
© Berthold Fehmer
Zerstörte Wahlplakate: Vandalen sind überall und schonen keine Partei
Wahlkampf falsch verstanden
Es passiert immer wieder, und es passiert allen Parteien: Ihre Wahlplakate werden beschmiert, gestohlen oder zerstört. Der Staatsschutz ermittelt zwar, Täter werden aber fast nie gefasst.
Die CDU hat den Plakatierungswahlkampf in diesem Jahr mit Dreiecksständern auf Brücken eröffnet. Es hat nicht lange gedauert, bis die CDU-Slogans mit professionell gemachten Aufklebern überdeckt worden sind.
Das Konterfei von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz wurde vielfach mit einem Hitlerbärtchen versehen. Der AfD wurden gleich komplette Plakate gestohlen.
Es ist wie immer im Wahlkampf: Die Parteien geben viel Geld aus und ihre ehrenamtlichen Mitstreiter vor Ort eine Menge Freizeit her, um Plakate aufzuhängen und ständig wieder auszubessern.
AfD-Sprecherin Simone Paulsen und Direktkandidat Detlef Bauer beklagen, dass „seit Beginn des Bundestagswahlkampfes bisher über 100 Plakate der AfD zerstört, beschmiert oder entwendet wurden.“ Sogar Kinder seien bei dieser Form der Sachbeschädigung schon ertappt worden.
Polizei: Keine Häufung an bestimmten Orten
Die Parteien erstatten in der Regel Anzeige, die Ermittlungsakten wandern zum Staatsschutz. Wie eine Sprecherin der Kreispolizei Recklinghausen auf Anfrage mitteilte, hat es bisher einige Anzeigen verschiedener Parteien gegeben, die die Zerstörung von Plakaten im „hohen zweistelligen Bereich“ gemeldet haben. Tatorte seien im gesamten Stadtgebiet zu finden, kein Stadtteil sei besonders betroffen. Feststellbar sei allerdings, dass AfD-Plakate häufiger Ziel von Vandalismus seien als andere.

Die AfD beklagt, das Plakate nicht nur beschmiert, sondern gleich abgerissen oder gestohlen werden. © privat
Stefan Erbe von der Dorstener SPD bestätigt, dass Schmierereien und Diebstähle überall im Stadtgebiet vorkommen. Bei den Scholz-Plakaten seien auffällig viele mit rechten Slogans besudelt worden, viele in der gleichen Schrift mit den gleichen Parolen. „Dem Sozialdemokraten Olaf Scholz Hitlers Schrift ,Mein Kampf‘ statt eines Briefwahlumschlages in die Hand zu drücken, zeugt schon von einer ziemlichen historischen Ahnungslosigkeit“, sagt Stefan Erbe.
Ehrenamtliche Parteimitglieder beheben die Schäden
„Das Beschmieren oder Zerstören von Wahlplakaten ist keine kluge, politische Auseinandersetzung.“ Auch Ludger Samson von der CDU hat kein Verständnis für die Zerstörungswut, die immer wieder die ehrenamtlichen Helfer der Parteien auf den Plan ruft und zum Austausch der kleinformatigen Plakate zwingt. Um die „Wesselmänner“ (die Firma Wesselmann ist in der Wahlwerbung zum Synonym für mobile Großflächen geworden) kümmern sich dagegen die Parteizentralen. Hier ist der Austausch von Plakaten deutlich kostspieliger als am Laternenpfahl.

Christian Lindner von der FDP, hier zum „Niemand“ unkenntlich gemacht. © Berthold Fehmer
Am Ende, da ist Christdemokrat Ludger Samson ziemlich sicher, entscheiden Wahlplakate über keine einzige Stimme. „Aber sie dienen halt dazu, Aufmerksamkeit für eine bevorstehende Wahl zu erzielen.“
Auch wenn viel über mit Plakaten „zugepflasterte“ Innenstädte diskutiert werde, eine Demokratie müsse diese Art des Wahlkampfes für einige Wochen wohl aushalten, sagt Samson. Da ist er mit den Vertretern aller Parteien einig.
Geboren und geblieben im Pott, seit 1982 in verschiedenen Redaktionen des Medienhauses Lensing tätig. Interessiert an Menschen und allem, was sie anstellen, denken und sagen.
