
© Jennifer Uhlenbruch
Imkerin Karina Möllers gibt Tipps für einen insektenfreundlichen Garten
Gartengestaltung
Wie kann man seinen Garten insektenfreundlich gestalten? Imkerin Karina Möllers erklärt, wie das ganze Jahr blühende Landschaften für das große Summen sorgen können.
70 Prozent aller Pflanzen weltweit sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen, also auf Hummeln, Fliegen, Bienen, Wespen, Schmetterlinge und Käfer. Die Blütenformen sind auf ihre Bestäuber angepasst. Doldenblüher wie Möhre, Dill und Fenchel werden gern von Käfern und Schwebfliegen angeflogen, Fingerhut meist nur von Hummeln. Ohne Insekten gebe es deutlich weniger Äpfel, Birnen und Kirschen - uns Menschen sollte ihr Schutz auch deshalb wichtig sein. Wie man den fleißigen Tierchen im Garten oder auf der Terrasse gute Lebensbedingungen schafft, erklärt Imkerin und Gärtnerin Karina Möllers.
Pollen- und Nektarversorgungversorgung müssen gewährleistet sein
Auch wenn es gerade in den Gärten noch nicht summt und brummt, können Gärtner schon jetzt alles für die Insekten vorbereiten. „Viele Wildbienen schlüpfen erst in ein paar Wochen, aber es ist wichtig, dass die Pollen- und Nektarversorgung dann schon gewährleistet ist, weil die Bienen den Nektar brauchen, um Kraft zu tanken, und Eiweiß, also den Pollen, um neue Völker zu bilden. Honigbienen wollen ihre Vorräte wieder aufbauen.“
Im Frühjahr ist das Nahrungsangebot im Vergleich zum Sommer nicht so groß. Daher ist es wichtig, dass Frühblüher wie Krokus, Schneeglöckchen, Winterling, Märzenbecher, Huflattich, Weide und Schlehe den Insekten zur Verfügung stehen.

Kopfüber sammelt eine Biene Nektar und Blütenpollen auf einem Krokus. © picture alliance/dpa
Generell sei es wichtig, Pflanzen mit ungefüllten oder halbgefüllten Blüten zu pflanzen. „Wenn wir die Staubgefäße mit den Pollen sehen, dann kommen die Insekten da auch dran“, gibt die Gärtnerin als Tipp. Gefüllte Blüten hingegen, wie sie zum Beispiel oft bei Zierrosen zu sehen sind, bringen den Insekten wenig.
Wenn es geht, sollte man regionale Pflanzen säen, um nicht noch mehr Neophyten in der Natur zu haben und heimische Pflanzen zu verdrängen. „Der Biorhytmus manch hochspezialisierter Wildbiene ist auf den Biorhytmus einer bestimmten Pflanze angepasst. Beispiel Natternkopf: Das Weibchen der Natternkopf-Mauerbiene fliegt nur diese Pflanze an, um Nektar und Pollen zu sammeln. Versuche haben gezeigt, dass eine Pflanze, die aus Saatgut des Natternkopfes z.B. aus dem Alpenvorland gewachsen ist, für die Natternkopf-Mauernbiene hier wenig Wert hat, da die Pflanze dort später blüht.“
Die großen Wildblumen-Saatguthersteller Rieger-Hofmann und Saaten Zeller würden darauf achten, dass das Saatgut aus der Region stamme. „Wenn ich im Baumarkt kaufe, sollte Nord oder West draufstehen.“
Schmetterlinge legen Eier auf Brennesseln ab
Nicht nur, was in den Garten gepflanzt wird, ist wichtig. Sondern auch, was bleiben darf. „Man sollte Beikraut, besser bekannt als Unkraut, stehen lassen. Es gibt allein bis zu 30 Schmetterlingsarten, z.B. Tagpfauenauge und Admiral, die ihre Eier auf Brennnesseln ablegen. Die Raupen fressen dann die Blätter der Pflanzen“, erklärt Karina Möllers den Nutzwert des Unkrautes.
Auch Baumstümpfe sollten nicht entsorgt werden. „Der gemeine Widderbock oder die Goldwespe nisten sich dort ein“, sagt Karina Möllers und zeigt ein Foto von der türkisleuchtenden Wespe mit rotschillerndem Hinterleib. „Sie greifen Menschen nicht an. Es gibt ca. 100 Wespenarten in Deutschland und nur die deutsche und die gemeine Wespe sind die, die zu uns an den Kaffeetisch kommen.“

In der alten Baumwurzel in Karina Möllers' Garten fühlen sich Käfer wohl. © Jennifer Uhlenbruch
Außerdem sollte man den Rasen nicht auf „ameisenkniehöhe“ jede Woche mähen, ruhig auch mal ein paar Stellen länger werden lassen. „Klee, Löwenzahn, Gänseblümchen können dann wachsen. Rasenzuwachs von bis zu 4 Zentimeter in der Woche kann nach dem Mähen liegen gelassen werden. Die Regenwürmer holen sich das über Nacht, verdauen es und so entsteht Humus. Dem Boden werden so Nährstoffe zur Verfügung gestellt, wir müssen weniger düngen und gießen.“ Der längere Rasenabschnitt kann dann auch zum Mulchen genutzt werden.
Ablenkung spart Einsatz von Pflanzenschutz
Mischkulturen können den Einsatz zum Pflanzenschutz ersparen. „Wenn man neben Rosen Knoblauch pflanzt oder auch Zierlauch, dann schützt das vor Pilzerkrankungen. Pflanzt man die Studentenpflanze neben Rittersporn, Lupine oder Dahlie, gehen die Schnecken darauf und lassen die anderen Pflanzen in Ruhe.“ Im Gemüsebeet vertreibt zum Beispiel Bohnenkraut die Bohnenblattlaus.
Über die Überbleibsel der Gehölzpflege freuen sich die Insekten. „Man kann aus ihnen Totholzhecken, sogenannte Benjeshecken, machen, indem man Pfähle in die Erde schlägt und die Äste dazwischen aufschichtet. Die locken viele Insekten an und können auch schöne Überwinterungsmöglichkeiten für Igel sein.“

Die Überbleibsel des Gehölzschnittes können als Totholzhecke für Insekten sehr nützlich sein. © Jennifer Uhlenbruch
Aus den gerade (!) abgeschnittenen Zweigen können auch Insektenhotels entstehen. Mindestens acht Zentimeter lang sollten sie sein, markhaltige Äste von Brombeere, Heckenrose und Holunder können in eine Dose oder ein anderes Gefäß gesteckt werden. Hohlstängel, wie die von Bambus, können dazwischen gefügt werden. Sie kann man überall im Garten wettergeschützt aufhängen und Insekten können sie für die Brut nutzen. Dickere Äste oder Baumscheiben können angebohrt werden.

Der Vogelnistkasten muss einen Übergriffschutz haben, damit Katzen von außen nicht reingreifen und die Eier vom Boden des Häuschens stehlen können. © Jennifer Uhlenbruch
Auch Vogelnisthäuschen ergänzen den insektenfreundlichen Garten. „Sie müssen aber einen Übergriffsschutz haben, damit Marder oder Katzen sich die Jungtiere nicht holen können. Sie können nicht um die Ecke greifen“, erklärt Karina Möllers. Vogelnistkästen gehören auch zum integrierten Pflanzenschutz, da die Vögel Schadinsekten fressen.
„Beherzigt man einen Großteil der Dinge, wird sich in wenigen Jahren ein Garten im biologischen Gleichgewicht eingestellt haben“, verspricht Karina Möllers.
Warum Journalistin mein Traumjob ist? Weil ich jeden Abend schlauer bin als morgens. Mit den Menschen draußen unterwegs zu sein, sich die Geschichten ihres Lebens anzuhören und sich für die Lösung ihrer Probleme einzusetzen – das ist genau mein Ding.