Michael Steurenthaler (56) liegt bewusstlos auf dem Boden. Um ihn herum schwirren mehrere Rettungssanitäter. „Bleiben Sie wach!“, ruft einer. Und: „Patches her!“ Das hört seine Tochter Melina immer wieder aus dem Zimmer nebenan. Sie erinnert sich zwei Monate später an „eine ganz unwirkliche Situation“.
Ein paar Minuten vorher noch spielte ihr Vater mit seinem inzwischen zweijährigen Enkel Oscar im Wohnzimmer – dann spielte sein Herz nicht mehr mit.
„Auf einmal wurde mir schwindelig und schwarz vor Augen“, erinnert sich der 56-jährige Dortmunder. Dass ein Familiennachmittag in Schermbeck für ihn zu einem Kampf auf Leben und Tod wurde, merkt man Michael Steurenthaler heute nicht mehr an.
An jenem Montag im Januar 2025 besuchte er, wie so oft, seine Familie. Im Wohnzimmer spielte er mit seinem Enkel. „Oscar ist total verrückt nach Bällen und wollte mit mir im Kinderzimmer Ball spielen“, erinnert er sich.
„Ich wurde ganz schwach“
Der Opa nimmt den Kleinen daraufhin auf den Arm. „Unterwegs wollte ich ihn ein bisschen knuddeln.“ Aber dazu kommt es nicht mehr. Mit seinem Enkel auf dem Arm sackt er zusammen. Er sei nur ganz kurz weg gewesen, erzählt er heute.
„Oscar hatte dann hier eine kleine Beule“, sagt der Opa und zeigt auf den Kopf des kleinen Jungen. Ihm selbst sei es zu dem Zeitpunkt noch „relativ gut gegangen“.
Zehn Minuten später ist das anders. „Der Schwindel wurde immer stärker und ich habe gemerkt, wie ich ganz schwach wurde“, berichtet der Dortmunder. „Ich habe mich total unwohl gefühlt und gemerkt, dass irgendwas nicht in Ordnung ist.“ Sein Schwiegersohn rief den Notarzt.
„Das EKG sieht nicht gut aus“
„Oh, das EKG sieht nicht gut aus“, hört er einen Helfer noch sagen. Dann geht alles ganz schnell. „Ich habe nur noch gemerkt, dass ich getragen werde.“ Im Rettungswagen kommt Michael Steurenthaler kurz zu sich. „Da habe ich in das Gesicht eines Mannes geschaut.“ Dreimal musste Oscars Opa in den folgenden Minuten im Rettungswagen wiederbelebt werden.
Im Nachhinein erfährt der Dortmunder, dass er eigentlich nach Marl ins Hospital gebracht werden sollte. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ich sterbe, war aber zu groß.“ Der Notarzt habe dann entschieden, dass er von Schermbeck zur nächsten kardiologischen Notfallversorgung ins St. Elisabeth-Krankenhaus in Dorsten gefahren wird.
Geht es nach der neuen Krankenhausplanung für Dorsten, wird es diese Option im nächsten Jahr nicht mehr geben. Die kardiologische Notfallversorgung im St. Elisabeth-Krankenhaus wurde gestrichen. Das hätte für Michael Steurenthaler den Tod bedeuten können.
Noch gibt das Krankenhaus nicht kampflos aus. Gespräche mit der Bezirksregierung und dem Ministerium für Arbeit, Bildung und Soziales sollen die Entscheidung noch positiv beeinflussen.

Zwei weitere Reanimationen
Im St. Elisabeth-Krankenhaus folgen für den Patienten aus Dortmund zwei weitere Reanimationen. Zwischendurch wird er wach. „Da hat jemand gerade noch die letzten Züge von der Herzmassage gemacht“, sagt er rückblickend. Gemerkt hat Michael Steurenthaler davon in dieser lebensbedrohlichen Situation nichts.
Als der Verschluss am Linksherzkatheter-Messplatz gelöst wird, kommt er zu sich. „Das hat sich angefühlt, als wäre ich ausgestellt worden und dann hat jemand wieder auf den „Ein“-Knopf gedrückt.“
Immer wieder ist er für einen kurzen Moment bei Bewusstsein. Das sei ganz interessant, reflektiert der 56-jährige Herzpatient im Nachhinein. In einer „wahnsinnigen Geschwindigkeit“ wurde ihm immer schwindliger, bis ihm schwarz vor Augen wurde und er nichts mehr mitbekommen hat.
Dass er nach fünf Reanimationen noch lebt, schreibt er dem Notarzt, den Rettungssanitätern und der kardiologischen Notfallversorgung im Dorstener St. Elisabeth-Krankenhaus zu.
Mithilfe eines Ultraschalls wurde sein Herz in der Folgezeit dreimal untersucht. Das Ergebnis sei höchst ungewöhnlich. Trotz Herzinfarkts sei kein Muskelgewebe abgestorben, sagt der Patient. Sein Hausarzt habe nach dem Infarkt ein EKG gemacht und es mit einem drei Jahre alten EKG verglichen. „Man kann nicht erkennen, dass ich einen Herzinfarkt hatte.“
Lebensqualität statt Folgeschäden
Deshalb sei die kardiologische Notfallversorgung in Dorsten so wichtig und dürfe durch die neue Krankenhausplanung nicht gestrichen werden, glaubt der Dortmunder. Zeit sei einfach ein wichtiger Faktor. „Dass man jetzt solche Einrichtungen wie diese schließen will, ist eigentlich absolut konträr.“
Es ginge nicht nur ums Überleben, sondern auch um die Lebensqualität danach. Je mehr Zeit verstreiche, desto größer seien die Folgeschäden. „Vielleicht hätte ich einen Teil meiner Herzleistung verloren“, gibt Michael Steurenthaler zu bedenken.
Mit seinem Enkel Oscar hätte er dann vielleicht nie mehr Ball spielen können.
Der Artikel wurde erstmalig am 28.3.25 veröffentlicht.