Es war eine wilde Verfolgungsjagd mit actionfilm-reichen Szenen. Dorstener Bürger, die nachts von einem Polizeihubschrauber geweckt wurden. Streifenwagen, die von dem mit bis zu 170 km/h flüchtenden Fahrer gerammt worden waren. Dazu Straßensperren, die dreist missachtet wurden. Sowie ein Beamter, der einen Warnschuss abgab. Und ein dicker Begrenzungsstein, der von dem Fluchtfahrzeug in einen Vorgarten katapultiert wurde und dort einigen Schaden anrichtete.
Das spektakuläre Geschehen spielte sich im 23. Oktober 2023 ab – und fand am Mittwoch (15.1.) sein juristisches Nachspiel vor dem Dorstener Schöffengericht. Auf der Anklagebank: der Fahrer des Wagens – ein 41-jähriger Mann aus Haltern, ohne Schulabschluss, arbeitsloser Vater von drei Kindern, drogenabhängig und wegen psychischer Probleme unter rechtlicher Betreuung stehend.
Mit einem Kumpel betrieb er damals eine Art „Schrauber-Werkstatt“ unter freiem Himmel auf einem Grundstück nahe der Stadtgrenze von Dorsten und Kirchhellen.
Und dort an der Gladbecker Straße/Grenzstraße begann die damalige Geschichte. Nachts um 2 Uhr hatte die Polizei Hinweise bekommen, dass in der Nähe ein Anwohner ein Auto mit Steinen beschädigt haben soll. Kurze Zeit später kam der Angeklagte mit einem Bekannten auf dem Beifahrersitz von Haltern aus dort vorgefahren, würgte zunächst den Motor des Wagens ab, als er die Beamten mit ihren Taschenlampen sah – und machte sich dann aus dem Staub.
„Angst bekommen“
„Ich hatte Angst bekommen“, sagte er aus. Denn der 41-Jährige hat nie einen Führerschein besessen, das seinem Bruder gehörende Auto war längst abgemeldet und vom Beschuldigten mit einem falschen Nummernschild versehen worden. Außerdem hatte der Angeklagte vor der Fahrt einiges an „Speed“ geschnupft und rund drei Gramm Amphetamine bei sich.
Die Polizei nahm die Verfolgung auf, die von Dorsten über Marl nach Recklinghausen und wieder zurückführte. In einem Kreisverkehr wurde das Fluchtfahrzeug bei einer Kollision beschädigt, dann von den beiden Insassen an der Schölzbachbrücke an der Gelsenkirchener Straße/Tönsholter Weg zurückgelassen.
Fahrer und Beifahrer machten sich zu Fuß aus dem Staub, konnten aber am frühen Morgen am ursprünglichen Einsatzort in dem Kleingarten vorläufig festgenommen werden.
„Sie waren eine Riesengefahr für sich und vor allem für andere“, so Strafrichterin Lisa Hinkers zu dem Angeklagten, der angab, seit Jahren rauschgiftabhängig zu sein.
Auf die Frage, wo er als Bürgergeld-Empfänger das Geld für die Drogen herhat, wollte er sich lieber nicht äußern. „Diese Anklage ist deshalb nur die Spitze eines Eisbergs“, entgegnete die Richterin.
20 Vorstrafen
Schon in seiner Jugend war der Beschuldigte straffällig geworden, hat 20 Vorstrafen in seinem Register stehen – und stand zur Tatzeit unter Bewährung. Das Schöffengericht verurteilte den Mann deshalb zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten.
Sein Anwalt deutete aber bereits an, in Berufung gehen zu wollen – auch in der Hoffnung, dass sein Mandant bis zu einem möglichen Landgerichts-Termin einen erfolgreichen Drogenentzug hinbekommt.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 15. Januar 2025.