Für die Öffentlichkeit ist dies ein echter Paukenschlag. Für Architekt Hans Schmidt-Domogalla aber eine Entwicklung, die sich angesichts der aktuellen Situation im Baugewerbe abgezeichnet habe. „Wir haben leider auch bei anderen Projekten schon diese Erfahrung machen müssen“, erklärt der Wulfener.
Der Inhaber des Büros „SCHMIDTPlanung“ gewann vor gut einem Jahr den städtebaulichen Wettbewerb für den Wulfener Markt, dessen frühere Ladenzeile derzeit der Abrissbirne zum Opfer fällt.
Gemeinsam mit der Dorstener Firma „T5 Immobilien“ als finanziellem Investor und der „Planergruppe Oberhausen“ für die Freiflächen hatte Schmidt-Domogalla ein Konzept für die künftige Nachnutzung vorgelegt, dem die Jury Ende 2022 den Zuschlag gab.
Diese Entwürfe für das zwischen dem Prisma-Einkaufs-Park (der im Besitz von T 5 ist) und dem Gemeinschaftshaus Wulfen gelegenen Gelände sahen neben der Erweiterung des Edeka-Marktes und einer „Grün-Anlage“ im Westen auch drei „Gebäude-Blöcke“ mit mehrgeschossigem Wohnungsbau im östlichen Bereich vor. Doch diese exponierten Immobilien will „T 5“ Stand jetzt (vorerst) nicht mehr verwirklichen.

„Der Investor macht geltend, dass sich die Errichtung der Wohngebäude unter Berücksichtigung der Baupreis- und Zinsentwicklung aktuell nicht mehr wirtschaftlich darstellen lässt“, schreibt die Stadt in einer Beschlussvorlage für die Sitzung des Dorstener Umwelt- und Planungsausschusses (Dienstag, 7. November, 17 Uhr im RWW-Wasserwerk).
Auch Hans Schmidt-Domogalla betont, dass angesichts der gestiegenen Baukosten nach Fertigstellung der Wohneinheiten Mietpreise in einer solchen Höhe hätten aufgerufen werden müssen, dass die Wohnungen nur schwerlich hätten vermarktet werden können. Zumal der Rat der Stadt beschlossen hatte, dass eine Wohnraumförderung aus öffentlicher Hand - und damit mietgünstigerer Sozialer Wohnungsbau - an dieser Stelle zugunsten hochwertiger Wohnangebote ausgeschlossen ist.
Bis zu 70 Wohnungen geplant
Insgesamt sollten 60 bis 70 Wohneinheiten in den drei nun in weite Ferne gerückten Immobilien entstehen. In einem der Gebäude war auch betreutes Wohnen für pflegebedürftige Senioren angedacht - auch das ließ sich dem Vernehmen nach nach Gesprächen mit möglichen Betreibern nicht umsetzen: Das Risiko war ihnen zu groß, auch wegen des Personalmangels im Pflegebereich.

Dennoch: T 5 will sich nicht komplett aus dem Projekt zurückziehen. Der geplante Edeka-Anbau (samt Büro- und Wohneinheiten in den oberen Geschossen) soll angesichts besserer Renditeerwartungen verwirklicht werden. Wie aber soll es überhaupt weitergehen, wenn die Abbruch-Arbeiten des Alt-Gebäudes abgeschlossen sind?
Zwei Bauabschnitte
Die Stadtverwaltung schlägt vor, den Siegerentwurf in zwei zeitlichen Abschnitten zu realisieren. Die Politik soll in der Ausschuss-Sitzung grünes Licht dafür geben, zunächst eine Vereinbarung mit den Siegern des städtebaulichen Wettbewerbs für den westlichen Bereich abzuschließen - also für die bauliche Edeka-Markt-Erweiterung und die westliche „Grünfläche“.
„Ich bin froh, dass diese Lösung gefunden wurde“, sagt Hans Schmidt-Domogalla. So sei gewährleistet, dass zumindest schon mal der anvisierte und sich entlang des Diekmann-Gebäudes („Goods for business“) schlängelnde drei Meter tiefe Talweg für Fußgänger und Radfahrer wie geplant hergestellt werden kann. „Damit wäre der Anschluss von der Bushaltestelle an der Marktallee Richtung Marktplatz gesichert.“

Das östliche Areal, das nach dem Teil-Rückzug des Investor vorerst nicht bebaut und bepflanzt werden soll, werde in diesem Fall wohl zunächst einmal als „bereinigte Brachfläche“ und mit provisorischen Wegen aufgeschüttet.
Die Stadt schlägt der Politik vor, die Ost-Entwicklung des Siegerentwurfs erst dann wieder anzugehen, wenn sich für den jetzigen oder einen neuen Investor die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert haben.
Kein Landeszuschuss
Eine schnelle Entscheidung der Politik über den Bauabschnitt 1 ist deswegen nötig, weil laut Verwaltung die städtische Entwicklungsgesellschaft Wulfen (EW) als Eigentümerin der Immobilie zeitnah die Grundstückserlöse braucht, um die Abbruchkosten refinanzieren zu können.
Zwar hatte die Bezirksregierung Münster der Stadt im August 2021 dafür einen Zuschuss in Höhe von 3,7 Millionen Euro bewilligt, doch die Stadt kann diese Gelder nun doch nicht in Anspruch nehmen - weil die EW letztendlich in Summe ein Plus von 100.000 Euro machen dürfte. Und damit fiele die Grundlage für einen Landeszuschuss weg.

Denn zum einen hat der ausgewählte Auftragnehmer seine Abbrucharbeiten mit 1,8 Millionen Euro deutlich günstiger angeboten als im Vorfeld der Ausschreibungen von der Stadt geschätzt.
Zum anderen dürfte die Stadt beim Verkauf der Grundstücke mehr Geld einnehmen als zunächst geplant: nämlich 1,9 Millionen Euro statt 700.000 Euro. „Die Kalkulation der Grundstückserlöse basierte auf den Werten des Grundstücks- und Immobilienmarktes vor vier Jahren“, heißt es vonseiten der Stadt. Inzwischen aber seien die Bodenrichtwerte deutlich gestiegen.
In welcher Höhe die Abbruchkosten aber durch einen nunmehr nur noch möglichen Teilverkauf der Grundstücke gedeckt werden können, darüber kann die Stadt derzeit noch keine Angaben machen: „Zunächst muss die Vereinbarung mit dem Investor über die Entwicklung des westlichen Abschnitts verhandelt werden. Erst danach stehen die endgültigen Rahmenbedingungen für die weiteren Überlegungen fest“, so die Pressestelle der Stadt auf unsere Anfrage.
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