
© Stefan Diebäcker
Die Linke hofft in Dorsten auf die jüngste Ratsfraktion aller Zeiten
Kommunalwahl 2020
Die Linke verzichtet bei der Kommunalwahl in Dorsten auf einen eigenen Bürgermeisterkandidaten. Das ist nicht überraschend, andere Personalentscheidungen sind es dagegen schon.
Wilhelm Zachraj hat keine leichte Zeit hinter sich. Wenige Monate nach der letzten Kommunalwahl verließ sein damaliger Fraktionskollege Thomas Schöller die Partei und schloss sich der UBP an. Die Linke war fortan fraktionslos und Zachraj ganz linksaußen ganz allein. Und mit noch weniger Einfluss auf politische Entscheidungen.
Das soll sich am 13. September ändern. Den Stimmenanteil von etwa vier Prozent, den Die Linke bei der Kommunalwahl wohl benötigt, um wieder mindestens zwei Sitze im Rat zu erhalten, hält Zachraj für „machbar“. Denn: „Wir sind im Aufwind.“
Der Nachwuchs muss in die Verantwortung
Das dokumentiert aus seiner Sicht die Reserveliste, die vor wenigen Tagen aufgestellt wurde. Der 73-jährige Zachraj steht wiederum auf Platz eins, doch dahinter reihen sich einige junge Leute ein. Wie zum Beispiel Lisa Ellermann (18), Jan-Philipp Weil (21) und Erik Wischerhoff (19). Sie werden zunehmend in die Verantwortung genommen, denn Zachraj sagt: „Nochmal fünf Jahre mache ich sicherlich nicht.“
Und einen eigenen Bürgermeisterkandidaten stellt seine Partei auch nicht. Mit Jennifer Schug „hätten wir gut leben können“, sagt Zachraj. Doch die frühere SPD-Parteichefin schmiss vor etwas mehr als drei Wochen hin, in die Bresche für das „rote Lager“ springt die Linke nicht. Da mangelt es eben an einem Kandidaten mit Profil.
Der Nachwuchs muss in die Verantwortung
Wilhelm Zachraj hat nun die Aufgabe, den Parteinachwuchs anzulernen und in die Kommunalpolitik einzuführen. Schon bald soll Erik Wischerhoff (Platz 6) als Huckepack-Kandidat seinen Platz im Ratssaal einnehmen. Lisa Ellermann steht sogar auf Platz 2 der Reserveliste. Dieses Duo, wenn es so käme, wäre wohl die jüngste Ratsfraktion, die es je in Dorsten gab. Bekäme Die Linke sogar vier Sitze im Rat, wäre Jan-Philipp Weil ebenfalls dabei.
Während viele ihrer politisch interessierten Altersgenossen eher mit den Grünen sympathisieren, haben sich die drei Youngster sehr bewusst für Die Linke entschieden. „Sogenannte grüne Themen haben wir auch“, sagt Erik Wischerhoff, „aber die soziale Gerechtiglkeit steht bei uns im Vordergrund. Da sind SPD und Grüne nicht glaubwürdig.“

Lisa Ellermann (18) steht auf Platz zwei der Linke-Reserveliste. © Stefan Diebäcker
Lisa Ellermann sieht die Partei auch bei der Bildungspolitik im Vorteil. Als Bezirksschülersprecherin im Kreis Borken fühlt sie sich auf diesem Themengebiet besonders sicher. Und an mangelndem Selbstbewusstsein, so ein erster Eindruck, leidet sie auch nicht. Dass Lisa Ellermann aus Rhade, Jan-Philipp Weil aus Lembeck und Erik Wischerhoff aus Östrich kommt,bestärkt das Linke-Urgestein in seiner Ansicht, dass die Linke eben eine „Partei der Randgebiete“ sei.
Wilhelm Zachraj ist überzeugter Barkenberger.
Veränderungen gab es immer, doch nie waren sie so gravierend. Und nie so spannend. Die Digitalisierung ist für mich auch eine Chance. Meine journalistischen Grundsätze gelten weiterhin, mein Bauchgefühl bleibt wichtig, aber ich weiß nun, ob es mich nicht trügt. Das sagen mir Datenanalysten. Ich berichte also über das, was Menschen wirklich bewegt.
