Sie jonglierten mit Hundertausenden von Euro, die Finanzbehörden waren lange Zeit völlig ahnungslos. Ein Familienvater aus Dorsten soll gemeinsam mit seinem Bruder in einen großangeklagten Schwarzgeld-Skandal verwickelt sein. Seit Donnerstag (2.3.) stehen die beiden Männer in Essen vor Gericht. Die Anklage lautet auf Steuerhinterziehung und Sozialbetrug. Der angebliche Schaden: mehr als 600.000 Euro.
Zum Prozessauftakt hat sich der 34-jährige Dorstener noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. Sein Bruder dagegen schon. Er nahm sofort alle Schuld auf sich. „Ich räume die Vorwürfe ein“, hieß es in einer von seiner Verteidigerin verlesenen Erklärung. Von einer echten Betrugsabsicht könne jedoch keine Rede sein. „Ich war nur eine leicht zu manipulierende Marionette, die ausgenutzt wurde.“
Einnahmen in bar abgehoben
Der 40-Jährige war 2016 mit einer eigenen Firma in die Reinigungsbranche eingestiegen. Er mietete ein Büro in Bottrop, sein Bruder aus Dorsten bekam Kontovollmacht. In der Folgezeit gingen in kurzer Folge hohe Zahlungen ein, die er oder sein Bruder in der Regel sofort wieder in bar abhoben. Insgesamt soll es sich dabei um über eine Million Euro gehandelt haben.
Das ging allerdings nur so lange gut, bis die Bank einen Geldwäscheverdacht meldete. Was die Steuerfahnder anschließend feststellten: Es gab praktisch keine Buchhaltung. Lohnsteuern wurden laut Anklage nur im Minimal-Bereich bezahlt, Umsatzsteuern gar nicht. Auch die Arbeitsverträge für die Mitarbeiter sollen nur zum Schein erstellt worden sein.
Steuerberater war gar keiner
Im Prozess vor der 1. Strafkammer des Essener Landgerichts schob der Bruder des Dorsteners, der zuvor als Kellner gearbeitet hatte, alles auf einen Bekannten: Dieser Mann habe im Hintergrund die Fäden gezogen und ihn geradezu gedrängt, in das Reinigungsgeschäft einzusteigen. „Ich fühlte mich aber auch geschmeichelt.“
Der Einstieg in die Selbstständigkeit sei ihm auch deshalb relativ leicht gefallen, weil er sich um nichts habe kümmern müssen. „Das sollte alles ein Steuerberater machen.“ Dass dieser Mann gar kein Steuerberater war, habe er erst später herausgefunden.
„Zuschauer in meiner Firma“
Tatsächlich habe er immer nur auf Anweisung gehandelt. „Ich war wie ein Zuschauer in meiner eigenen Firma und habe gestaunt, wie professionell und reibungslos alles lief“, so seine Erklärung.
Sein Bruder aus Dorsten habe ihn zwar beraten und ihm bei den Bargeldabhebungen auch geholfen. Ansonsten habe er mit den illegalen Machenschaften jedoch nichts zu tun. „Er wollte mir einfach nur einen Gefallen tun“, so der 40-Jährige.
Der Prozess wird fortgesetzt. Mit einem Urteil ist voraussichtlich Mitte März zu rechnen.
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