Seit Jahren werden Immobilien immer höher bewertet - erst in diesem Jahr deutet sich bislang eine leichte Gegentendenz an. Das Jahressteuergesetz, das vom Bundestag am Freitag (2. Dezember) beschlossen wurde, sieht nun eine Veränderung der Bewertungsvorschriften bei der Schenkung und Erbschaft von Immobilien vor. Noch muss der Bundesrat allerdings erst zustimmen. Bis zu 30 Prozent höher als bisher könnten laut Eigentümerverband Haus und Grund NRW dann ab dem 1. Januar 2023 Wohnhäuser und Eigentumswohnungen eingestuft werden.
„Durch die marktpreisorientierte Besteuerung von Erbfällen werden Scheinmillionäre produziert“, kritisiert Haus und Grund: „Dies führt zu Verkäufen an institutionelle Investoren und in der Folge steigende Mieten.“

Freibeträge steigen nicht mit
Zum Hintergrund: Ehegatten dürfen 500.000 Euro steuerfrei erben. Dieser sogenannte Freibetrag liegt bei Kindern und Stiefkindern (sowie Enkel, deren Eltern verstorben sind) bei 400.000 Euro. Bei Enkeln sind es 200.000 Euro. Für Schenkungen gelten die gleichen Freibeträge. Durch die höhere Bewertung von Immobilien würden voraussichtlich mehr Erben erbschaftssteuerpflichtig, da die Freibeträge schneller erreicht würden.
Wer auch schon vor der Änderung steuerpflichtig gewesen wäre, würde ab 2023 noch mehr Erbschaftssteuer zahlen. Wie viel, das hängt von der Höhe des Erbes ab sowie von der Steuerklasse. In einem Beispiel würde ein Sohn, der ein bislang mit 500.000 Euro bewertetes Haus erbt, bei einer Neubewertung von 650.000 Euro (+30 Prozent) dann für 250.000 Euro statt vorher für 100.000 Euro Erbschaftssteuer bezahlen. Ein Unterschied von 27.500 Euro zu vorher 11.000 Euro.
Erzwungener Verkauf
„Häufig werden Immobilien mit energetischem Sanierungsbedarf vererbt“, so Haus und Grund. Erben hätten in diesem Fall oft keine Möglichkeit, „die Erbschaftsteuer aufzubringen bzw. zeitnah zu erwirtschaften“. Das könne den Verkauf der geerbten Immobilie erzwingen. Der Verband befürchtet: „Dies führt zu einem Ausverkauf des deutschen Immobilienbestandes.“
Der Bund der Steuerzahler fordert deshalb eine Erhöhung der Freibeträge. Auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) spricht sich dafür aus - auch weil die Freibeträge seit 2009 nicht mehr angehoben wurden. Allerdings läge ein solcher Schritt nicht in der Hand des Bundes, sondern der Länder, so der Finanzminister, der sich deshalb mit Empfehlungen zurückhalten will.
Einziehen oder Verschenken
Eine Möglichkeit, die Erbschaftssteuer komplett zu umgehen: Wenn Kinder direkt ins geerbte Haus der Eltern einziehen und dort für mindestens zehn Jahre wohnen bleiben. Wer allerdings vor Ablauf der zehn Jahre wieder auszieht, zahlt die Erbschaftssteuer trotzdem. Auch das Verschenken der Immobilie könnte Erbschaftssteuer sparen, da pro Kind und Elternteil alle zehn Jahre aufs Neue bis zu 400.000 Euro steuerfrei verschenkt werden können. Immobilien können auch teilweise, etwa zur Hälfte, verschenkt werden.
Allerdings müsste ein solcher Schritt bis Jahresende notariell beglaubigt werden und mögliche Termine beim Notar werden zum Jahresende erfahrungsgemäß knapp. Und: Für die Hausüberschreibung sind Notarkosten sowie Grundbuchkosten zu zahlen. Zudem ist vor Schenkungen zu klären, ob etwa das lebenslange Wohnrecht vertraglich vereinbart wird.
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