Mit Koffern gegen das Vergessen Dorsten erinnert an jüdische Familie

Erinnern an jüdische Familie: Dorstener setzen Zeichen mit Koffermarsch
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Der 27. Januar steht im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus – auch in Dorsten, denn vor genau 80 Jahren wurde das Konzentrationslager in Auschwitz befreit. Das Bündnis „Wir in Dorsten gegen Rechts“ setzte zusammen mit Schülerinnen und Schülern des Petrinums und ihrem Lehrer Sven Müller bei einem Koffermarsch ein Zeichen der Erinnerung.

Die Schüler der siebten Klasse bereiteten sich auf den Tag vor und berichteten in kleinen Vorträgen über die Auswirkungen und die Brutalität der Zeit des Nationalsozialismus, die auch in Dorsten zu spüren war. In diesem Jahr lag der Fokus vor allem auf der jüdischen Familie Reifeisen und Tochter Ilse, die an der Essener Straße wohnten.

Koffermarsch Dorsten 2025
An den Stolpersteinen der Familie Reifeisen in der Essener Straße machte der Koffermarsch den ersten Stopp. Eine Schülerin der siebten Klasse des Petrinums erzählte die Geschichte der Familie. © Alexandra Schlobohm

Symbolisch fand das Gedenken als Koffermarsch statt, um den Weg der Familie nachzuzeichnen. Dafür klebten die Schülerinnen und Schüler und die anderen Teilnehmer Botschaften auf ihre Koffer oder Plakate. „Demokratie braucht Erinnerung“, „Erinnern für die Zukunft“ oder „Nie wieder ist Hier und Jetzt“ waren dort zu lesen.

Einer der Haltepunkte während des Marsches waren die Stolpersteine von Simon und Gertrud Reifeisen, den Eltern von Ilse. Das jüdische Mädchen überlebte, kam 1939 mit einem Kindertransport nach Schweden, wo sie auch jetzt noch wohnt.

Antisemitismus in der Gegenwart

Doch nicht nur die Vergangenheit beschäftigte die Gruppe. Am Endziel des Bürgerbahnhofs legten sie eine Schweigeminute für die Opfer des Nationalsozialismus ein und richteten den Blick ins Hier und Jetzt und verdeutlichten, wie das Leben jüdischer Familien auch heute noch bedroht ist. Antisemitismus sei immer noch spürbar, erklärt eine Siebtklässlerin. „Das Jüdische Museum wird daher ständig von der Polizei beschützt“, verdeutlichte sie.

Der Koffermarsch begann am Lippetor und führte über die Essener Straße zum Bahnhof.
Der Koffermarsch begann am Lippetor und führte über die Essener Straße zum Bahnhof. © Alexandra Schlobohm

Eindrucksvoll schilderte eine andere Schülerin das Leben des jüdischen Mädchens Ilse Reifeisen, indem sie einen Auszug aus „Der Tag, an dem die Blumen die Farbe verloren“ von Andrea Behnke vortrug. Das Buch richtet sich an Kinder und klärt am Beispiel des Dorstener Mädchens über die NS-Zeit und den Holocaust auf.

Koffermarsch Dorsten 2025
Mit Plakaten, Koffern und vor allem Botschaften waren 120 Dorstener am Montagmorgen in der Altstadt, um der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. © Alexandra Schlobohm

„Wir wussten nicht genau, wie viele Leute kommen“, erklärte Sven Müller. „Wir sind zufrieden. Ungefähr 120 Menschen haben sich beteiligt.“ Als Klassenlehrer der Klassen, die sich an dem Koffermarsch beteiligt haben, verdeutlichte er die Arbeit, die die Kinder in die Vorbereitung gesteckt haben. „Die Schüler haben sich in der Vorbereitung unheimlich ins Zeug gelegt.“

Besonders positiv hob das Bündnis die vielen Koffer hervor, die die Teilnehmenden mitgenommen und mit Botschaften ausgestattet haben: „Man konnte erkennen, was wir erwecken wollten: Erinnern an die furchtbare Zeit.“

Ilse Reifeisen
Elisabeth Schulte-Huxel aus dem Vorstand des Trägervereins des Jüdischen Museums steht mit Ilse Reifeisen (im Bild) in Kontakt. Der mittlerweile 97-Jährigen gehe es in Schweden gut. Hier eine Aufnahme aus dem Dezember 2023 mit dem Buch "Der Tag, an dem die Blumen die Farbe verloren". © privat

Weitere Eindrücke gibt es auf dorstenerzeitung.de