
© Grafik Leonie Sauerland
Wegen Umgang mit Coronakrise: Ratssitzung in Dorsten gerät zur Farce
Coronakrise
Statt Gemeinsamkeiten eine heftige verbale Auseinandersetzung: Die Sitzung des Dorstener Stadtrats geriet wegen des Umgangs mit der Coronakrise zur Farce. Mittendrin: ein schwarzer Rabe.
Die anderen Ratsfraktionen glaubten, man hätte sich im Vorfeld auf eine gemeinsame Linie verständigt. Doch eine Partei scherte unerwarteter Weise aus. Und so geriet die jüngste Dorstener Ratssitzung in der Mehrzweckhalle Altendorf-Ulfkotte zu einer politischen Farce.
Und ein schwarzer Rabe hämmerte dabei immerfort den Takt.
Widerstand der SPD
Es ging dabei um den Beschlussvorschlag der Verwaltung, für die Dauer der Corona-Pandemie die Entscheidungsbefugnisse des Rates auf den deutlich kleineren Haupt- und Finanzausschuss zu übertragen. Für den Fall der Fälle, gemeint war eine zweite Infizierungswelle, sollte dies sogar bis zum Ende der derzeitigen Wahlperiode gelten. Eine jüngst erfolgte Änderung der NRW-Gemeindeordnung hätte diese „Selbstentmachtung“ des Rates möglich gemacht.
Friedhelm Fragemann, Vorsitzender der SPD-Fraktion, kündigte jedoch Widerstand an. Wegen der jüngsten Lockerungen sei das Thema überholt, Rat und Ausschüsse könnten und sollten „wieder richtig arbeiten“, deswegen wolle die SPD gegen den Beschluss stimmen.
Schwarzer Rabe stört die Wortbeiträge
Immer wieder wurde sein Wort-Beitrag von einem schwarzen Raben gestört, der draußen mit seinem Schnabel gegen das Oberlicht der Halle haute und damit einen Lärm verursachte, als würden Bauarbeiter Löcher in den Bau meißeln wollen.
Bürgermeister Tobias Stockhoff zeigte sich vom Redebeitrag vor den Kopf gestoßen. „Stillos“, nannte er das SPD-Verhalten, Friedhelm Fragemann hätte Gelegenheit genug gehabt, seine Kehrtwende (oder die der Partei) zu dem „Vorratsbeschluss“ vorher allen mitzuteilen.
Zu einem Beschluss also, der laut Stockhoff auch dazu dienen sollte, die politische Arbeit sicherzustellen, sollten Ratsmitglieder, von denen viele zur Risikogruppe zählen, irgendwann doch noch mal coronavirus-bedingt ausfallen.
Bürgermeister ist pikiert D
Der Bürgermeister kündigte pikiert an, den eigenen und von ihm selbst unterschriebenen Verwaltungsvorschlag nicht mittragen zu wollen, sollte dieser keinen allseitigen Konsens finden.
Und der Rabe? Flog zum nächsten Hallen-Fenster und machte von dort aus Radau. In der Mythologie, so heißt es übrigens im Internet, wird der Rabe oft mit „Tod, Hexerei oder Schwarzer Magie“ assoziiert.
Die SPD-Haltung rief bei den anderen Parteien Kopfschütteln hervor. „Nicht nachvollziehbar“, befand Susanne Fraund (Die Grünen) den Fragemannschen Rückzieher. Lutz Ludwig (FDP) nahm das böse W-Wort (Wahlkampf) in den Mund, Bernd Schwane (CDU-Fraktionschef) meinte aufgebracht, die SPD würde „die Gemeinsamkeiten aufkündigen, die bislang alle Fraktionen in der Corona-Krise gezeigt“ hätten.
„Habe kein Unrechtsbewusstsein“
Fragemann äußerte während des verbalen Scharmützels hingegen, er habe „kein Unrechtsbewusstsein“, denn er hätte schon eine Woche vorher im Haupt- und Finanzausschuss seine Meinung so kund getan.
Und der Rabe? Flog zum nächsten Hallen-Fenster und machte von dort aus weiter lauten Krach. Der Rabe, so heißt es übrigens im Internet, könne zwar ein Symbol für Intelligenz, aber auch „für persönliche Veränderung, Täuschung und Manipulation“ sein.
Von der Tagesordnung genommen
Die CDU beantragte eine Sitzungspause. Wohl aus Sorge, sie könnte bei einer Abstimmung für den Verwaltungsvorschlag die notwendige Zweidrittel-Mehrheit nicht zusammenbekommen, stellte die CDU danach den Antrag, den strittigen Tagesordnungspunkt ohne Abstimmung wieder zu verlassen.
Darüber herrschte auf einmal wieder traute Einigkeit: „Einstimmig angenommen“, so lautete das Votum des Rates.
„Kindergarten“, so nannte Wilhelm Zachraj (Die Linke) diese Diskussion. Und der Rabe? Flog zum nächsten Hallen-Fenster und machte von dort aus weiterhin Rabatz. Raben, so sagt übrigens das Internet, „spielen gerne herum und haben Spaß am Unfug machen“.
Geboren 1961 in Dorsten. Hier auch aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach erfolgreich abgebrochenem Studium in Münster und Marburg und lang-jährigem Aufenthalt in der Wahlheimat Bochum nach Dorsten zurückgekehrt. Jazz-Fan mit großem Interesse an kulturellen Themen und an der Stadtentwicklung Dorstens.
