Die 45-Jährige ist in ihrer Kindheit selbst sexuell missbraucht worden. „Ich weiß also, wie schlimm das ist“, sagte sie unter Tränen auf der Anklagebank: „Deshalb kann ich nicht verstehen, warum ich diese abscheuliche Gedanken hatte.“ Gedanken, die sie ihr ganzes Leben lang begleitet haben: „Das wurde richtig extrem.“
Die fürchterlichen sexuellen Phantasien, mit denen sich die Mutter von vier Kindern so sehr beschäftigt hatte, brachten die Dorstenerin jetzt vor Gericht. Die verheiratete Frau, die beruflich in der Seniorenbetreuung tätig ist, war im Zuge von Ermittlungen im kinderpornographischen Milieu ins Visier der Ermittler geraten. Als die Kripo im März letzten Jahres zu einer Hausdurchsuchung bei der 45-Jährigen anrückte, fanden die Beamten zahlreiche unaussprechlich schlimme Dateien auf ihrem Smartphone.
Nämlich Chatverläufe mit heruntergeladenen Fotos und Videos, die die Angeklagte mit anderen Beschuldigten im Jahr 2019 ausgetauscht und die sie auf dem Handy nicht restlos gelöscht hatte. Und auf denen Kinder - Jungen wie Mädchen und teilweise erst sechs oder sieben Jahre alt - sowie Jugendliche in unterschiedlichster Art und Weise von Frauen und Männern sexuell missbraucht wurden.
Aufgrund der schriftlichen Chat-Unterhaltungen gab es sogar anfangs den Verdacht, dass die Dorstenerin womöglich früher ihre eigenen älteren Kinder, beiden inzwischen erwachsen, missbraucht haben könnte. Und ihr Ehemann geriet ebenfalls durch das, was die Frau geschrieben hatte, in Verdacht. Beides konnte aber ausgeräumt werden. Auch das sei damals Teil ihrer „Phantasie-Welt“ gewesen, sagte sie aus: „Ich könnte Kindern niemals selbst so etwas antun.“
In einer Pflegefamilie
Ihre beiden jüngeren Kinder (11 und 13 Jahre alt) wurden der Frau allerdings vom Jugendamt entzogen. Sie wurden nach der Hausdurchsuchung direkt von der Schule aus einer Pflegefamilie übergeben.
„Meine Mandantin hatte acht Monate lang überhaupt keinen Kontakt zu ihnen“, so ihr Verteidiger, der von „Sippenhaft“ sprach. Das Jugendamt sei nicht einmal dem Vorschlag gefolgt, dass die Dorstenerin zu Hause auszieht, um wenigstens dem Vater und den beiden jüngeren Kindern eine Familienzusammenführung zu ermöglichen.
Dass die Kinder nach Hause zurückkehren dürfen, sei laut dem Anwalt erst möglich, wenn die Angeklagte erfolgreich eine mindestens ein- bis zweijährige Sexual- und Psychotherapie absolviert hat. „Ich haben mir die Finger wund telefoniert“, so die reumütige Dorstenerin. „Doch es gab überall nur lange Wartelisten.“ Im Mai könne sie sich aber endlich in Behandlung begeben.
„Ihre Kinder weggeben zu müssen, ist die Höchststrafe für eine Mutter“, sagte Strafrichterin Lisa Hinkers, die in ihrer Urteilsbegründung von einer „seltsamen Verhandlung“ sprach. „Wir haben fast nur von den Folgen für die Angeklagte gesprochen, aber kaum von den eigentlichen Opfern.“ Nämlich von den anonymen Kindern, die überall auf der Welt für solche Fotos und Videos sexuell missbraucht werden.
Bewährungsstrafe
„Das war heftig, was auf den Dateien gezeigt wurde, um diesen furchtbaren Markt zu bedienen“, so der Staatsanwalt. Er forderte für die bislang nicht vorbestrafte Dorstenerin eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die das Schöffengericht so auch stattgab. Voraussetzung: Die vierfache Mutter muss regelmäßig ihre Therapie-Sitzungen ableisten.
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