
© Barbara Seppi
Romy Camerun: Die unverfälschte Seele des Jazz
Konzert
Romy Camerun präsentierte ein fulminantes Konzert in ihrer Heimatstadt. Die Begeisterung des Publikums für Jazz-Sängerin war aber nicht nur aus Lokalkolorit-gefärbtem Grund immens.
Die Bühne gehörte am Samstag im Gemeinschaftshaus Wulfen zunächst Veranstalter Bernd Zimmermann von Public Jazz. Der Macher der Reihe „Fine Art Jazz“ bedankte sich bei den Sponsoren und dem Spielort. Aufgrund der Corona-bedingten Hygienekonzepte hätten im ursprünglichen Raum im „Das Leo“ nur rund 20 Zuhörer Platz gehabt, der Förderverein ProGHW des Gemeinschaftshauses war eingesprungen und hatte die Agora am Wulfener Markt organisiert.
Vorbildliches Abstandszenarium
„Ich bin ein großer Fan dieser erstklassigen Jazz-Reihe“, verriet Vorstandsmitglied Hans-Georg Schmidt-Domogalla. Im großen Saal kamen also viele in den Genuss, „Back to the roots“ live mitzuerleben. „Es ist richtig voll hier, ich sehe Unmengen weiße T-Shirts mit rotem Balken“, scherzte Zimmermann mit Hinweis auf die Sitzverbotsschilder zwischen den einzelnen Besuchern, Public-Jazz hatte ein vorbildliches Abstandsszenarium für das Publikum entwickelt.
Maya Fadeeva gastiert
- Große Freude für die Dorstener Jazz-Fans: „Fine Art Jazz“ verlegt aus organisatorischen Gründen das Konzert von Maya Fadeeva aus dem Gelsenkirchener Hans-Sachs-Haus ins Gemeinschaftshaus Wulfen.
- Die 33-jährige Sängerin mit russischen Wurzeln war sehr angetan von der Akustik und der Atmosphäre am Wulfener Markt, Veranstalter Susanne Pohlen und Bernd Zimmermann von der reibungslosen und freundlichen Kooperation mit der Leitung des Hauses und dem Förderverein.
- Das Konzert findet am 2. Oktober (Freitag), 20 Uhr, statt; Tickets im VVK 22 Euro, u.a in der Stadtinfo Dorsten, Recklinghäuser Straße 20, Tel. (02362) 308080 (zuzüglich 2 Euro VVK-Gebühr)
Musikalisch hieß „Back to the roots“ bei Camerun nicht nur, dass die ehemalige Ursulinenschülerin im einstigen Zuhause spielte. Seit Jahrzehnten verkörpert sie, die auch Dozentin für Jazz-Gesang an drei Konservatorien ist, die ursprüngliche Seele des Jazz. „Mein Idol ist nach wie vor Billie Holiday“, später sang sie mit „The Lady, who sang“ eine Hommage an die große Amerikanerin. Auftakt zum Konzert war „My favorite things“ von 1959.
Romy Camerun begleitete sich selber an den Tasten
Unzählige Jazz-Legenden haben den Klassiker schon gesungen, aber was heißt schon Klassiker. Wahre Künstler machen sich das Material zu eigen, auch Camerun. Ihre Version war von einer spritzen Leichtigkeit, schnörkellos klar und frisch, ob mit Text oder dem perlenden Scat-Gesang. Die Interaktion mit Marcello Albrecht (E-Bass) und Oliver Spanuth (Schlagzeug) vom ersten Moment an präsent, wach abgestimmt und spielfreudig. Und das nicht nur im Gesang, auch am Klavier. Romy Camerun begleitete sich selber an den Tasten und das war eine Entdeckung. Die Instrumental-Passagen des Abends standen einem reinen Jazz-Klavier-Trio in Nichts nach. Als ein Überraschungsgast des Abends, Maya Fadeeva, „Georgia on my mind“ zum Besten gab, veredelte Camerun das Lied am Piano mit sensationellen Blues-Improvisationen.
„Ich bin zu aufgeregt, um viele Ansagen zu machen“, etwas schelmisch blickte Romy Camerun bei diesen Worten, aber es war ihr Ernst. „Hier im Saal sind viele Leute, mit denen ich zur Schule gegangen bin oder die ich aus Jugendtagen kenne. Das ist schon ein etwas anderes Gefühl als vor vollkommen Fremden zu spielen.“ Aber ob alte Freunde oder das klassische Fine Art Jazz-Publikum aus dem gesamten nördlichen Ruhrgebiet, hingerissen waren am Ende alle von 90 Minuten unverfälschtem Jazz. Viel Applaus und selbstverständliche Zugaben.