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Energiewende: Schmale Kabel blockieren Solarstrom vom eigenen Hausdach
Ökostrom aus Privathaushalten
Theoretisch kann jeder Hausbesitzer mit selbst erzeugter Solarenergie die bundesweite Ökostrombilanz verbessern helfen. Praktisch scheitert die Einspeisung oft an untauglichen Netzen.
Die Bundesregierung hat ein hehres Ziel ausgegeben: Damit weniger Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen, soll der Anteil erneuerbarer Energieträger am deutschen Bruttostromverbrauch bis 2030 auf 65 Prozent steigen. Im Kleinen könnte jeder mit einer privaten Photovoltaikanlage helfen.
Beispiel Fröndenberg am östlichen Rand des Ruhrgebiets: Die Kommune gehört mit einem Anteil von bis zu 10,9 Prozent, gemessen am Potenzial, das sämtliche Dachflächen in der Stadt hergeben, zu den Vorreitern bei der Erzeugung von Solarstrom.
Solarenergie nicht komplett im Haus nutzbar
Im Durchschnitt werden im Regierungsbezirk Arnsberg nur rund fünf Prozent der geeigneten Flächen für Photovoltaik genutzt. Der größere Anteil in Fröndenberg ist Fluch und Segen zugleich: Denn wer Solarstrom in die öffentlichen Netze einspeisen will, darf das neuerdings in Fröndenberg sehr häufig gar nicht mehr.
Er frage sich, „weshalb ich in meinem Bekanntenkreis nur von Absagen höre“, berichtet ein Eigenheimbesitzer aus dem Ruhrtal in Fröndenberg. Seinen Namen möchte er nicht mitteilen, „da ich mir selbst bei meiner Antragstellung keine Steine in den Weg legen möchte“.
Der Fröndenberger möchte sein Haus energetisch umrüsten: „Ich habe eine Wärmepumpe, die ich mit Ökostrom betreibe“, erzählt er, „gerne würde ich meinen eigenen Strom produzieren, für die Umwelt und auch um autark sein zu können.“
Daher möchte er eine PV-Anlage mit einer Leistung von 10 kWp beantragen und den überschüssigen Solarstrom ins öffentliche Netz einspeisen. Selbst könne er halt nicht alles nutzen, „da nicht die ganze Zeit jemand zu Hause ist. Und die Sonne scheint nun mal den ganzen Tag, auch Akkus sind irgendwann voll“, schildert der Mann.
Kapazitäten des Stromnetzes werden überwacht
Nun befürchtet er, dass es ihm wie vielen seiner Nachbarn ergeht: Die Einspeisung wurde ihnen nicht gestattet. Hintergrund: Wer aus einer privaten PV-Anlage überschüssigen Strom ins öffentlich Netz leiten will, benötigt eine Einspeisezusage des örtlichen Netzbetreibers.
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Die Netze des kommunalen Energieversorgers in Fröndenberg reichen an vielen Stellen dafür aber nicht aus. „Wir müssen den Transport der Energie gewährleisten“, heißt es bei den Stadtwerken Fröndenberg-Wickede zu der Problematik.
Die Stadtwerke beauftragen eigens einen Dienstleister, der das komplette städtische Stromnetz überwacht. In diesem Kontrollsystem sind auch sämtliche privaten PV-Anlagen, die einspeisen, anonymisiert hinterlegt.
Stellen Hausbesitzer nun einen Einspeiseantrag berechnet er die möglichen Kapazitäten und entscheidet, ob eingespeist werden kann oder nicht. Es komme auch vor, dass die Leistung der PV-Anlage reduziert werden muss, bevor eingespeist werden darf.
Größere Kabel oder neue Trafostationen erforderlich
Der Grund für die Strenge: Die mitunter alten Netze sind oft noch nicht dafür ausgelegt, dass mehr Strom transportiert werden kann. Unkontrolliert könne daher kein Solarstrom zusätzlich eingespeist werden, sagen die Stadtwerke.
Man reagiere schon seit Jahren damit, das Stromnetz aufzurüsten. Entweder reicht schon die Verlegung größerer Kabel oder es muss eine weitere Trafostation her.
„Dann frage ich mich allerdings, wie es möglich sein kann, dass eine Straße ohne Probleme beantragen kann und eine andere Straße immer wieder ausgebremst wird“, entgegnet darauf der Fröndenberger.
Das sei die Ironie des Schicksals, bedauert man bei den Stadtwerken: Weil bereits relativ viele Zusagen gegeben worden seien, müssten andere Ökostromwillige heute – noch – leer ausgehen.
Eine PV-Anlage installiert werde dürfe selbstverständlich trotzdem auf dem eigenen Hausdach – es gingen aber womöglich einige Kilowattstunden überschüssiger Leistung im Jahr verloren, wenn sie weder eingespeist noch von einer Batterie gespeichert werden könnten, räumen die Stadtwerke ein.
Immerhin würden Einspeisezusagen nur befristet gegeben: Tue sich auf dem Hausdach baulich nichts und werde damit kein Sonnenstrom eingespeist, verfalle die Genehmigung nach gewisser Zeit wieder.
Geboren 1972 in Schwerte. Leidenschaftlicher Ruhrtaler. Mag die bodenständigen Westfalen. Jurist mit vielen Interessen. Seit mehr als 25 Jahren begeistert an lokalen Themen.
