
Oliver Trum vom Fahrradgeschäft Schmitz in Dorsten sieht die hohen Geschwindigkeit des Pedelecs als eine Ursache für Unfälle. © Katharina Göke
Immer mehr Unfälle mit Pedelecs - Fahrradexperte Oliver Trum weiß Rat
Pedelec-Unfälle
In den letzten Jahren kam es immer häufiger zu Unfällen mit Pedelecs. Oliver Trum vom Fahrradladen Schmitz und die Polizei erklären, wie es dazu kommt und wie man sie verhindern kann.
Erst am vergangenen Wochenende kam es wieder zu einem Unfall mit einem Pedelec. Solche Situationen gab es in den letzten Jahren immer häufiger. Laut dem Verkehrsunfallbericht der Polizei Recklinghausen wurden im vergangenen Jahr 205 Menschen bei der Fahrt mit einem Pedelec verletzt. Im Jahr zuvor waren es 162 und 2019 114. Tendenz für 2022: Auch in diesem Jahr sei mit einem erneuten Anstieg an verletzten Pedelec-Fahrern zu rechnen, wie die Polizei-Statistik bereits jetzt zeigt.
Schnellere Geschwindigkeit, kürzere Reaktionszeit
Doch wie kommt es zu Unfällen mit Pedelecs? Oft unterschätzten die Fahrer die Geschwindigkeit ihres Pedelecs, so Oliver Trum vom Fahrradgeschäft Schmitz in Dorsten. „Heute fahren sie mit Gegenwind in der stärksten Stufe des Motors trotzdem noch weiter 25 km/h und dann sind natürlich die Unfälle manchmal vorprogrammiert“, erklärt er. Deswegen sollte man aus seiner Sicht auch unbedingt einen Helm tragen, wenn man mit dem Pedelec im Straßenverkehr unterwegs ist.
Wegen der relativ hohen Geschwindigkeit verkürze sich zudem die Reaktionszeit, betonen sowohl Trum als auch Polizeisprecher Andreas Lesch. Aber nicht nur die Pedelec-Fahrer, sondern auch die Autofahrer müssen dies bedenken, meint Lesch. „Zur Not muss man mal zurückstecken, auch wenn man selbst eigentlich im Recht wäre.“
Begeisterte Pedelec-Fahrerin berichtet
Eine begeisterte Pedelec-Fahrer ist zum Beispiel Anne Pitz-Fleischer. Für die Dorstenerin war die Umstellung vom normalen Fahrrad auf ein Pedelec kein Problem. Sie sei aber auch schon immer viel mit einem „normalen“ Fahrrad gefahren und habe so jede Menge Fahrpraxis gesammelt.
Auch mit der schnelleren Geschwindigkeit komme sie jetzt gut zurecht. „Das macht so einen Spaß“, sagt sie mit einem Grinsen auf dem Gesicht. Das war auch einer der Gründe, warum sie sich ein Pedelec angeschafft habe. So könne sie bei gemeinsamen Fahrradtouren wieder besser mit ihrem Mann mithalten. Doch bei engen Kurven schalte sie dann doch den Motor aus oder steige ganz ab.
Schulungen für ältere Menschen sinnvoll
Auch wenn Radfahrer schon eine lange Fahrpraxis vorweisen können, rät Oliver Trum dennoch dazu, dass man sich genug Zeit nehmen solle, um sich an ein Pedelec zu gewöhnen. Auch die Polizei empfiehlt zu üben. Dafür biete die Dienststelle „Verkehrsunfallprävention/Opferschutz“ der Recklinghäuser Polizei gezielte Pedelec-Schulungen an. Ende April beispielsweise fand in Zusammenarbeit mit der VHS in Dorsten eine solche Schulung vor Ort statt.

Auch in Dorsten finden, wie auf diesem Archivfoto, regelmäßige Pedelec-Schulungen statt. © Frederike Spyrka (A)
Anne Pitz-Fleischer hat keine Schulung gemacht und brauchte eigenem Bekunden nach auch keine. Älteren Menschen würde sie eine solche aber empfehlen. Ihrer Meinung nach fangen viele zu spät an, auf ein Pedelec umzusteigen, und seien das neue Fahrgefühl dann nicht gewohnt. Je älter man ist, desto höher sei auch die Gefahr, dass man in einen Unfall verwickelt werde, ergänzt Polizeisprecher Andreas Lesch.
Generell sollten sowohl Pedelec-Fahrer als auch Autofahrer aufeinander Rücksicht nehmen, sich umsichtig verhalten und an die Straßenverkehrsregeln halten. Denn auch wegen fehlender Rücksichtnahme und fehlenden vorausschauenden Fahrens komme es zu Unfällen, meint Oliver Trum.
Pedelecs erleben erneuten Boom
In der Coronazeit und wegen der Energiewende steigen immer mehr Menschen auf ein Pedelec um. Insbesondere in den letzten zweieinhalb Jahren erlebten die Räder einen erneuten Boom, bestätigt Oliver Trum. Da so immer mehr Menschen mit einem Pedelec im Straßenverkehr unterwegs seien, komme es auch häufiger zu Unfällen. Da Indoor-Aktivitäten während der Pandemie-Lockdowns kaum möglich gewesen seien, suchten sich die Menschen Freizeitaktivitäten an der frischen Luft, wie eben auch Fahrrad-/Pedelecfahren. Wegen des Motors benötige man weniger Kraft und Kondition als mit dem herkömmlichen Fahrrad, aber gleichzeitig bewege man sich noch, beschreibt Trum den größten Vorteil eines Pedelecs.