Dorstens SPD-Abgeordneter zu Lindner-Rauswurf „So ging es nicht mehr weiter“

SPD-Abgeordneter zu Lindner-Rauswurf: „So ging es nicht mehr weiter“
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„Nach dem Wirtschaftspapier von Christian Lindner war das Ende eigentlich erwartbar“, sagt Michael Gerdes, der SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Dorsten-Gladbeck-Bottrop. „Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass alles jetzt so schnell geht.“

In Berlin haben sich am Mittwochabend (6.11.) die Ereignisse überschlagen. Nach der Entlassung des Wirtschaftsministers ist Gerdes um 22.30 Uhr noch zu einer kurzfristig anberaumten Fraktionssitzung geeilt.

Der 64-jährige Bottroper sitzt seit 2009 als Direktkandidat des Wahlkreises Bottrop-Recklinghausen III im Bundestag, hat dort schon einiges erlebt. Die Zeit der Ampel nennt er dennoch „irre“, ihr Ende hält er für eine folgerichtige Entscheidung, für die er den Parteifreund und Kanzler Olaf Scholz lobt. „Es war richtig so.“

Erleichterung überwiegt

Auch wenn sich jetzt Sondersitzung an Sondersitzung und Videocall reihe - mit der Koalition sei es so nicht weitergegangen. „So spürt man jetzt im Abgeordnetenhaus eine Stimmung zwischen Erleichterung und Anspannung.“ Beim Sozialdemokraten Gerdes überwiegt deutlich die Erleichterung. Er wollte ohnehin nach dieser Legislaturperiode aufhören mit der Bundespolitik. „Dann ist es jetzt halt ein paar Monate früher zu Ende“, erklärt er gelassen.

Dass seine letzten Wochen als Abgeordneter noch einmal einen solchen Spannungskick kriegen würden, hätte er nicht gedacht - trotz aller „Begleiterscheinungen“, die die Ampel-Zeit dem erfahrenen Abgeordneten bereits beschert habe. Zuletzt habe es dann bei Christian Lindner völlig an Kompromissbereitschaft gemangelt, kritisiert er den Ex-Finanzminister, das habe der Kanzler nicht mehr hinnehmen können.

Appell an die Union

Gerdes hofft jetzt auf Kompromissbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein der Union. „Erstens stehen noch einige Gesetzentwürfe zur Entscheidung an, die CDU/CSU inhaltlich durchaus mittragen könnten, und zweitens sollte auch das Thema Neuwahl besonnen angegangen werden.“

Friedrich Merz hatte Kanzler Scholz am Donnerstag (7.11.) bereits aufgefordert, die Vertrauensfrage nicht erst im Januar zu stellen, um Neuwahlen so schnell wie möglich über die Bühne zu bringen.

Michael Gerdes rät allerdings dazu, allen Parteigremien bis hinunter auf die kommunale Ebene hinreichend Zeit zu lassen, ihre Kandidaten zu benennen und den Wahlkampf vorzubereiten. „In manchen Wahlkreisen steht zum jetzigen Zeitpunkt nicht einmal fest, wer kandidieren wird“, gibt er zu bedenken, „zum Beispiel bei der CDU in meinem Heimat-Wahlkreis.“

Dort entscheidet sich am 21. November, wer für die Christdemokraten ins Rennen geht. Gerdes‘ Nachfolger als SPD-Bundestagskandidat, Dustin Tix aus Gladbeck, hat es am Donnerstag in einer Stellungnahme ebenfalls begrüßt, „dass Olaf Scholz die Entlassung von Christian Lindner angestoßen hat.“