
© Hans Blossey
Horror-Szenario Hochwasser: So schützt Dorsten sich vor der Katastrophe
Hochwasser
Eine Hochwasser-Katastrophe wie in der Eifel schien in Dorsten bislang undenkbar. Doch jetzt gibt es Sorgen und Nachfragen auch hier. Politik und Verwaltung sind gefordert.
Holsterhausen steht unter Wasser. Die Halbinsel Maria Lindenhof ist in großen Teilen verschwunden. Bauernhöfe werden zu Halligen. Wenn Deiche bersten und Pumpwerke nicht mehr funktionieren, würde genau das passieren. Und vielleicht noch mehr.
Es ist ein Horror-Szenario, das die Bezirksregierung Münster auf Gefahren- und Risikokarten festgehalten hat. Doch wie wahrscheinlich ist es? Und was wäre dann zu tun?
Hochwasser hat es in Dorsten schon immer gegeben, darüber berichtet der Journalist Wolf Stegemann im „Dorsten-Lexikon“.
- Zu einem „Erdbeben in der Stadt“ kam es durch Hochwasser am 16. Februar 1673, als das Wasser der Lippe in die Stadt floss.
- In der Nacht zum 24. Februar 1837 stieg die Lippe bei einem heftigen Sturmwind, wobei aus „einiger Unachtsamkeit“ ein Durchbruch am Barloer Mühlendeichdamms erfolgte.
- 1897 überfluteten Lippe und Dyrksbach in Holsterhausen den Holsterhausener Bruch.
- 1945 hatte sich das Hochwasser in Dorsten teilweise bis zur Bahnlinie Haltern-Wesel ausgebreitet, 1947 war die südliche Seite von Holsterhausen eine einzige Seenplatte.
Dorsten ist in den 1960er-Jahren Hochwasser-sicher gemacht worden. Die Deiche sind zehn Meter hoch, Pumpwerke arbeiteten in der durch den Bergbau gezeichneten Region, auch in der vergangenen Woche wieder „unter Volllast“, bestätigte der Lippeverband in einer Mitteilung. „Dorsten ist selbst vor einem Jahrhundert-Hochwasser geschützt“, heißt es.

Karten der Bezirksregierung Münster (hier ein Ausschnitt) zeigen, wie sich das Hochwasser im Katastrophenfall ausbreiten würde. © Grafik Martin Klose
2003 fehlten nur wenige Zentimeter
Anfang 2003 fehlten allerdings nur wenige Zentimeter bis zum Fiasko. Die Deiche wurden eiligst aufgeschüttet, Bauernhöfe evakuiert, die Hohenkampbrücke wurde angehoben. Glück gehabt, doch der CDU reicht das nicht. Nach der jüngsten Flutkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz verlangt sie in absehbarer Zeit Aufklärung.
„Die Verwaltung soll demnächst über den aktuellen Sachstand der Gefahrenbewertung sowie der Umsetzung der daraus notwendigen Maßnahmen berichten“, kündigt Fraktionsvorsitzender Bernd Schwane einen Antrag für die nächste Ratssitzung an. Angesichts der jüngsten Katastrophen in der Eifel, im Bergischen Land und in anderen Regionen Deutschlands würden sich viele Menschen fragen: „Kann das hier auch passieren?“
Doch nicht nur eine Informationskampagne für Bürger („Es ist jetzt unsere Aufgabe, über bereits angelaufene und geplante Maßnahmen die Öffentlichkeit zu informieren“) und ein Klimaschutz-Workshop für Politiker ist den Christdemokraten wichtig. „Wir erwarten auch einen Bericht über die Katastrophenvorsorge und den Ausbau der Warninfrastruktur“, so Schwane.
Da hat Dorsten tatsächlich Nachholbedarf.

18 Sirenen gibt es bislang auf den Dächern von Dorsten, 30 sollen es werden. Im Jahr 2018 wurde eine Anlage auf der Montessorischule in Wulfen installiert. © Bludau
Wenn in der Stadt - zuletzt im März - die Sirenen testweise heulen, wird klar: Sie sind nicht überall zu hören. Um die Bevölkerung bei außergewöhnlichen Gefahrenlagen sicher warnen zu können, hat die Stadt Dorsten im Jahr 2016 damit begonnen, ein modernes, elektronisches Sirenen-System mit am Ende voraussichtlich 30 Standorten aufzubauen. Nur 18 sind es bislang.
„Die Sirenen können neben der Feuerwehr auch die Bevölkerung bei besonderen Lagen wie Unfällen mit Gefahrguttransporten“, sagt Stadtsprecher Christoph Winkel. „Sie werden zum Beispiel auch bei Großbränden oder Naturkatastrophen ausgelöst.“
Die furchtbaren Bilder aus den Krisenregionen, wo Menschen zu spät oder gar nicht gewarnt wurden, dürfen nach Ansicht der CDU aber nicht zu Aktionismus führen. Doch es sei jetzt geboten, über Hochwasserschutzkonzepte, eine bessere Katastrophenvorsorge sowie mehr Klimaschutz zu sprechen. „Das kann am Ende auch eine Neuausrichtung von Personal- und Finanzressourcen bedeuten.“
Veränderungen gab es immer, doch nie waren sie so gravierend. Und nie so spannend. Die Digitalisierung ist für mich auch eine Chance. Meine journalistischen Grundsätze gelten weiterhin, mein Bauchgefühl bleibt wichtig, aber ich weiß nun, ob es mich nicht trügt. Das sagen mir Datenanalysten. Ich berichte also über das, was Menschen wirklich bewegt.
