Ein Mann steht vor einem Apfelbaum und hält zwei Flaschen.

Auf dem Hof in Dorsten kümmert sich Tobias Dalhaus um den Ruhrkulturgarten. Die Äpfel der Streuobstwiese lässt er in Hochprozentiges veredeln. © Patrick Otte

Landwirt Tobias Dalhaus aus Dorsten pendelt zwischen Hof und Hörsaal

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Mit 33 Jahren ist Tobias Dalhaus Professor an der Uni Wageningen. Der Landwirt pendelt von Dorsten in die Niederlande. Daheim pflegt er eine Streuobstwiese, die das Ruhrgebiet abbildet.

von Patrick Otte

Dorsten

, 10.10.2022, 11:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Tobias Dalhaus geht durchs Ruhrgebiet aus Apfelbäumen. Diese besondere Streuobstwiese liegt neben seinem Hof in Dorsten. Jeder Baum symbolisiert eine der 53 Städte des Regionalverbandes Ruhr. Die Abstände der Bäume orientieren sich an den Abständen der Städte zueinander.

Gepflanzt hat seine Familie die alten Sorten 2010, als das Ruhrgebiet europäische Kulturhauptstadt war. Im vergangenen Jahr haben Tobias Dalhaus und seine Lebensgefährtin Tanja Groher den Ruhrkulturgarten wieder fit gemacht und neue Infoschilder aufgestellt. Mittlerweile nistet in einem Baum ein Steinkauz und wer sich trauen lassen will, hat hier die Möglichkeit.

Seit 2010 hat sich auch Tobias Dalhaus viel zugetraut. Der 33-Jährige ist seit zwei Jahren Assistenz-Professor an der Uni Wageningen in den Niederlanden. Das Fachgebiet, das der Agrarökonomen beackert, ist das Risikomanagement von Hitzeschäden in der Landwirtschaft.

Ernteausfälle durch Dürre nehmen zu

Dafür „brennt“ er seit seiner Masterarbeit. „Im Gegensatz zum Hagel gibt es zur Trockenheit noch keine ausgereiften Versicherungslösungen. Sie stecken noch in den Kinderschuhen“, sagt er. Dabei werden im Zuge des Klimawandels Ernteausfälle durch Dürren in unseren Breiten immer wahrscheinlicher.

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Seine Forschung hat ihn über die Schweiz zum Lehrstuhl in Wageningen geführt. Dabei war es nicht sein Ziel, als er mit dem Studium in Bonn begann, später auch mal an der Hochschule zu arbeiten. Doch es kam anders: Im Rahmen seiner Masterarbeit stieß er auf Daten des Deutschen Wetterdienstes. Diese zum Teil historischen Werte spiegelten unter anderem die Vegetationsperioden mancher Kulturpflanzen wider. Für seine Masterarbeit wertete er diese phänologischen Daten aus. Eine wissenschaftliche Vertiefung dazu wurde seine Doktorarbeit. Dafür folgte er seinem Doktorvater an die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich, wo er vier Jahre verbrachte.

Als Assistenz-Professor hält er in der Vorlesungszeit von März bis Juli Vorlesungen auf Englisch zur Finanzierung von Risiken und zeigt den Studierenden den Umgang mit Betriebs- und Wetterdaten. Er selbst fährt dann bis zu viermal die Woche nach Wageningen. Eine Fahrt dauert etwa anderthalb Stunden.

Ein Mann steht vor einem Gebäude

In Wageningen ist Tobias Dalhaus als Dozent und Wissenschaftler unterwegs. © privat

Im Rest des Jahres betreut er Abschlussarbeiten, kümmert sich um seine Forschung und veröffentlicht Studien. Dazu steht er im Austausch mit anderen Wissenschaftlern aus der ganzen Welt.

Familie bewirtschaftet 40 Hektar Land und eine Schweinemast

Von der Streuobstwiese schweift der Blick zu einer Raffinerie im ­benachbarten Gelsenkirchen. Sein Vater hat Tobias Dalhaus den Hof vergangenes Jahr überschrieben. Sie bewirtschaften 40 Hektar Land, darunter 5 Hektar Grünland sowie einen Schweinestall mit 550 Mastplätzen. Einen Hofladen und das Hofcafé haben sie verpachtet. Seit Neuestem halten seine Partnerin – auch sie hat Agrar studiert – und er Weidehähnchen. „Wir haben eigentlich beide zwei Jobs“, sagt Tobias Dalhaus und ergänzt: „Ich finde es gut, den Kopf in verschiedenen Dingen zu haben.“ Der Hof bildet einen Ausgleich zum Uni-Stress.

Besonders viel Herzblut stecken die beiden in die Streuobstwiese. Auf der 0,75 Hektar großen Fläche bieten sie Apfelbaumschnittkurse mit der Biologischen Station an und für Kinder Touren rund um das Thema Streuobst. „In Zukunft wollen wir stärker auf Umweltbildung setzen. Denn Streuobstwiesen erhalten nicht nur die Biodiversität, sondern bremsen den Klimawandel mit ihrer CO2-Bindung“, erklärt er. Für die Pflege der Streuobstwiese und die extensive Grünlandnutzung bekommen sie über den Vertragsnaturschutz Geld.

Zwei Radfahrer pflücken ein paar Äpfel. „Kein Problem, aber Wagenladungen sollten hier nicht raus“, sagt Tobias Dalhaus. Denn im Herbst sammelt er mit seinen ehemaligen Bonner Kommilitonen die Früchte. In einer nahen Brennerei werden die Äpfel dann zu einem Brand veredelt.

(Der Beitrag stammt aus dem Wochenblatt für Landwirtschaft & Landleben.)

Aus der Großstadt betrachtet ist das Landleben wahlweise idyllisch oder öde. Die spannende Wahrheit liegt dazwischen. Auf Themen, die Zündstoff fürs Land bergen, schaut seit Kurzem der „Landbrief“. Das neue Angebot aus dem Landwirtschaftsverlag in Münster ist unabhängig und digital. Einmal pro Woche landet ein „Brief“ im E-Mail-Postfach. Bisherige Themen waren unter anderem einstürzende Windräder, die Rückkehr der Wölfe und der Einfluss des Wohnorts auf das Wahlverhalten.