Die Kirchenaustritte nehmen kein Ende. Im vergangenen Jahr sind in Dorsten fast doppelt so viele Katholiken aus der Kirche ausgetreten wie 2021 - 697, um genau zu sein.
Auch bei der evangelische Kirche in Dorsten hält dieser Trend an. Sie verlor im letzten Jahr 296 Mitglieder. 2021 waren es 196. Inzwischen liegt eine Halbjahresbilanz für 2023 vor.
Bis zum 30. Juni diesen Jahres haben weitere 115 Protestanten der Kirche in Dorsten den Rücken gekehrt. Das teilte das Dorstener Amtsgericht auf Nachfrage mit. Für Denise Bongers, Pfarrerin in Hervest und Wulfen, spielen da ganz unterschiedliche Gründe eine Rolle.
Einerseits gebe es den finanziellen Aspekt. Wenn jemand keinen Bezug zur Kirche habe, sei das verständlich, so Denise Bongers. Darüber hinaus könnten Kirchenmitglieder negative Erfahrungen gemacht haben. „Wir sind alles nur Menschen. Es kann durchaus sein, dass man jemanden vor den Kopf stößt.“
Manche Protestanten verlieren auch ihren Glauben. Oftmals haben Schicksalsschläge sie zu dem Gedanken bewegt: So einen Gott kann es nicht geben. „Es ist mutig, den Entschluss zu fassen und sich mit seinen eigenen Gedanken zu befassen“, betont die Pfarrerin.
Und dann wären da noch die Nachrichten rund um die Kirche und das Thema sexualisierte Gewalt. „Viele verknüpfen es mit der katholischen Kirche. Aber in der evangelischen Kirche gibt es das auch. Wir müssen aufklären. Das ist einfach super wichtig“, betont sie.
Breites Angebot schaffen
Denise Bongers setzt in ihrer Arbeit vor allem auf Offenheit und Akzeptanz. „Wir leben in einer Zeit, in der Kirche wie vor 30 oder 40 Jahren nicht mehr funktioniert“, sagt sie.
Man müsse ein breiteres Publikum ansprechen. Doch das sei gar nicht so einfach. Grundsätzlich gehe es um Menschen, unabhängig von sexueller Orientierung und Herkunft, und ihre Bedürfnisse, betont die Pfarrerin.
Und die liegen oft woanders. Auch durch „Freizeitstress“ kämen immer weniger Menschen in die Kirche. Denise Bongers lebt deshalb ganz nach dem Motto: „Menschen ändern sich und die Zeiten eben auch. Kirche ist nicht nur der Sonntagsgottesdienst. Da müssen wir mitgehen.“
Sei es bei der eigenen Trauung oder der Beerdigung eines Verwandten - sie versuche immer Ansprechpartnerin zu sein und die Wünsche der Leute in den Mittelpunkt zu stellen.
Vor allem Taufen werden momentan stark nachgefragt. Die ca. 6500 Gemeindemitglieder in Hervest-Wulfen schätzen aber besonders die Gemeinschaft.
Jazz-Musik und Theater
Der „Tankstellengottesdienst“ ist ein beliebter Treffpunkt. „Früher haben sich Motorradfahrer am Samstagabend in der Kirche getroffen“, erklärt Denise Bongers. „Jetzt ist nur noch der Name übrig geblieben.“
Der Gottesdienst ist gekennzeichnet durch Teamarbeit. „Das ist eine Ecke lebendiger, weil einfach mehr Menschen daran beteiligt sind“, meint die Pfarrerin. Des Weiteren spielt Musik eine große Rolle. Eine Mischung aus klassischer Kirchen-, Jazz- oder auch Rockmusik. Zum Teil werde auch Theater gespielt.
Kirche bleibt
Alles in allem hat Denise Bongers gelernt, mit den Kirchenaustritten umzugehen: „Man kann nicht jeden erreichen“, sagt sie. Trotzdem sei die Kirche an dem gesellschaftlichen Leben beteiligt, beispielsweise in Seniorenheimen, Kindergärten oder Krankenhäusern: „Kirche taucht weiterhin auf und das ist wichtig“, betont die Pfarrerin.
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