Hochwasser an der Lippe in Dorsten Lippeverband ordnet Situation und Gefahrenpotenzial ein

Hochwasser in Dorsten beherrschbar: „Dicke Lippe, aber kein blaues Auge“
Lesezeit

Anhaltender Dauerregen hat den Pegel der Lippe in den vergangenen Tagen stark ansteigen lassen. Auf 9,66 Meter kletterte dieser am Vormittag des zweiten Weihnachtsfeiertages (25.12., 11 Uhr).

Die Auswirkungen des Wassers sind deutlich sichtbar. So verbreiten sich beispielsweise bei Facebook noch immer zahlreiche Fotos von fast vollständig im Fluss versunkenen Bäumen, überschwemmten Gehwegen sowie von Wiesen und Felder, die eher einer Seelandschaft gleichen.

Lippeverband kontrolliert Deiche

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lippeverbandes sind deshalb im Dauereinsatz. Sie kontrollieren, ob sich an den Deichen Schwachstellen offenbaren - und geben regelmäßig Rückmeldungen.

Teilgenommen an einer solchen Lagebesprechung hat am zweiten Weihnachtstag ebenfalls Ilias Abawi, Pressesprecher des Lippeverbandes. Er ordnet die Situation ein. Wie groß ist die Gefahr?

Der Sprecher des Lippeverbands verbildlicht: „Wir haben zwar eine dicke Lippe, aber kein blaues Auge.“ Will heißen: Die Situation ist zwar angespannt, aber keineswegs außer Kontrolle.

Pegel liegt bei über 9 Metern

Abawi ordnet den Pegelstand von 9,66 Metern ein, der an der Messstation an der Borkener Straße registriert worden ist. Normal sei an dieser Stelle ein Wasserstand von etwa 5 Metern. Ab 7,66 Metern spreche man dort beim Lippeverband von einem mittelhohen Wasserstand. Diese Marke war bereits vor Weihnachten überschritten worden.

Per Drohne lässt sich gut nachvollziehen, welche Ausmaße das Hochwasser in Dorsten hat.
Per Drohne lässt sich gut nachvollziehen, welche Ausmaße das Hochwasser in Dorsten hat. © Guido Bludau

Der aktuelle Pegelstand sei statistisch gesehen ein zehnjähriges Ereignis. Ab 10 Metern Wasserstand spreche man von einem 25-jährigen und ab 10,44 Metern von einem 100-jährigen Ereignis.

Dass diese Pegelstände eintreten, glaubt Abwai mit Blick auf die Wetterprognosen nicht. Denn erst zum Jahreswechsel solle das Wetter wieder schlechter werden. „Dann müssen wir die Lage wieder neu bewerten“, so der Sprecher des Lippeverbandes.

Die Deiche halten

Derzeit sei die Situation „beherrschbar“. Die gute Nachricht: Die Deiche halten. „Es sind keine Auffälligkeiten festgestellt worden“, sagt Abawi. Zudem fließe „nicht wenig“ Wasser wieder ab. In Zahlen: Pro Sekunde fließen in Dorsten rund 877 Kubikmeter Wasser ab.

Andererseits beobachte der Lippeverband auch das aus Osten ankommende Wasser. Die Zuflussmenge sei zwar hoch, aber „nicht dramatisch“.

Zudem warnt der Lippeverband in einer Pressemitteilung, „unter keinen Umständen die Deiche zu betreten! Hochwassertourismus ist gefährlich und kann schlimmstenfalls durch das eigene Abrutschen oder plötzliche Abgänge von aufgeweichtem Bodenmaterial tödlich enden. Die Strömungsgeschwindigkeit ist extrem gefährlich. Es gilt, Abstand zu halten und keine Absperrungen zu umgehen.“

Der ergiebige Regen der vergangenen Tage hatte zudem Auswirkungen auf die Menschen fernab der Lippe. So stand Andi Kremer am ersten Weihnachtstag mit Gummistiefeln in einer Tiefgarage an der Dimker Allee in Barkenberg. Eine Pumpe war ausgefallen, das Wasser stand bis zu 30 Zentimeter hoch. Mittendrin stand sein auffällig bunter VW Golf aus den 1990er Jahren. Da er über Weihnachten nicht mit Hilfe rechnete, versuchte er, sein Auto selbstständig ins Trockene zu retten.

An der Fährstraße auf der Hardt versuchte zudem das THW, Wasser von den Feldern zu pumpen. Schlauchleitungen sind deshalb zum Wesel-Datteln-Kanal gelegt worden. Zudem kümmerte sich die Feuerwehr um vollgelaufene Keller, zum Beispiel an der Crawleystraße.

Lippe-Hochwasser in Dorsten: Nächsthöhere Warnstufe, Nachtschicht für das THW

Lippepegel in Dorsten steigt weiter: Viel zu viel Wasser nicht nur in Flüssen und Bächen

Lippe führt Hochwasser in Dorsten: Viele Fotos zeigen Auswirkungen des hohen Pegelstandes