
© Gregor Rößmann
Jürgen Becker macht in Dorsten auch schwierige Themen verdaulich
Kabarett
Angst vor der Zukunft hat Kabarettist Jürgen Becker nicht. Die sei ja immer ungewiss. Wer hätte etwa ahnen können, dass es mal Pflicht wird, sich vor dem Betreten einer Bank zu maskieren.
Selbstverständlich war Jürgen Becker am Samstagabend mit seinem E-Auto nach Wulfen gefahren, um sein aktuelles Programm „Die Ursache liegt in der Zukunft“ zu präsentieren. Der Individualverkehr, der Warenverkehr und die damit einhergehenden Umweltprobleme sind ja auch ein zentrales Thema seines Auftritts.
Der Mitbegründer der Kölner Stunksitzung und aus Funk und Fernsehen bekannte „Kölner Jung“, der viele Jahre die „Mitternachstspitzen“ mitgestaltete und moderierte, ist nachdenklicher geworden. Die knapp 300 Gäste im Wulfener Gemeinschaftshaus waren bester Stimmung. In einem kurzen Gespräch spürte man Beckers Begeisterung für das immer noch frisch wirkende Kulturhaus, das für die Barkenberger und Wulfener nach wie vor ein wichtiger Anlaufpunkt ist.
Jürgen Becker hat wie immer seine Gedanken mit vielerlei Spitzen garniert. Er macht bekanntermaßen weder vor Politik, Kirche noch der Gesellschaft und ihrem Zeitgeist halt. Ein großes Thema ist die Zukunft und der Umgang der Medien damit.
Das Schüren von Ängsten und die Botschaften einer unsicheren Zukunft will er nicht einfach hinnehmen. „Alles Quatsch“, meint Becker. „Die Zukunft ist immer ungewiss. Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass es mal normal sein würde, in die Bank zu gehen und vorher die Maske aufzuziehen? Jeden Abend Karl Lauterbach, ich habe das Gefühl, der schaut abends noch Horrorfilme, um eine bisschen heile Welt zu sehen.“
„Tiere haben immer Lockdown“
Becker hat festgestellt, dass sowieso nur wir Menschen uns Gedanken um die Zukunft machen. Tiere hingegen hätten immer Lockdown, weil sie sich nur auf das Wesentliche konzentrierten. Wir hätten zum Glück ja die Religion, die ein Leben danach verspricht: „Wollen wir wirklich all unsere Verwandten wiedersehen? Kein Volk der Welt ist so versichert wie wir. Jesus muss Deutscher gewesen sein. Seine Rückkehr auf die Welt war kein Wunder, sondern er hatte eine Reiserücktrittsversicherung!“
Auch das deutsche Gesundheitssystem kriegt witzig, aber immer mit der nötigen Portion Kritik, sein Fett weg, etwa wenn es um die Bezahlung in der Pflege geht. Auch der Konsum und der hemmungslose Umgang mit Ressourcen beschäftigten den Kabarettisten.
Becker redet dem Publikum ins Gewissen, nimmt sich aber selber nicht aus. Das kam an und machte so manches unappetitliche Thema verdaulich. Sein Auftritt verging wie im Flug. Als Becker sich gerade so richtig schön in Rage geredet hatte, war auch schon wieder Schluss mit lustig.