Rock-Musical „Hedwig and the Angry Inch“ in Dorsten Viele Besucher gingen nach der Pause

„Hedwig and the Angry Inch“: Viele Besucher gingen nach der Pause
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Viele Besucher verließen nach der Pause die Aula. Im Programmheft angekündigt war eine vielfach preisgekrönte Produktion aus New York, bei der ein Mensch nach seiner wahren Identität sucht.

Merkwürdigerweise gibt die Hauptfigur am Anfang der Geschichte diese Identität aus einer spontanen Laune heraus auf: Aus einem Jungen wird eine Frau gebastelt, jedoch nicht etwa, weil er sich wirklich so fühlt. Diese OP, die dann auch noch missglückt und einen „angry inch“ - einen wütenden Zentimeter - als „Mahnmal“ hinterlässt, ist nur Mittel zum Zweck: Als „Hedwig“ kann „Hansel“ nämlich den schwarzen Sugardaddy Luther heiraten, so die DDR verlassen und in den USA die vermeintliche Freiheit finden.

Auf Menschen, die die enormen psychischen und körperlichen Qualen einer Geschlechtsumwandlung auf sich nehmen, weil sie tatsächlich im falschen Körper geboren wurden, muss so eine Darstellung respektlos wirken.

Rocksängerin Hedwig (Leon van Leuwen) erzählt von ihrer Jugend als Hansel Schmidt in Ost-Berlin.
Rocksängerin Hedwig (Leon van Leuwen) erzählt von ihrer Jugend als Hansel Schmidt in Ost-Berlin. © Sabine Bornemann

Die ganze Lebensgeschichte von Hedwig ist in ein Rockkonzert bei der späten Heimkehr von Hansel nach Ost-Berlin verpackt: Hedwig geht also in die USA. Sie tourt als Rocksängerin mit ihrer Band „The Angry Inch“ durch die ganze Welt. Mit der Frauenrolle muss sie sich jetzt abfinden, hat aber immer das Gefühl, dass etwas nicht stimmt.

Luther ist schon längst wieder weg. Hedwig coacht Tommy Gnosis, der mit ihren Songs ein Weltstar wird, aber den wahren Komponist verschweigt. Auf Konzertreise in Zagreb lernt Hedwig Yitzhak kennen, eine angesagte Drag-Queen. Die beiden heiraten unter der Bedingung, dass Yitzhak nie wieder eine Perücke trägt.

Hedwig verlangt also von ihrem neuen Mann, dass er sein Wesen verleugnen soll. Erst im Finale gestattet sie ihm, wieder Frauenkleider zu tragen und legt selbst die weiblichen Attribute ab. Merkwürdige Identitätssuche.

Darsteller retten die Aufführung

Trotz der seltsamen Story wurde die Aufführung aber von den beiden Darstellern gerettet: Leon van Leeuwen als „Hedwig“ schmetterte überzeugend seine Sehnsüchte von Rock bis Ballade in die Welt.

Jessica Kessler als „Yitzhak“ entpuppte sich als ganz große Stimme, die unter anderem den Whitney Houston-Hit „I will always love you“ täuschend echt imitierte. Wenn beide zusammen sangen, war Kesslers Stimme häufig zu leise, nur so wie ein Silberstreif im Hintergrund.

Viele Textaussagen in den Songs gingen auch deshalb verloren, weil die Rockband auf der Bühne zu laut gemischt wurde. „Volle Dröhnung“ bedeutet nicht unbedingt „volles Gefühl“.

Hedwig geht also in die USA. Sie tourt als Rocksängerin mit ihrer Band „The Angry Inch“ durch die ganze Welt.
Hedwig geht also in die USA. Sie tourt als Rocksängerin mit ihrer Band „The Angry Inch“ durch die ganze Welt. © Sabine Bornemann

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