so ein Sicherheitsgefühl bei der Kundschaft und den Mitarbeitenden.
Geschäftsinhaber äußert Misstrauen gegenüber Bändchensystem
Deshalb hält der „Schischi“-Inhaber wenig davon, das Bändchensystem ebenfalls in den kleinen Läden abseits der Innenstadt einzuführen. Volmerich äußert ein leichtes Misstrauen gegenüber diesem Konzept. „Impfpässe zu fälschen, ist aus meiner Sicht eine größere Hürde, als bunte Bändchen nachzumachen.“
Im Antiquitätenhandel „Odds and Sodds“ denkt man ähnlich über die Bändchen. „Die Kontrolle ist bei uns überhaupt nicht aufwendig. Ich hatte eine Kundin mit 84 Jahren, die ihr Handy und ihren Ausweis schon parat hatte. Wir waren nach etwa 15 Sekunden fertig damit“, sagt Mitarbeiterin Carmen Sengera-Grüner.
Auf dem Weihnachtsmarkt mache das Bändchensystem Sinn, wenn man von Stand zu Stand geht, auf der Saarlandstraße lohne sich das nicht, meint sie. Denn dann müssten sich die Menschen erst ein Bändchen besorgen, um dann erst die Geschäfte betreten zu dürfen.
Denn für die kleinen inhabergeführten Geschäfte ist es überlebenswichtig, dass überhaupt Kundschaft kommt. In einer Sache sind sich Susanne Hahn, Michaela Ufer, Christian Volmerich und Carmen Sengera-Grüner einig: Einen weiteren Lockdown wollen sie nicht.
Geboren in der Stadt der tausend Feuer. Ruhrpott-Kind. Mag königsblauen Fußball. Und Tennis. Schreibt seit 2017 über Musik, Sport, Wirtschaft und Lokales. Sucht nach spannenden Geschichten. Interessiert sich für die Menschen und für das, was sie bewegt – egal in welchem Ort.