Zwei Neonazi-Angriffe in einer Woche Was macht das mit der Stimmung auf der Brückstraße?

Zwei Neonazi-Angriffe: Aber keine Spur von Angst auf der Brückstraße
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Zwei körperliche Angriffe an derselben Straße. Beide Male in der Nacht von Samstag auf Sonntag, beide Male zwischen 2 und 3 Uhr morgens. Und beide Male sieht die Polizei Dortmund Bezüge zum Rechtsextremismus. Im ersten Fall sei „Heil Hitler“ gerufen worden, in beiden Fällen wurden bekannte Neonazis als Verdächtiger identifiziert.

Beide Taten spielten sich auf oder am Rand der Brückstraße ab, praktisch der einzigen Anlaufstelle der City, wo man nachts noch etwas zu essen bekommt. Die Wege des Dortmunder Nachtlebens führen wie in einem Trichter auf diese Straße.

Besonders gewalttätig war die erste Tat in der Nacht zum 20. Mai. Zwei wohnungslose Frauen (39 und 55) saßen auf der Straße, fast ganz am Anfang nahe der Reinoldikirche. Mindestens vier Männer gingen laut Polizei auf sie zu, einer trat der 55-Jährigen mit dem Fuß ins Gesicht.

Genau eine Woche später wollte ein 19-Jähriger einen Gastronomiebetrieb verlassen, als ihm plötzlich eine Person von hinten gegen den Kopf geschlagen und ihn beleidigt habe, so die Polizei. Der junge Mann flüchtete in eine Bar.

Viele sagen, sie wissen nichts

Was machen solche Taten mit der Stimmung unter den Gastronomen, die bis spät in die Nacht hier Menschen verpflegen - und die fast ausschließlich Migrationshintergrund haben? Den Aussagen zufolge, die unsere Umfrage am Dienstag (30.5.) gebracht hat: gar nichts. Der Großteil habe nichts von den Angriffen mitbekommen und überhaupt nicht gewusst, dass sie überhaupt geschehen sind.

Ob hier in der letzten Zeit auffällige Gruppen unterwegs seien, fragen wir bei allen nachts geöffneten Betrieben. „Komische Gruppen gibt‘s hier viele“, sagt ein Mann, der vor einem Ofen steht: „Die ganze Welt ist komisch geworden.“ Aber Besonderes sei ihm nicht aufgefallen.

„Türkische oder deutsche Nazis?“

Ein anderer Mann fragt: „Türkische Nazis oder deutsche Nazis?“ Schließlich sind an den türkischen Wahlabenden einige rechtsgerichtete Türken in Gruppen unterwegs gewesen. Und offenbar ist die Frage zu den aktuellen Fällen gar nicht so klar zu beantworten. Seit einiger Zeit sollen Rechtsextremisten mit unterschiedlichen familiären Hintergründen gemeinsame Sache machen, vereint etwa in Hass gegen Minderheiten und Gewaltbereitschaft.

Ein anderer Mann, den wir an der Brückstraße ansprechen, weiß um diese Hintergründe, weil er sich mit der Szene auseinandersetzt. „Wir kennen die Gesichter“, sagt er: „Anders als unser Oberbürgermeister.“ Thomas Westphal hatte sich kürzlich mit dem bekannten Neonazi Steven Feldmann fotografieren lassen.

Seit etwa zwei Wochen bemerke man „Scharmützel“ an der Brückstraße, sagt der Anlieger. Doch der Großteil seiner Nachbarn gibt an, nichts Außergewöhnliches mitbekommen zu haben. Zum Teil weil sie in den betreffenden Nächten nicht gearbeitet hätten, und wohl auch, weil sie einfach nicht über das Thema sprechen wollen.

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