Die Gastronomiebetriebe haben Corona und die Lockdowns noch nicht verdaut, da treiben Energiekosten, Personalmangel und Preissteigerungen den Gastronomen die nächsten Sorgenfalten auf die müde Stirn. Und weil die Inflation alle Menschen betrifft, bleiben mancherorts auch noch die Gäste aus. „Seit September sind die Gäste spürbar sparsamer“, sagt zum Beispiel Thomas Püttmann vom Restaurant „Zum Blauen See“ an der Luisenstraße.
Das merkt auch Dagmar Grothoff, die am Söltener Landweg „Das kleine Landhotel“ mit dem „Wirtshaus Durstine“ betreibt. „Es kommen weniger Leute“, sagt die Inhaberin, die sich derzeit mit wöchentlich wechselnder Speisenkarte an die Entwicklung der Einkaufspreise anpasst. Was gerade besonders teuer ist, kommt gar nicht erst auf den Tisch. „Wir versuchen, ebenso preisbewusst einzukaufen, wie Privathaushalte das auch gerade tun“, erklärt Grothoff. Denn es sei schier unmöglich, die Preissteigerungen auf die Endverbraucher umzulegen. Das gelte auch für die Energiepreise, die sich im Landhotel verdoppelt haben.


Bei Thomas Püttmann schlagen Gas und Strom neuerdings sogar mit dem Dreifachen zu Buche. Er hat ausgerechnet, dass an jedem Öffnungstag 300 Euro Energiekosten zu stemmen sind. Er schließt sein Lokal seit einiger Zeit montags und dienstags. Für ihn macht das Sinn, weil das Geschäft wochentags ohnehin nicht ausgelastet sei. „Vielen Gästen fehlt einfach das Geld, und für mich ist es nicht wirtschaftlich, wenn nur vier Tische besetzt sind.“
Zwei Ruhetage sind Standard
Das Restaurant Maas-Timpert hatte immer schon zwei Ruhetage, und dabei wird es nach Auskunft von Sebastian Surray zunächst auch bleiben. Auch an der Bochumer Straße drücken die gestiegenen Energiekosten, die sich nicht auf die Preise umlegen lassen. Dafür spürt Familie Surrey bisher noch keinen Rückgang der Gästezahlen. Hochzeiten, Geburtstage − bei Maas-Timpert wird auch noch kräftig gefeiert.
Und das größte Problem vieler Branchen-Kollegen fängt bei Maas-Timpert der Familienbetrieb auf − Personalnot. Sebastian Surrey: „Wir sind zwar auch immer auf der Suche nach Personal, aber in Küche und Service hilft bei uns die ganze Familie. So können wir vieles auffangen, was bei anderen Kollegen nicht möglich ist.“ Auch Dagmar Grothoff bestätigt, dass in ihrem Haus zur Not die ganze Familie „ran muss“, um den Betrieb aufrechtzuerhalten.
Wirtin am Ende der Kräfte
Diese Möglichkeit hat Lena Seuter vom Wirtshaus Lunemann im Marienviertel nicht. Sie geht förmlich „auf dem Zahnfleisch“, weil sie einfach kein Personal findet. „Ich habe die Gaststätte sieben Tage in der Woche geöffnet“, schildert sie ihre Lage, „ich habe überwiegend treue Stammgäste, aber finde einfach kein Personal.“ Das sei in den 25 Jahren ihrer Selbstständigkeit noch nie so schlimm gewesen wie jetzt. „Nicht auszudenken, wenn aus unserem kleinen Team auch nur einer krank wird.“ Sie fühlt sich überfordert, weil sie zu viel alleine machen muss, sich zerreißt zwischen den Aufgaben in Küche, Service und Organisation. „Wo sind all die arbeitsfähigen Menschen, die bei uns Geld verdienen könnten?“, fragt die Wirtin verzweifelt.
Das fragt sich auch Thomas Püttmann. Der hat seit Jahrzehnten ein Kern-Team mit zehn Vollzeit-Beschäftigten um sich herum geschart, und dennoch fehlen ihm ständig zwei Leute in der Küche. Und auch im Service und für Hilfsarbeiten abseits vom Kochtopf sucht er ständig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vergeblich. Kaum einer wolle mehr Koch werden oder im Restaurant arbeiten, erzählt er. Gerade einmal einen Lehrling bildet er derzeit aus.
Kein Job wie im Fernsehen
Leider werde im Fernsehen vielfach ein Bild von der Arbeit in der Küche vermittelt, das dem Realitätsvergleich nicht standhalte. Manch einer sei da schon schnell wieder abgesprungen. Arbeit am Wochenende, der gastronomischen Kernzeit sozusagen, sei ebenfalls bei jungen Menschen nicht beliebt. Und seine Einschätzung, dass manche Leute beim Nichtstun genauso versorgt sind wie mit Arbeit, teilen viele seiner Gastronomie-Kollegen.

Über das Glück, einen treuen Personalstamm an Bord zu haben, freuen sich Lisa Wünsche-Papazissis und ihr Mann Angelos von der Taverna Angelos an der Gahlener Straße in der Innenstadt. Dennoch hat das Paar einen zweiten Ruhetag eingeführt. Mittwochs und donnerstags ist die Taverna neuerdings geschlossen, dafür ist montags geöffnet mit einem speziellen Angebot: Seafood und Steaks.
Zwei freie Tage zur Erholung
„Die ersten beiden Montage waren ausverkauft“, erzählt die Chefin, „denn viele Restaurants haben montags ihren Ruhetag.“ Die Taverna-Crew und die Chefs genießen die beiden aufeinanderfolgenden freien Tage vor dem „Sturm“ am Wochenende besonders. Ein Sturm, der vor dem Hintergrund steigender Energiekosten und inflationärer Lebensmittelpreise bei allen Gastronomen gleichermaßen willkommen ist.
Auch die Papazissis sehen keine Möglichkeit, die Mehrkosten auf die Preise umzulegen. Die Idee der Hotel- und Gaststättenverbände mancher Bundesländer, pro Gast 5 Euro Energiezuschlag auf die Rechnung zu schreiben, hält Thomas Püttmann für unrealistisch: „Damit vergrault man doch die Gäste endgültig.“ Seine Lieferanten sind da übrigens weniger zaghaft, manche nehmen inzwischen 25 Euro Aufschlag pro Lieferung.
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