
© Guido Bludau (A)
Sprengstoff-Razzia auch in Dorsten: Chemikalien und illegale Waffen
Gerichtsprozess
Bei einer Groß-Razzia legte die Polizei 2019 die Internet-Sprengstoff-Plattform „xplosives.net“ still. Auch bei einem Mann aus Dorsten wurden Beamte fündig. Jetzt stand er vor Gericht.
Nachdem die Polizei am 20. August 2019 die frei im Internet zugängliche Sprengstoff-Plattform „xplosives.net“ stillgelegt hatte, fuhr bei einer internationalen Groß-Razzia mit 1.000 eingesetzten Beamten gegen 7 Uhr eine spektakuläre Kolonne von Einsatzfahrzeugen auch an der Straße „Am Stuvenberg“ in Rhade vor. Darunter ein Panzerwagen, der zur Sicherung von Sprengstoffen dient.
Denn auch der Mann aus Rhade war ins Visier der Strafverfolgungsbehörden geraten. Er gehörte zu den 360 aktiven Mitgliedern, die sich online über Sprengstoffe und zum Teil auch über den Bau von Waffen austauschten.
Bei der Wohnungsdurchsuchung des damals 30-Jährigen sicherten die Einsatzkräfte jedenfalls eine Menge Chemikalien, Patronen-Munition, USB-Sticks - und fanden zwei Gegenstände, die dem Mann jetzt ein Verfahren vor dem Dorstener Schöffengericht einbrachten - wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und unerlaubten Waffenbesitzes.

Bei der Wohnungsdurchsuchung sicherten die Einsatzkräfte eine Menge Chemikalien, Patronen-Munition und USB-Sticks. © Guido Bludau (A)
Vor allem der erste Vorwurf ist normalerweise eine schwere Straftat: „Mein Mandant ist aus allen Wolken gefallen, als er hörte, dass die Strafe dafür von einem Jahr bis zu fünf Jahren ausfallen kann“, so sein Anwalt. „Aber wir reden hier doch nicht von einem Panzer, sondern von einer Sache von sehr überschaubarer Größe.“
„Andenken an die Bundeswehr“
Nämlich von einer 5,6 Millimeter-Geschosspatrone, die der Angeklagte vor 16 Jahren aus einer Kaserne mitgehen ließ. „Als Andenken an seine Bundeswehrzeit“, so der Anwalt. „Bleibt aber trotzdem Diebstahl oder Unterschlagung“, entgegnete Strafrichterin Lisa Hinkers.
Beim zweiten Anklagepunkt handelte es sich um eine 9 Millimeter-Gas-Signalpistole, also um eine Schreckschusswaffe, die der Mann im Internet erworben hatte. Das Problem dabei: Die Waffe ist in Deutschland nicht zugelassen, weil sie nicht das nötige Prüfsiegel aufweist.
Der Staatsanwalt attestierte dem Angeklagten einen Hang „zu allem, was knallt, das fasziniert ihn“. Doch der 32-Jährige, der jetzt woanders lebt, entgegnete, er habe lediglich „Chemie als Hobby“ gepflegt. „80 Prozent der Dinge, die ich damals hergestellt habe, waren legal“, betonte er, „die anderen 20 Prozent aber Dummheit“. Inzwischen habe er mit der Szene nichts mehr zu tun.
„Nicht unnötig kriminalisieren“
Der Staatsanwalt forderte ein Jahr und drei Monate auf Bewährung, der Verteidiger plädierte auf „minderschweren Fall“, das Gericht verhängte sechs Monate auf Bewährung, dazu 600 Euro Geldstrafe. „Wir wollen das alles nicht verharmlosen, ihn aber auch nicht unnötig kriminalisieren“, hieß es.
Zumal der Angeklagte bislang nur eine Vorstrafe hat: Er war unberechtigt in ein stillgelegtes Bergwerk eingedrungen und hatte davon unvorsichtigerweise ein Foto auf einer „Verlassenen-Orte“-Internetseite gepostet.
Geboren 1961 in Dorsten. Hier auch aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach erfolgreich abgebrochenem Studium in Münster und Marburg und lang-jährigem Aufenthalt in der Wahlheimat Bochum nach Dorsten zurückgekehrt. Jazz-Fan mit großem Interesse an kulturellen Themen und an der Stadtentwicklung Dorstens.
