
© Falko Bastos
Dieser Lkw fährt bald mit Wasserstoff durch die Region
EU-Projekt
Rund eine Dreiviertelmillion kostet ein neuer Entsorgungswagen der AGR mit klimafreundlichem Antrieb. Warum sich die Anschaffung für das Entsorgungsunternehmen trotzdem rechnet.
Derzeit steht er in Wulfen, am Dienstag geht es nach Belgien. Es ist ein langer Weg, bis der konventionelle Diesel-Lkw endlich klimafreundlich wird. Mitte des nächsten Jahres soll der neue Abfall-Entsorgungswagen der Hertener Entsorgungsgesellschaft AGR seinen Betrieb aufnehmen, als eines der ersten wasserstoffbetriebenen Entsorgungsfahrzeuge Europas.
Der in Cloppenburg gefertigte „Überkopflader“, so die Bezeichnung für das Entsorgungsfahrzeug, wird derzeit beim Wulfener Nutzfahrzeug-Spezialisten Wietholt hergerichtet, wo er bereits Modifikationen und sein Wasserstoff-Branding erhielt. Außerdem koordiniert Wietholt den gesamten Umbau bis zur Fertigstellung.
Den Wasserstoff-Antrieb bekommt der Lkw dann bei der belgischen Firma E-Trucks. Doch warum Wasserstoff? „Wir wollen das Thema nach vorne bringen“, sagt AGR-Pressesprecher Jürgen Fröhlich. „Brennstoffzellen-Lkw spielen eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung der Logistik.“
Reichweiten-Vorteil gegenüber dem Elektro-Antrieb
Reine Elektro-Lkw seien wegen der Reichweiten-Problematik für Lkw dagegen ungeeignet. Auch der Ladevorgang läuft bei wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen wesentlich schneller. Innerhalb weniger Minuten sind sie einsatzbereit. Eine Batterie hat der Entsorgungs-Wagen trotzdem. Bis zu 100 Kilometer schafft er so auch ohne Wasserstoff.
Allerdings ist die Technologie energieintensiv. Der Wirkungsgrad liegt deutlich niedriger als bei E-Autos. Und die Infrastruktur ist dürftig: Ganze 15 Wasserstoff-Tankstationen gibt es in NRW. Kein Problem für AGR: Eine davon steht in Herten. Außerdem hat das Unternehmen schon angekündigt, selbst Wasserstoff produzieren zu wollen.
Die Anschaffung ist Teil eines europäischen Pilot-Projekts. Sieben Abfall-Sammelffahrzeuge in fünf Ländern werden eingesetzt. „Die sammeln dann Praxisdaten, die untereinander ausgetauscht werden“, so Fröhlich. Ziel sei es, zu testen, ob Brennstoffzellen-Fahrzeuge eine effiziente Lösung für die Branche seien.
EU-Projekt finanziert 60 Prozent
Hinter der Anschaffung steckt aber auch ökonomisches Kalkül. „Wir haben ein starkes Interesse, das Thema anzugehen“, sagt Fröhlich. Denn eine künftige CO2-Bepreisung könnte den Fuhrpark des Entsorgers ziemlich teuer machen.
Doch der Knackpunkt beim Wasserstoff ist der Preis der Technologie. Auf rund 250.000 Euro schätzt Fröhlich die Anschaffungskosten für einen konventionellen Entsorgungswagen. „Mit dem Umbau rechnen wir mit Faktor drei“, so der Sprecher - eine Dreiviertelmillion.
Die Differenz zahlen über Umwege die europäischen Steuerzahler. Denn 60 Prozent der Kosten für das Pilotprojekt werden durch das EU-Förderprogramm „Interreg“ finanziert, wieder über Umwege. Das Projekt finanziert offiziell den internationalen Austausch, nicht die Fahrzeuge. Unter dem Strich dürfte die Förderung aber die Umbaukosten weitgehend decken.
Aufgewachsen im tiefsten Münsterland, Volontariat bei Lensing Media, Redakteur der Dorstener Zeitung. Immer auf der Suche nach den Geschichten, die diese Stadt schreibt.
