Stadt will Flüchtlingsunterkunft in Dorsten bauen Anwohner kritisieren Zeitdruck

Stadt will Flüchtlingsunterkunft bauen: Anwohner kritisieren Zeitdruck
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Auf einer städtischen Fläche an der Ecke Halterner Straße/Hellweg soll die Dorstener Wohnungsgesellschaft ein Mehrfamilienhaus mit sechs bis zwölf Wohneinheiten errichten, in dem maximal 50 Geflüchtete unterkommen könnten. Vor allem Familien.

Dass auch alleinstehende Menschen aufgrund der jeweiligen Zuweisungssituation dort untergebracht werden könnten, sei nicht auszuschließen. „Hier wäre die maximale Belegungsquote sicherlich geringer“, so die Verwaltungsvorlage, die vom Integrationsrat, Sozialausschuss und Rat der Stadt beschlossen werden muss.

Geplant ist, dass die entstehenden Wohnungen nach Wegfall des städtischen Bedarfs auf dem Dorstener Wohnungsmarkt angeboten werden sollen.

„Intensive Abwägung“

Im Stadtteil Hervest sei bislang kein Mehrfamilienhaus zur Unterbringung von Geflüchteten verfügbar, so die Stadt. Baurechtliche Voraussetzungen lägen dort ebenfalls vor. Die Auswahl des Grundstücks sei nach intensiver Abwägung erfolgt.

Kevin Bockholt wurde wie die andern direkten Anwohner am Freitagabend (4. August) bei einem Informationsabend, moderiert von der Ersten Beigeordneten Nina Laubenthal, über das Vorhaben unterrichtet. Schon den Termin in den Sommerferien hält Bockholt für unglücklich: „Damit möglichst wenig Leute erscheinen?“

Dabei sei der Termin bewusst ausgewählt worden, wie Laubenthal beim Info-Abend erklärte. Denn im Tagesverlauf des 4. August sei die entsprechende Beschlussvorlage für den Integrationsrat (tagt am 14. August) öffentlich einsehbar ins Ratsinformationssystem hochgeladen worden. Laubenthal dazu: „Uns war es wichtig, die direkten Anlieger persönlich zu informieren, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht öffentlich über das Thema berichtet wurde.“

Die städtische Fläche an der Halterner Straße soll mit einem Wohngebäude für Geflüchtete bebaut werden.
Die städtische Fläche an der Halterner Straße soll mit einem Wohngebäude für Geflüchtete bebaut werden. © Michael Klein

„Unstrittig“ ist für Bockholt das Vorhaben, Wohnraum für Geflüchtete zu schaffen. Und auch, dass dies in Hervest erfolge. Aber es gebe sicherlich attraktivere Flächen „als das letzte kleine Stück Wiese“. Anwohnerin Carina Stölting weist auf Fledermäuse hin, die dort regelmäßig fliegen und gestört werden könnten. „Fledermäuse sind sehr ortstreu und lassen sich nicht so einfach umsiedeln. Unsere Nachtschwärmer sind waschechte Hervester. Das geplante Bauvorhaben gefährdet die vom Aussterben bedrohten Tieren und könnte die ortsansässige Population nachhaltig minimieren.“

Die Fläche sei an der viel befahrenen Halterner Straße „alles andere als passend für hauptsächlich schutzsuchende Familien“, so Bockholt. Die Grünfläche diene zugezogenen Familien als Spielfläche, „wo doch der dort befindliche Spielplatz in der Vergangenheit schon abgeschafft wurde“. Es sei auch fraglich, wie sich das geplante dreigeschossige Gebäude in das Wohnbild des Quartiers integriere.

Zeitdruck wird kritisiert

Außerdem sei der Zeitdruck für die Anwohner ein Problem. „Man hat keine Zeit, sich damit zu befassen“, sagt Bockholt. Dass die Zeit drängt, hängt damit zusammen, dass die Stadt für die Schaffung, Unterhaltung und Herrichtung von Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete, 1,75 Millionen Euro vom Land erhalten hat, die bis zum 31. Dezember 2023 verbindlich verplant sein müssen - und ansonsten zurückgezahlt werden müssten.

Bockholt kritisiert, dass bei der Anwohnerinformation nicht wirklich auf die mehrmalige Nachfrage nach alternativen Flächen eingegangen worden sei. Er stelle sich als Bürger der Stadt Dorsten die Frage, „inwiefern Interessen und Belange, aber auch Ängste und Wünsche überhaupt wahrgenommen und ernst genommen werden“.

Bürgermeister Tobias Stockhoff entgegnete, er habe an diesem Abend selbst erklärt, dass die Stadt etwa 20 bis 30 Flächen im Stadtgebiet voruntersucht habe und später dann konkrete einzelne Flächen bewertet habe: „In Hervest war das u.a. eine ‚Grünfläche‘ an der Wasserstraße. Diese Fläche kam aus bauordnungs- und planungsrechtlichen Gründen sowie aus Gründen der Eigentumsverhältnisse am Ende nicht infrage.“

Bockholt erscheine der Abend hingegen „als peinliche, rechtfertigende Vorstellung bereits intern beschlossener Dinge“, so Bockholt. Wobei die Vorlage für die Ausschüsse deutlich macht, dass natürlich die Politik das letzte Wort hat.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 8. August 2023.

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