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100 Jahre Dorstener Wohnungsgesellschaft: „Wir sind für eine breite Bevölkerungsschicht da“
Jubiläumsjahr 2022
Die Dorstener Wohnungsgesellschaft (DWG) ist in die Jahre gekommen. Mehr als 800 Wohnungen gehören ihr in Dorsten. Bewohnt werden sie von einem bunten Bevölkerungsmix.
Seit 100 Jahren gibt es die Dorstener Wohnungsgesellschaft in Dorsten. Die hieß mal „Gemeinnützige“ oder „Bauverein“. Zu Beginn baute sie Häuser für „Sozialschwache“ im Dorstener Stadtteil Hervest. Heute unterhält und wartet die DWG quer übers gesamte Stadtgebiet zahlreiche Mietshäuser, auch im Auftrag von Eigentümergemeinschaften oder als Objektverwalter für Dritte. Neubauten sind dabei, aber auch viele Altbauten.
Ein buchstäblich herausragendes Beispiel ist das Hochhaus der DWG am Westwall in der Dorstener Altstadt. „Wir sind für eine breite Bevölkerungsschicht da“, sagt DWG-Prokurist, Thorsten Beckmann und erwähnt, dass 50 Prozent der Wohnungen dem sozialen Wohnungsbau zuzuordnen sind, die andere Hälfte der DWG-Wohnungen indes frei finanziert ist.

Mit Mittel aus dem Programm „Wir machen Mitte“ wurde die Außenfassade des DWG-Hochhauses am Westwall modernisiert. Zurzeit ist die Heizungsanlage an der Reihe. © Ralf Pieper (A)
Zum 50-jährigen Bestehen der DWG schildert ein Zeitungsartikel aus der Dorstener Volkszeitung von Mai 1972, den Stadtarchivar Martin Köcher zur Verfügung gestellt hat, welche Probleme die DWG einst plagten und zeitweilig auch in späteren Jahren noch verfolgten: „Oftmals stellte sozialer Wohnungsbau die Gesellschaft vor bedeutende Schwierigkeiten... Als die Innenstadt Dorstens nach dem 2. Weltkrieg in Trümmern lag, war Eigenkapital zum Bau von Wohnungen in erforderlichem Maß weder bei den Bürgern noch bei der Gemeinnützigen vorhanden.“ Trotzdem hat die DWG ab 1953 bis ins Jahr der Jubiläumsberichterstattung 327 Häuser mit 1.000 Wohnungen in Dorsten für 43 Millionen Mark gebaut. Heute beläuft sich der DWG-eigene Wohnungsbestand auf 819 Wohnungen.
Neubauten waren lange Zeit rar
Zwischen den 1990er-Jahren bis weit über das Jahr 2010 hinaus war die DWG aufgrund von hohen Bauzinsbelastungen allerdings nicht in der Lage, etwas Neues zu bauen. „In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Situation aber sehr entspannt, sodass wir einige neue Häuser errichten konnten“, so Beckmann. Das sei auf der Hardt und in Holsterhausen der Fall gewesen, aber auch in Rhade. Hier entstand 2017 ein barrierefreies Mehrfamilienhaus im Dorf, das bereits über viele energetischen Vorzüge verfügt, die jetzt gefragter sind denn je.

Ulrich Hartmann, Technische Leitung DWG, Thorsten Beckmann, Prokurist DWG, Dr. Marco Boksteen, Vorstand WIR und Geschäftsführer ha.ge.we Hagen, Sabrina Hoffmann, bei einem Ortstermin in Dorsten, als die Dorstener Wohnungsgesellschaft der Initiative „Wohnen im Revier“ (WIR) 2020 beitrat. © Frauke Schumann
Die DWG hat aktuell für ihren Wohnungs- und Häuserbestand eine Prioritätenliste aufgestellt, wo Modernisierungen angesagt sind und wo sie wegen der betagten Bausubstanz einiger Gebäude überhaupt Sinn machen. Thorsten Beckmann sagt, dass in einer Dorstener Siedlung zurzeit ganz andere Betrachtungen angestellt werden - „wir reden hier von abreißen, neu bauen oder umbauen“. Um welche Siedlung es sich handelt, darüber möchte Beckmann zurzeit noch nicht reden. „Wir planen etwas Größeres, das wird aber vermutlich erst in zwei bis drei Jahren spruchreif.“
Hochhaus am Westwall mit neuer Heizung
Um die Nebenkosten für Mieter zu reduzieren, ist die DWG zudem dabei, eine Prioritätenmaßnahme umzusetzen. Im 41-Parteien-Haus am Westwall 36 wird eine neue, deutlich sparsamere, hybride Heizungsanlage installiert. Nach der Fassadensanierung mit Mitteln aus dem Landesprogramm „Wir machen Mitte“ ein bedeutender Schritt, dieses besondere Haus energetisch für die Zukunft zu wappnen.

Ein älteres Mietshaus der Dorstener Wohnungsgesellschaft in Hervest. © Archiv
„Die energetische Sanierung unserer Häuser ist das Thema schlechthin“, so Beckmann. Zu entscheiden, was genau gemacht werden muss und gemacht werden kann, sei aber von Fall zu Fall sehr schwierig. „Momentan überstürzen sich die Nachrichten. Vor einem Jahr wäre eine Entscheidung einfacher gewesen“, sagt Beckmann im Hinblick auf die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen.
Die DWG hat einen Energieberater mit in ihre Häuser genommen, um Anhaltspunkte für den Aufwand und die Möglichkeiten zu bekommen. Eine Million Euro stehen der DWG jährlich für Reparaturen und Modernisierungen zur Verfügung. Schützenhilfe gibt es für die historischen Zechenhäuser in Holsterhausen an der Hauptstraße und im Koldenfeld vom Land NRW. Da diese Häuser denkmalgeschützt sind, ist der finanzielle Aufwand für eine Modernisierung absehbar beträchtlich.

Ein neues, barrierefreies Mietshaus der DWG in Rhade. © Guido Bludau
Als Grundlage für den Sanierungsplan wurden die Häuser mit einem Laserscan detailliert vermessen und so ein „digitaler Zwilling“ erstellt. Dieser wird im weiteren Projekt helfen, das Gebäude millimetergenau zu analysieren und spätere Aufträge vorzubereiten. Ziel sei es, „die wirtschaftlichen Möglichkeiten mit dem Planungsrecht und dem Denkmalschutz in Einklang zu bringen“, sagte der Geschäftsführer der DWG, Markus Funk, beim Ortstermin mit der Bauministerin Ministerin Ina Scharrenbach. Welche Fördermittel für die 1908 gebauten Häuser in
Betracht kommen, ist allerdings noch offen.
DWG greift auf Expertise zurück
Glücklicherweise sitzen bei der DWG, so Prokurist Thorsten Beckmann, Fachleute aus dem Aufsichtsrat und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit im Boot, auf deren Rat die DWG vor Entscheidungen setzen kann. Mit Vertretern der Ignaz-Rive-Stiftung sind es Vertraute aus der Wohnungswirtschaft, mit einem Ingenieur der WinDor ein Experte, der sich auf technische Details versteht. Damit der Draht zu den Mietern nicht verloren geht, hat die DWG neuerdings zwei Sozialmanager an der Hand. „Das sind Mitarbeiter, die sich weitergebildet haben und im Gespräch mit den Mietern sind.“ Die insgesamt 16 Mitarbeiter der DWG bleiben aber hauptsächlich im Hintergrund, denn: „Die Verwaltungsaufgaben nehmen einen Großteil der Arbeiten in Anspruch.“
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
