25 Jahre „zuHouse“ Star-DJs, legendäre Partynächte und viel Dortmunder Nachtleben-Geschichte

Star-DJs, legendäre Partynächte und viel Dortmunder Nachtleben-Geschichte
Lesezeit

Lars Josten (52) und Torsten Happe (53) stehen im Oktober 2024 an einem Ort, von dem aus vieles in ihrem Leben seinen Lauf nahm. Dieser Ort ist nicht mehr wiederzuerkennen.

Dort, wo heute die Thier-Galerie und viele umliegende neue Gebäude stehen, haben die beiden Dortmunder den „zuHouse“-Club betrieben. „Da war der Eingang“, sagt Happe, DJ-Name „Todde“, als er an einer unscheinbaren Außenmauer des Shopping-Centers vorbeiläuft. Die Schallplatten-Spieler standen vermutlich dort, wo heute ein Mode-Geschäft ist.

Heimat für House-Musik

Im Herzen des Party-Areals Thier-Gelände gaben sie elektronischer House-Musik in Dortmund zwischen 2001 und 2009 eine Heimat. Alles begann als Party-Reihe, die ihre Anfänge 1999 im „Tanzcafé Hösl“ (heute „Oma Doris“) hatte. Später lief die Reihe auch im „SixxPM“ und an anderen Orten. 2004 fiel die Entscheidung für den eigenen Club auf der Thier-Brache.

Tausende Menschen haben zu ihren DJ-Sets einen bedeutenden Teil ihres Erwachsenwerdens verbracht. Viele Fotos aus dieser Zeit sind von vordigital verwaschener Qualität. Doch sie transportieren Emotionen.

Geradezu wahrnehmbar verströmen sie den Geruch von Zigarettenrauch und populären Parfüms und Deos dieser Zeit. Sie strahlen in den Farben des Milleniums. Alles nicht mehr so vor grell wie im Jahrzehnt davor, aber weiter bunt in Haaren, Klamotten und Club-Deko. Tribal-Muster auf Haut und Stoff sind ein Ding.

Populäre Gast-DJs

Prägend für die „zuHouse“-Events waren früh die Gast-DJs. Deren Auflistung liest sich ohne Übertreibung wie ein „who is who“ der House-und Elektro-Szene dieser Zeit. Westbam, Moguai, Jam&/ Spoon, Paul van Dyk, Armand van Helden, Boys Noize sind einige der Namen. „Die Szene war in sich vernetzt. Das war damals alles möglich“, sagt Lars Josten.

Das deutsche Duo The Disco Boys gehört auch auf die Liste. Mit Raphael und Gordon verbindet Dortmunder DJs eine Freundschaft. Die Hamburger Disco-House-Produzenten - Überhit: „For You“ mit über 30 Millionen Streams - kommen zur Jubiläums-Party am 25. Oktober (Freitag) im Club „Oma Doris“.

Torsten "Todde" Happe (r.) und Lars Josten vor der Thier-Galerie. Sie sind seit 25 Jahren als DJ-Duo "zuHouse Rockers" unterwegs. Auf dem Gelände, auf dem heute die Shopping-Mall steht, betrieben sie mehrere Jahre lang einen House-Club.
Torsten "Todde" Happe (r.) und Lars Josten vor der Thier-Galerie. Sie sind seit 25 Jahren als DJ-Duo "zuHouse Rockers" unterwegs. Auf dem Gelände, auf dem heute die Shopping-Mall steht, betrieben sie mehrere Jahre lang einen House-Club. © Felix Guth

Ende der 2000er-Jahre kam mit der Thier-Galerie das Ende des Clubs. Der Geist von „zuHouse“ lebt als unregelmäßige Partyreihe seitdem weiter. Wenn sich auch vieles verändert hat in der Musikwelt, in der Nachtkultur und im Privatleben der beiden DJs Lars Josten und Tosten Happe. Etwas von dem, weshalb sie begonnen haben, elektronische Musik auf Schallplatten aufzuleben, bleibt unzerstörbar.

„Jeder braucht sein Ventil. Ich investiere Energie und wenn das ein positives Feedback erzeugt, dann ist das immer noch schön“, sagt Josten. Die Musik habe über die Jahre Begegnungen ermöglicht und Freundschaften geschaffen.

Fiktiver DJ aus Italien

Natürlich ist die „zuHouse“-Historie voll von Anekdoten und Erlebnissen. Top-Kandidat für die skurrilste Geschichte ist diese: Torsten Happe trat in den frühen 2000ern an einem Abend unter dem Namen „Nerio Morales“ aus Italien auf. „Eine komplett ausgedachte Person“, sagt er.

Entstanden war das aus einem Spaß und der Kombination der Namen zweier bekannter DJs. Irgendwann hatte es sich so verselbstständigt, dass ein Party-Magazin titelte: „Italiener tritt im Tanzcafé auf“. Torsten Happe musste also verkleidet hinter das DJ-Pult. „Niemand hat es so richtig gemerkt, dass ich es bin“, sagt er.

Torsten Happe (l.) und Lars Josten auf einem Promo-Bild in den frühen 2000er Jahren.
Torsten Happe (l.) und Lars Josten auf einem Promo-Bild in den frühen 2000er Jahren. © Archiv Josten

Hit in der Ukraine

Als DJ-Duo hatten beide über einige Jahre eine „Residency“ mit festem Abend auf Ibiza. Wenn dort die Saison endete, begann die Saison in den Ski-Orten der Alpen. „Das Leben war schön“, sagt Lars Josten.

Um 2008 herum erreichte sie die Nachricht, dass einer ihrer Tracks ein Hit in der Ukraine sei. In der Zeit der „orangenen Revolution“ verbreitete sich „Power“ im Land. Kurz darauf reisten die beiden Dortmunder für einen Auftritt nach Kiew.

Die Musik schuf viele heitere Momente - aber auch bewegende. Torsten Happe erinnert sich an eine Begegnung nach einem DJ-Set. „Jemand kam zu mir und sagt, unsere Partys hätten ihm das Leben gerettet, weil ihm das in einer depressiven Zeit Mut gemacht hat.“

Begegnung im Plattenladen

Als „Todde“ in den frühen 1990ern House-Musik entdeckte, hatte House von Chicago aus als melodiöse, rhythmusorientierte und softere Weiterentwicklung von Techno erst ein paar Jahre zuvor ihre Reise um die Welt angetreten.

Josten und Happe begegneten sich in ihrer gemeinsamen Begeisterung für den Sound. „Wir waren am Anfang vor allem interessiert an der Musik“, sagt Josten. Treffpunkte waren Plattenläden in Dortmund, Essen, Düsseldorf, Köln oder Münster.

Ein Blick in eine "zuHouse"-Partymenge in den 2000er-Jahren.
Ein Blick in eine "zuHouse"-Partymenge in den 2000er-Jahren. © Archiv Josten

Promo per Hand

Sie begannen, ihre Platten-Entdeckungen mit anderen zu teilen. 1995 waren sie nach eigener Aussage „die ersten House-DJs in Dortmund“.

Nach und nach fand sich ein Publikum für House. Das passierte zunächst an unterschiedlichen Orten. Es fallen Namen wie „Factory“, „Ballhaus“ oder „Tanzcafé Hösl’s“. Pure Nachtleben-Nostalgie für alle über 40.

Die technische Revolution hatte damals weniger Beats per Minute als heute. Wer ein Event bewerben wollte, musste viel Arbeit investieren. Im Falle der Dortmunder House-Partys hieß das: echte Briefe als frühe Newsletter, Sammel-SMS als What’sApp-Vorläufer. „Und wieviel wir rumgefahren sind, um Flyer zu verteilen“, sagt Torsten Happe.

Das Ende des Clubs vor knapp 15 Jahren passte rückblickend gut in die Lebensplanung der beiden Dortmunder. Sie haben sich andere Leben aufgebaut und sind froh darüber. Aber für beide spielt House-Musik immer eine Rolle.

2011 nahmen sie ihr Konzept aus dem Club als Partyreihe wieder auf. Fast acht Jahre lang waren sie Teil des Programms im „Daddy Blatzheim“ im Westfalenpark. In der Corona-Krise sahen sie die Dortmunder Nachtleben-Legende schließen. Die „zuHouse“-Party zog 2021 in die „Oma Doris“ um.

Die beiden Macher haben den Moment erlebt, in dem sie realisiert haben, dass sie jetzt diejenigen sind, deren Feierkultur und Musik „alt“ ist, als sie plötzlich die letzte Elektro-Party im Programm waren.

Sie wirken, als kämen sie gut damit zurecht. Die „zu House“-Nächte hätten den Charakter von „Klassentreffen“. Daran sei nichts falsch. „Es kommen viele Leute, die diese Reise von damals noch mal zurück haben wollen“, sagt Lars Josten.

Zum Thema

25 Jahre „zuHouse“

Die Jubiläumsparty im Oma Doris, Reinoldistraße 2, beginnt am 25. Oktober (Freitag) um 22.45 Uhr.

DJs sind Lars & Todde (aka zuHOUSE Rocker) sowie Raphael & Gordon (aka The Disco Boys).

Tickets (20 Euro) im Vorverkauf unter www.zuhouse.ticket.io oder an der Abendkasse.