Wochenlang im Koma Mann schlägt Opfer vor einer bekannten Herberge in Dorsten halbblind

Wochenlang im Koma: Mann schlägt Opfer vor Herberge Lembeck halbblind
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Der laue Sommerabend begann entspannt. Am Grillplatz des Biergartens der früheren Jugendherberge in Lembeck, die inzwischen unter dem Namen „Herberge Herrlichkeit“ auch als Monteurs-Unterkunft vermietet wird, trafen sich unterschiedliche Hausgäste, um das August-Wochenende zu genießen. Hier eine russisch-sprachige Fraktion, dort ein paar Polen - alle waren bei Firmen in Dorsten und Umgebung beschäftigt.

Doch dann kippte die Stimmung. Denn einer der polnischen Männer entwendete von einem 32-jährigen Letten einen Kasten Bier, der noch halbvoll war - und dies führte zu einer Auseinandersetzung, die mit einer lebensbedrohlichen Verletzung für den Polen endete.

Der lettische Täter, der als Sortierer in einem Dorstener Logistikbetrieb arbeitet und derzeit in Wulfen wohnt, musste sich am Mittwoch (22.3.) vor dem Schöffengericht für die Gewalttat verantworten. Das Opfer, das sich an die Geschehnisse nicht mehr erinnern kann, lebt längst wieder in seiner Heimat Polen und blieb der Verhandlung fern.

Der Angeklagte legte ein umfassendes Geständnis ab. Zeugen schilderten, dass der 32-Jährige von dem Polen nicht nur bestohlen, sondern auch mehrfach provoziert wurde. Das spätere und ungefähr 50 Jahre alte Opfer warf dem Beschuldigten - beide waren angetrunken - den Kasten Bier vor die Füße, sodass die Flaschen kaputt gingen, und forderte ihn auf, mit auf die Straße zu kommen, um dort den Streit fortzusetzen. Der Lette blieb nach Zeugenangaben ruhig - bis der Pole ihn zu schlagen versuchte und von hinten schubste.

„Dann habe ich ihn geschlagen, ein-, zweimal“, ließ der nicht der deutschen Sprache mächtige Angeklagte über den Dolmetscher erklären. Nach den Schlägen bat er Zeugen, die Notrufnummer zu wählen. Denn die Schläge waren so wuchtig, dass sich sein Kontrahent eine Mittelgesichtsfraktur, einen Nasenbeinbruch und schwere Verletzungen an den Augen zuzog, sodass er seitdem auf einem Auge blind ist. Zudem musste er wochenlang in ein künstliches Koma versetzt werden.

„Womöglich verliert er sein Augenlicht komplett“, schrieb seine polnische Chefin kürzlich einem ermittelnden Kripo-Beamten. Er werde demnach nie wieder so arbeiten können wie früher und habe auch psychisch so sehr unter den Folgen zu leiden, dass er „nicht wiederzuerkennen ist“.

Mehr als zwei Jahre Haft

Der Staatsanwalt sah zwar eine gewisse Notwehrlage - „diese rechtfertigte aber nicht derartige Schläge, dass sogar Lebensgefahr bestand“. Er forderte eine zweieinhalbjährige Gefängnisstrafe. Der Verteidiger plädierte auf eine zweijährige Bewährungsstrafe und sein Mandant betonte, dass er sein Opfer nicht so schwer habe verletzen wollen: „Das tut mir sehr leid.“ Das Schöffengericht tat sich nach eigener Aussage schwer bei der Urteilsfindung: „Aufgrund der immer noch schweren Folgen der Verletzungen kommt eine Bewährungsstrafe aber nicht infrage.“

Urteil: zwei Jahre und drei Monate Haft - der Rechtsanwalt kündigte an, dagegen in Berufung gehen zu wollen.

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