María Angélica Muños Jimenez strahlt in die Kamera. Lachen und glücklich sein ist ein fester Teil ihres Lebens. Nicht nur privat, sondern auch beruflich. Denn die 57-Jährige hat über 15 Jahre lang als Krankenhausclown, als Lach- und Emotionstherapeutin und Glückscoach in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Dorsten gearbeitet. Dabei hat sie vor allem in ihrer eigenen Kindheit traumatische Dinge in ihrer Heimat Chile erlebt. Diese hängen vor allem mit diesem einen Tag zusammen, dem 11. September 1973.
Dieses Datum ist in die Weltgeschichte eingegangen als der Beginn einer Jahrzehnte langen und vor allem brutalen Militärdiktatur. Unter der Führung von General Augusto Pinochet ist der demokratisch gewählte sozialistische Präsident Salvador Allende gestürzt worden.
Zehntausende Menschen sind nach dem Putsch von Polizisten und Soldaten verhaftet worden. Meist waren es Sympathisanten von Regierung, Linksparteien und Gewerkschaften. Auch grausame Folterungen und politische Morde waren an der Tagesordnung.
Lebendige Erinnerungen
Mittendrin im Chaos der chilenischen Hauptstadt Santiago: die damals siebenjährige María Angélica Muños Jimenez. Noch 50 Jahre später schildert die Chilenin lebendig, wie sie den Tag des Putsches erlebt hat.

Sie habe gerade am Unterricht teilgenommen, der in einem Raum in der ersten Etage eines alten Herrenhauses stattgefunden hatte, berichtet María Angélica Muños Jimenez. „Dann haben wir laute Geräusche gehört“, erzählt die 57-Jährige. Was sie als junges Mädchen damals noch nicht gewusst habe: Es waren Bomben, die diesen Lärm verursacht haben.
Denn am Vormittag hatte die Luftwaffe den Palast La Moneda angriffen. Dorthin hatte sich Präsident Allende mit seinen Vertrauten zurückgezogen. María Angélica Muños Jimenez erzählt weiter: „Der Schulleiter kam rein und hat leise mit unserer Lehrerin gesprochen. Danach sollten wir alle ruhig nach unten gehen.“
In einem großen Saal des Herrenhauses hätten dann die Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur achten Klasse zusammengestanden.
Kinder wurden abgeholt
„Die Geräusche wurden immer lauter“, so María Angélica Muños Jimenez. „Irgendwann war dann kein Strom mehr da.“ Viele Kinder seien dann von den Eltern abgeholt worden. Und auch ihre Mutter habe sie und einige andere Kinder per Taxi mitgenommen. „Dabei war sie im vierten Monat schwanger“, erzählt die 57-Jährige.
Fast zeitgleich sei ihr Vater in seinem Pick-Up von den Putschisten aufgehalten worden. Nur mit Glück sei er mit dem Leben davongekommen, berichtet María Angélica Muños Jimenez. „Ganz blass“ sei ihr Vater deshalb gewesen, als er zu Hause angekommen war.
„Ich hatte Angst, dass mein Vater umgebracht wird und meine Mutter das Baby verliert.“ Mehrere Tage habe die Familie das Haus nicht mehr verlassen. Abgesehen von zerstörten Gebäuden und Einschusslöchern sei danach aus ihrer kindlichen Sicht alles wieder normal gewesen.
Lange habe sie über das Erlebte nicht gesprochen, sagt María Angélica Muños Jimenez. „Wir haben in einer Diktatur gelebt. Da durfte man vieles nicht sagen.“ So richtig verarbeitet hat die Chilenin ihr Erlebtes erst Jahre später.
Studium in Europa
1993 ging María Angélica Muños Jimenez zum Studieren nach Europa. Im niederländischen Nijmegen promovierte sie in Meeresbiologie und zog der Liebe wegen nach Dorsten. Doch anstatt wissenschaftlich zu arbeiten, widmete sie sich dem Glücklichsein, schrieb Geschichten und Gedichte.
Ihr neuestes Werk mit Illustrationen von Patricia Lagos Saldías stellt sie Freitag (15. September, 19.30 Uhr) in der Dorstener Buchhandlung König, Lippestraße 2, vor. Sie thematisiert den 50. Jahrestag des Putsches und die darauf folgende soziale Krise, die Armut, den Hunger und die Arbeitslosigkeit in Chile.
Mit dabei ist auch der chilenische Mathematik- und Cambrige-Professor Eleuterio Toro, der ebenfalls von seinen Erlebnissen während des Putsches erzählt.
María Angélica Muños Jimenez findet es wichtig, dass auch die Menschen in Deutschland wissen, was in Chile passiert ist. Sie hofft, dass so etwas wie in ihrem Heimatland nicht noch einmal passiert. Damit nicht nur sie, sondern viele weitere Menschen glücklich leben können.
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